Der Feind
betraten. Claudia ließ sich in den Sportkleidern aufs Bett fallen und streifte die Schuhe ab. Sie stöhnte laut auf und bedeckte den Kopf mit einem weichen Kissen.
»Zieh bitte die Vorhänge zu«, sagte sie.
Er zog so fest an dem Stoff, dass er den Vorhang beinahe aus der Schiene gerissen hätte.
Sie machte ein Auge auf und spähte unter dem Kissen hervor. »Warum bist du so wütend?«, fragte sie.
Er blieb stehen und starrte sie an. »Warum musstest du vorhin deinen Mund aufmachen?«
»Was meinst du?«
»Auf der Straße. Vor Rapp.«
Sie zog sich das Kissen über den Kopf und murmelte etwas Unverständliches.
»Was hast du dir bloß dabei gedacht?«
»Mir war schlecht. Ich wusste nicht einmal, dass er es war.«
»Ist dir überhaupt klar, was du damit angerichtet hast?«
»Jetzt übertreibst du aber«, stöhnte sie.
»Das glaube ich nicht. Wenn es schiefgehen sollte – glaubst du nicht, dass er sich dann an das junge Paar erinnern wird, das er in der Nähe seines Hauses getroffen hat? An die Frau mit dem französischen Akzent und den Mann, mit dem sie zusammen war?«
»Er hat nicht einmal unsere Gesichter gesehen.«
»Das ist auch gar nicht nötig. Es reicht, dass er eine allgemeine Beschreibung von uns angeben kann und weiß, dass die Frau wahrscheinlich Französin war. Was glaubst du, wie viele Teams aus einem Mann und einer Frau es wohl geben wird?« Er starrte sie in Erwartung einer Antwort an, die jedoch nicht kam. »Nicht viele, das kannst du mir glauben, aber wenn er auch noch weiß, dass die Frau Französin ist, dann bleiben nur noch sehr wenige übrig.«
»Dann hauen wir doch ab. Lassen wir die Sache sein und behalten wir einfach das Geld des Deutschen.«
Gould konnte nicht glauben, dass sie etwas so Unsinniges vorschlagen konnte. »Bist du völlig verrückt geworden?«
»Dann gib das Geld zurück. Es ist mir egal … lass mich bloß in Ruhe. Siehst du nicht, dass mir jetzt nicht danach ist, mich mit dir zu streiten?«
»Du hast dir wirklich eine tolle Zeit ausgesucht, um schwanger zu werden.«
Sie hob eine Ecke des Kissens und sah ihn wütend an. »Glaub mir, du hast auch deinen Teil dazu beigetragen.«
»Aber warum jetzt? Wir schlafen seit Jahren miteinander, und es ist nie etwas passiert.« Er hatte sie schon länger danach fragen wollen, doch bis jetzt hatte er sich immer Sorgen gemacht, wie sie reagieren würde. Nun war es ihm ziemlich egal.
»So was passiert nun mal«, gab sie gereizt zurück.
»Blödsinn«, knurrte er. »Du hast aufgehört, die Pille zu nehmen, nicht wahr?«
»Va-t’en. Je ne me sens pas bien.«
»Sprich englisch«, versetzte er zornig.
»Geh weg. Ich fühle mich nicht wohl, du Rüpel.«
Gould biss wütend die Zähne zusammen. Er zögerte einige Augenblicke und unterdrückte den Drang weiterzureden. Er wusste, dass er besser hinausging, bevor er vielleicht etwas sagte, das ihnen hinterher beiden leidtat. Wütend schritt er quer durch das Zimmer und griff nach einem der Rucksäcke. Er warf ihn sich über die Schulter und ging hinaus, ohne noch ein Wort zu sagen.
Bei einer Tankstelle in der Nähe hielt er an und tankte den Wagen voll. Er kaufte sich außerdem einen Kaffee und einen Doughnut, was er sofort bereute, nachdem er das Ding verschlungen hatte. Bevor er losfuhr, sah er nach, was von dem GPS-Ortungssystem kam, das er in Anna Riellys Wagen installiert hatte. Das Display, auf dem er die aktuelle Position des Fahrzeugs verfolgen konnte, war nur etwa sieben mal sieben Zentimeter groß und lieferte nicht die Details wie Claudias Laptop, doch für den Augenblick reichte es aus. Er stellte fest, dass sie gerade auf dem Weg zur Arbeit war. Gould hatte drei Geräte in ihrem Wagen angebracht. Das erste war eine einfache Wanze, die unter dem Armaturenbrett klebte. Alles, was sie im Auto sprach, wurde zu einem digitalen Aufnahmegerät und Funkscanner im Kofferraum gesendet. Das kleine schwarze Ding suchte außerdem die gängigsten Frequenzen ab, die von Mobiltelefonen benutzt wurden. Es hatte eine effektive Reichweite von bis zu dreißig Metern. Das Gerät enthielt außerdem ein winziges digitales Telefon, sodass es aus der Ferne bedient werden konnte. Das dritte Gerät war der GPS-Sender, der ihm den aktuellen Aufenthaltsort des Autos verriet.
Gould steckte einen Ohrhörer in seinen Palm Pilot und wählte die Nummer, die ihn mit dem Funkscanner in Anna Riellys Kofferraum verbinden würde. Er wartete, während die Daten von dem Scanner auf seinen kleinen
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