Der Feind
angeschlossen. Nach ein paar Sekunden erschien das Straßennetz eines Gebietes von zwei Quadratmeilen auf dem Bildschirm. Genauso war es jedoch möglich, jeden einzelnen Block unter die Lupe zu nehmen oder eine Übersicht Nordamerikas auf den Bildschirm zu holen. Sie hatten keine Ahnung, wo Rapp und seine Frau lebten. Das Einzige, was ihre Suche ergeben hatte, war ein Postfach in Washington sowie Anna Riellys frühere Adresse in Georgetown.
Gould fuhr bis zur Ecke 19 th und H Street und wartete. Die Parkgarage, in der er ihren Wagen gefunden hatte, war zwei Blocks entfernt. Sie brauchten nicht lange zu warten. Claudia meldete, dass sich das Ziel in Bewegung setzte. Louie wartete geduldig, während sie ihm die Richtung angab, in der der BMW unterwegs war. Louie brauchte nicht auf der Karte nachzusehen, die der Bildschirm zeigte – er hatte den gesamten Plan der Innenstadt im Kopf.
»Der Wagen fährt auf der Seventeenth Street nach Norden«, berichtete Claudia und blickte gespannt auf den Bildschirm. »Sie hat die H Street überquert … nein, korrigiere, sie biegt nach Osten in die H Street ein.«
Louie fuhr los und reihte sich in den Verkehr ein. Sie fuhren in östlicher Richtung die H Street entlang, bis sie zur New York Avenue kamen. Ehe sie abbiegen konnten, sprang die Ampel auf Rot um, sodass sie über eine Minute warten mussten. Claudia hielt ihn weiter auf dem Laufenden. Der BMW war nun auf der New York Avenue in nordöstlicher Richtung unterwegs. Louie war kein bisschen beunruhigt, doch er wollte sie gern zu sehen bekommen, um sich zu vergewissern, dass es wirklich Rapps Frau war, der sie folgten. Aufgrund der Ampeln blieb sie ihnen etwa eineinhalb Kilometer voraus, bis sie den Distrikt verließen. Die New York Avenue mündete in einen dreispurigen Highway. Gould trat aufs Gaspedal und begann die Autos vor ihm zu überholen. Er fuhr nicht übertrieben schnell, holte aber rasch auf. An einem bestimmten Punkt wurde die New York Avenue zum John Hansen Highway und zur U.S. Route 50. Als sie den Beltway erreichten, hatten sie das Auto bereits in Sichtweite. Im schwächer werdenden Licht der Abenddämmerung sahen sie es etwa hundert Meter vor sich. Sie fuhren unter dem Interstate Highway 495 hindurch, und Gould holte weiter auf. An der Lottsford Vista Road holte er sie schließlich ein und fuhr kurz neben ihr her. Es war nun sieben Uhr vorbei, und der Verkehr war nicht mehr allzu stark. Er und Claudia waren sich beide sicher, dass sie es war. Sie telefonierte mit dem Handy, sodass ihr Gesicht teilweise verdeckt war, doch sie blickte sich zu ihnen um, so als überlege sie, ob sie die Fahrspur wechseln solle.
Gould ging vom Gas und ließ sich wieder einige Autos hinter sie zurückfallen. Er zog einen Ohrhörer aus der Tasche und steckte ihn sich ins rechte Ohr. Das Ding war mit einem kleinen Empfangsgerät verbunden, das auf die Frequenz der Wanze eingestellt war, die er unter dem Armaturenbrett des BMW hinterlassen hatte. Im nächsten Augenblick hörte er eine Stimme, die er trotz der Hintergrundgeräusche mühelos als die ihre erkannte. Gould lauschte dem einseitigen Gespräch in der Hoffnung, daraus vielleicht Informationen entnehmen zu können, die für ihr weiteres Vorgehen wichtig sein konnten. Sie folgten der U.S. Route 50 noch etwa fünf Minuten und wechselten dann auf die U.S. Route 301, auf der sie etwa sechs Minuten in südlicher Richtung fuhren, ehe es auf kleineren Landstraßen weiterging. Sie waren nun schon ein gutes Stück von der Stadt entfernt. Gould wusste nicht, was er davon halten sollte. Lebten die beiden wirklich so abgelegen? Oder konnte es sein, dass sie jemanden besuchte? Vielleicht arbeitete sie auch an einer Story, die mit der Gegend hier zu tun hatte.
»Wie weit sind wir von der Chesapeake Bay entfernt?«, fragte er.
Claudia drückte ein paar Tasten an ihrem Laptop. »Ungefähr sechseinhalb Kilometer.«
Gould nickte und achtete darauf, genügend Abstand zu ihr zu halten. Er wollte nicht, dass sie das Gefühl bekam, verfolgt zu werden, doch es wurde immer schwerer, weit genug hinter ihr zu bleiben, um absolut kein Risiko einzugehen. Claudia berichtete ihm schließlich, dass der Wagen soeben in eine Straße eingebogen war, die als Sackgasse endete. Er hielt an und verfolgte auf dem Computerbildschirm, wie der BMW auf die Chesapeake Bay zusteuerte, bis er schließlich zum Stillstand kam. Sie warteten einige Minuten, um sicherzugehen, dass sich das Ziel nicht wieder in Bewegung setzte,
Weitere Kostenlose Bücher