Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
Vom Netzwerk:
gesagt, dass du die Schreibmaschine aufgibst, dass du nicht dafür geeignet bist und es satthast, na ja …«
    »Prima!«, rief ich und war so froh über meine wiedergewonnene Freiheit, dass ich gar nicht darüber nachdachte, was der lange Prolog meiner Mutter sollte.
    »Nein!«, nahm er mir gleich den Wind aus den Segeln. »Du wirst den Unterricht nicht aufgeben. Das will ich nicht, weil ich finde, dass es sehr wichtig für dich ist und deine Zukunft. Das habe ich dir schon im Januar gesagt. Es ist nur … Du wirst die Lehrerin wechseln.«
    »Filo?«
    »Nein, nicht Filo, aber … so ähnlich.« Er fuhr sich mit der Hand über Stirn und Kopf, als wollte er mir zeigen, wie schwer ihm diese Entscheidung gefallen war. »Mir bleibt nichts anderes übrig, Nino. Ich habe kein Geld, um dir den Besuch einer Lehranstalt zu ermöglichen, das weißt du. Du musst jetzt verantwortungsbewusst sein und mir versprechen, dass du mit niemandem darüber sprichst, nicht einmal mit Paquito oder deinen anderen Freunden. Versprich es mir.«
    »Ich verspreche es«, sagte ich, ohne zu wissen, wozu ich mich verpflichtete.
    »Ich bin bei der Guardia Civil. Ich sollte so etwas nicht tun, das ist mir bewusst, nur … Ich habe mir den Kopf zerbrochen, aber mir ist nichts anderes eingefallen. Wir Armen haben keine Wahl. Deshalb habe ich Romero und dem Leutnant erzählt, dass du dem Portugiesen helfen wirst, ein Stück Land zu bewirtschaften, das er auf der anderen Seite der Kreuzung gepachtet hat. Du würdest lieber unter freiem Himmel arbeiten und dir ein bisschen Taschengeld verdienen, als mit Sonsoles im Wachbüro eingesperrt zu sein. Sie haben es geschluckt. Der Leutnant schien sogar erfreut zu sein, ich hatte das Gefühl, dass ihm ein Stein vom Herzen gefallen ist. Aber in Wahrheit, also … eigentlich wirst du zum Hof der Rubias gehen und dort Schreibmaschine lernen, Nino.«
    Er sah mich an, ich sah ihn an, und da verstand ich alles.
    »Na und?«, mischte meine Mutter sich ein, als wir am wenigsten damit rechneten. »Es ist ein ganz gewöhnlicher Hof, auf dem ganz gewöhnliche Menschen wohnen. Nichts weiter. Schreibmaschinenunterricht ist kein Verbrechen und sich unterrichten zu lassen, soweit ich weiß, auch nicht. Die Lehrer lassen sich für ihre Arbeit entlohnen, und die Schüler müssen bezahlen, das ist das Normalste auf der Welt, oder nicht?«
    Mutter hatte recht. Es war das Normalste auf der Welt, aber die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen, zumindest waren sie es nicht für diejenigen, die 1948 in der Kaserne von Fuensanta lebten. Deshalb versprach ich meinem Vater vor dem Zubettgehen noch einmal, dass ich mit niemandem darüber sprechen würde, und er bedankte sich.
    »Es ist alles nur meine Schuld«, sagte ich laut, als ich zwei Tage später am Ende des Weges Catalinas Hof sah. »Nur weil ich so ein Knirps bin.«
    »Red keinen Unsinn, Nino«, wies Pepe mich lächelnd zurecht. »Erstens wird hier sowieso nichts passieren, und zweitens bleibt dir noch viel Zeit, um zu wachsen.«
    Ja, und um als Angestellter in der Verwaltung zu enden, hätte ich fast entgegnet, aber ich schwieg, weil er so eine Antwort nicht verdiente. Pepe hatte uns das Geld geliehen, damit die Rubias Doña Elenas Schreibmaschine aus dem Pfandhaus einlösen konnten. Denn als Vater ihm erzählte, wie die Sache stand, bot er sich nicht nur an, mir als Tarnung zu dienen – er wollte mich am Anfang zum Hof begleiten, damit man dachte, wir wären unterwegs zu seinem gepachteten Stück Land. Er meinte auch, es sei Wahnsinn, den wenigen Schmuck von Mutter zu verpfänden, um die Schreibmaschine der Rubias zurückzubekommen. »Sei nicht so stur, Antonino«, drängte er, »ich leihe dir das Geld, du bezahlst sie im voraus und gibst es mir in Raten zurück, so als würdest du für die Stunden deines Sohnes einzeln bezahlen, und in sechs Monaten sind wir alle zufrieden.« Es schien, als würde Vater gar nicht mehr aufhören, sich zu bedanken, doch er selbst zuckte nur die Achseln. »Warum?«, fragte er später. »Ich habe doch keine Ausgaben. Ich bin ledig, lebe allein, also … Wozu soll das Geld auf dem Konto liegen, bei den wenigen Zinsen, die man bekommt? Und gleichzeitig erspare ich mir den Gang zur Bank.« Das, was er für mich tat, hatte Ähnlichkeit mit dem, was Doña Elena und la Rubia füreinander taten, in einem Dorf, einer Zeit und in einem Land, in dem niemand etwas für den anderen tat, deshalb widersprach ich nicht mehr. Wir waren nur noch ein paar

Weitere Kostenlose Bücher