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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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junges Paar auf einem Fahrradausflug, aber Rapp durfte kein Risiko eingehen. Er blickte kurz hinter sich und sah sich auch links und rechts um. Er kannte jeden Zentimeter der Straße, nachdem er hier regelmäßig mit dem Auto, mit dem Fahrrad und auch zu Fuß unterwegs war. Er war darauf trainiert, auf alles zu achten, was irgendwie ungewöhnlich wirkte. Im Moment sah jedenfalls alles ganz normal aus. Rapp wandte seine Aufmerksamkeit wieder den beiden Radfahrern zu. Er war nun nahe genug, um zu hören, wie die Frau würgte und sich übergab. Falls das Ganze eine Falle war, so spielte sie ihre Rolle sehr überzeugend.
    Der Mann blickte über die Schulter zurück. Er trug einen Fahrradhelm und eine Sonnenbrille.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Rapp, während er weiterging und dabei zu verbergen versuchte, dass ihn der Schmerz im Knie fast umbrachte. Die linke Hand hatte er weiter an der Gürteltasche. Rapp erkannte auf einen Blick, dass der Mann gut in Schuss war.
    »Sie ist schwanger«, erklärte der Mann. »Die Morgenübelkeit.«
    Rapp nickte kurz, ohne etwas zu sagen. Er hatte nicht vor, mit den beiden zu plaudern. Er musterte den Fremden und auch die Frau von Kopf bis Fuß. Der Mann trug ebenfalls eine Gürteltasche, die er jedoch am Rücken hängen hatte. Er war auffallend athletisch – breite Schultern, schmale Taille und kräftige Beine. Rapp hatte mit Männern wie ihm zusammengearbeitet. Er erinnerte sich an die Warnung, die von den Jordaniern hereingekommen war, dass ihm irgendjemand nach dem Leben trachtete, doch dann wanderten seine Gedanken zum neuen Direktor der National Intelligence, Mark Ross. Konnte es sein, dass der Mann so dumm war, zwei Leute zu ihm zu schicken, damit sie ihn ausspionierten?
    Der Gedanke, dass Ross vielleicht mit seinen Spielchen weitermachte, brachte sein Blut in Wallung. Als er genau auf der Höhe der beiden Fremden war, blieb Rapp schließlich stehen. Seine linke Hand war nur wenige Zentimeter von der Waffe entfernt, die geladen und entsichert war.
    »Brauchen Sie Hilfe?«, fragte Rapp so freundlich, wie er es zustande brachte.
    »Nein, danke«, erwiderte der Mann hastig. Er sah Rapp kurz an und wandte sich dann wieder seiner Frau zu.
    »Sind Sie sicher?«, fragte Rapp nach.
    »Ja. Das geht gleich vorbei.«
    »Leben Sie hier in der Gegend?«, fragte Rapp und verfolgte dabei jede kleinste Bewegung des Mannes. Er wünschte, der Fremde hätte die Brille abgenommen, damit er seine Augen sehen konnte.
    »Nein«, antwortete der Mann. »Wir machen hier Urlaub.«
    »Ich wohne ganz in der Nähe. Ich könnte meinen Wagen holen und Sie ein Stück mitnehmen.«
    »Nein … danke … das ist wirklich nicht nötig.«
    »Wo wohnen Sie denn?«
    Der Mann zögerte kurz und sagte schließlich: »Nicht weit von hier. Eine kleine Frühstückspension.«
    Die Frau richtete sich auf und wischte sich den Mund mit dem Ärmel ihres Sweatshirts ab. Sie nahm einen Schluck Wasser aus ihrer Flasche und spuckte es aus. Das wiederholte sie noch dreimal und sagte schließlich: »Oh, was wir alles auf uns nehmen für euch Männer!«
    Rapp lächelte. Er bemerkte den leichten französischen Akzent der Frau. Falls sie das Ganze nur spielte, so machte sie es verdammt gut. Ihr Gesicht war schrecklich blass, fast grün. Rapp kam zu dem Schluss, dass die beiden nicht für Ross arbeiteten.
    »Ich hoffe, es geht Ihnen gleich wieder besser«, sagte er und ging weiter. Die Schmerzen im Knie wurden mit jedem Schritt schlimmer, und er fragte sich, ob nicht er derjenige war, der mit dem Auto transportiert werden musste. Er schaute noch einmal kurz zurück und sah, wie der Mann rasch zur Seite blickte. Wahrscheinlich hatte er ihn wiedererkannt, nachdem Rapp vor einigen Jahren viel unerwünschte Aufmerksamkeit von den Medien erhalten hatte. Die beiden jungen Leute stiegen wieder auf ihre Räder und fuhren los, während Rapp mit immer mehr Mühe die Straße entlanghumpelte.
    Als er die Veranda seines Hauses erreicht hatte, konnte er sein Knie weder abbiegen noch ausstrecken; es blieb in seiner leicht gekrümmten Position. Er nahm den Haustürschlüssel aus der Gürteltasche, blickte sich rasch um und steckte ihn in das erste der beiden Schlösser. Als er beide aufgesperrt hatte, zog er die Tür auf. Er hatte, als er hier einzog, dafür gesorgt, dass sich die Türen nach außen öffnen ließen. Türrahmen und Türen waren aus Stahl und mit Furnier verkleidet. Wer vorhatte, hier einzudringen, war gut beraten, etwas Proviant

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