Der Feind meines Vaters - Roman
gerade als sie zurückgehen wollten, meinte Romero, einen verdächtigen Schatten rechts von ihnen gesehen zu haben. Deshalb hätten sie die Gegend gründlich abgesucht, wiederum ohne Ergebnis. Sie hätten so lange gebraucht, um in die Kaserne zurückzukommen, weil sie nicht bemerkt hätten, dass ich auf dem Rücksitz schlief, bis ihnen der Tabak ausgegangen sei, und als sie mich weckten, hätte ich ihnen nur berichten können, dass der Leutnant mich geschickt hätte, um sie zu holen.
Michelin tobte, er habe ausdrücklich befohlen, dass sie sich nicht von dem Funkgerät entfernten, er erinnerte sie daran, dass Kriegszustand herrschte, obwohl man ihn nicht publik gemacht hätte, um die Zivilbevölkerung nicht zu erschrecken. Dann drohte er ihnen mit einem Disziplinarverfahren, weil sie ihre Stellungen verlassen hätten, doch sie nahmen alles gelassen hin. Na schön, sagte Vater, dann soll Izquierdo unsere Aussage aufnehmen, wenn er zurück ist. Das tat Izquierdo auch und nahm akribisch zu Protokoll, Leutnant Don Salvador Rodríguez Blanco, Leiter des Postens der Guardia Civil in Fuensanta de Martos, neunundvierzig Jahre alt, habe beschlossen, in der Kaserne zu bleiben, nachdem er den elfjährigen Zivilisten Antonino Pérez Ríos gegen den ausdrücklichen Willen seiner Mutter und Erziehungsberechtigten mit der gefährlichen Aufgabe betraut hatte, die oben genannten Beamten in die Kaserne zurückzuholen. Danach unterzeichneten alle bis auf Michelin, der die Aussage in dieselbe Schublade legte, in der auch schon der Bericht mit dem Vorstrafenregister von Burropadre verschwunden war, und dort blieben sie noch lange, nachdem Regalito und Filo mit ihrem Sohn in ihrem Haus in Toulouse für ihr Foto posiert hatten.
Seit ich dieses Foto zum ersten Mal gesehen hatte, waren keine fünf Monate vergangen, und dennoch war schon alles anders, als wäre Fuensanta de Martos nicht länger mein Dorf oder wir seine Bewohner. Jener Krieg, der nie enden würde, war zu Ende, und er hatte so vieles mitgenommen, dass wir uns kaum wiedererkannten. Die Razzien, die Spaziergänge im Morgengrauen, der leichte Schlaf derjenigen, die aufwachten, sobald sie Schritte auf der Straße hörten, all das hatte ein Ende. Das hätten wir alle feiern sollen, und ich war auch sicher, dass wir es taten. Selbst der zweistimmige Gesang und die Runden auf Kosten des Hauses in Cuelloduros Bar hatten ein Ende. Jeder zahlte wieder für sich, Carmela lehnte nicht mehr an ihrer Tür, um uns vorbeiziehen zu sehen, und niemand sperrte seine Kinder im Haus ein oder verbot ihnen sogar, im Hof zu spielen. Endlich hatte der Frieden, den Don Eusebio seit einem vollen Jahrzehnt an bestimmten festgelegten Tagen vergeblich feierte, bis zu uns gefunden. Wir alle hätten uns freuen sollen, und wahrscheinlich taten wir es auch, doch diejenigen, die jetzt einen Sohn, einen Bruder, einen Vater oder einen Freund in Frankreich hatten und früher eine Hoffnung gehabt hatten, so sinnlos und fragil sie gewesen sein mochte, hatten sie jetzt verloren.
Während des Sommers kamen von denen, die im Frühjahr geflohen waren und es bis Toulouse geschafft hatten, gute und schlechte Nachrichten. Einige waren unterwegs umgekommen. Die anderen überschwemmten das Dorf mit Postkarten, Fotos und Ausschnitten aus unbekannten spanischsprachigen Zeitungen, die von Spaniern gemacht wurden und Bilder von Gruppen oder Familien abdruckten. Darauf posierten sauber gekleidete, lächelnde Männer unter einer Überschrift, die sie als tapfere andalusische Widerstandskämpfer bezeichnete, denen es gelungen war, den Krallen des mörderischen faschistischen Systems zu entkommen. Trotzdem gab es auf beiden Seiten einige, die diese Realität nicht wahrhaben wollten.
»Mensch, die sind doch gar nicht weg.« Paquito gehörte zu den Hartnäckigsten. »Die sind noch irgendwo in Spanien, und eines Tages kriegen wir sie. Hast du nicht das Foto gesehen, das Carmona Julían Cabezalarga abgenommen hat? Hast du es nicht gesehen?«
Natürlich hatte ich es gesehen, wie hätte ich es nicht sehen sollen, es war mit vier Reißzwecken an die Wand des Wachbüros gepinnt. Ein Gruppenfoto, etwa fünfzehn wie Bauern gekleidete Männer, unter denen ich Regalito an den Haaren erkannte, die ihm in die Stirn fielen, Celestino an der breiten Stirn, die seiner Familie den Spitznamen Cabezalarga gegeben hatte, die beiden Fingenegocios und noch ein paar andere. Sie posierten mit drei oder vier Frauen, darunter Fernanda Pesetilla im weißen
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