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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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einer Parkbank in der Nähe und kämpfte mit einer neuen Welle der Übelkeit. Gould blickte auf die Uhr; es war 07:36 Uhr morgens, und der anfangs so vielversprechende Tag hatte sich zu einer einzigen Katastrophe entwickelt. Er sah Claudia mit einem Zorn an, wie er ihn normalerweise nur für Leute empfand, die ihn bedroht hatten. Sie befanden sich im Stadtpark, und es war weit und breit niemand zu sehen, doch es war dies trotzdem nicht der Ort, um ein solches Gespräch zu führen. Ihre Übelkeit hatte ihnen schon genug unerwünschte Aufmerksamkeit beschert.
    Er riss ihr Fahrrad hoch und entfernte das Vorderrad. Das Fahrzeug war gewiss relativ leicht – doch er ging damit um, als wäre es ein Kinderdreirad. Er hatte beide Fahrräder in einem großen Sportartikelgeschäft in der Nähe des Hotels gekauft, das sie in Bowie, einem Vorort von Washington gefunden hatten. Es gab zwar einige Motels und Frühstückspensionen, die näher bei Rapps Haus lagen, doch sie boten zu wenig Anonymität. Gould stellte sich bereits vor, dass Rapp in den Frühstückspensionen in der Gegend anrufen könnte, um herauszufinden, ob ein junges Paar dort eingecheckt hatte. Das war ihm durchaus zuzutrauen, dachte er. Gould war kein Mann, der leicht die Nerven verlor, aber das Zusammentreffen mit Rapp hatte ihm doch einen Schauer über den Rücken gejagt, wie er es nicht mehr erlebt hatte, seit er in seiner Zeit bei der Fremdenlegion in Ruanda von einem zornigen Mob machetenbewehrter Hutus umringt gewesen war.
    Der Mann war kaum mehr als einen Kilometer von seinem Haus entfernt gewesen, dem Ort, an dem er sich, so hatte Gould angenommen, absolut sicher und unbedroht fühlen würde, doch das war ein fataler Irrtum gewesen. Gould hatte ihn zuerst gar nicht bemerkt, weil er sich um Claudia gekümmert hatte. Sie hatte schon ein flaues Gefühl im Magen verspürt, als sie sich Rapps Haus näherten, aber die erste Welle ging vorbei, und so fuhren sie weiter. Sie hatten es bis zum Haus geschafft und machten sich dann auf den Rückweg in die Stadt. Am Haus vorbeizufahren war alles, was sie für diesen Morgen vorgehabt hatten. Gould wollte die Gegend kennenlernen und sich eventuell nach einer Möglichkeit umsehen, das Ganze wie einen Unfall aussehen zu lassen. Der Deutsche bot eine Million extra dafür, und Gould war zwar nicht scharf auf das erhöhte Risiko, doch er würde die Möglichkeit auf jeden Fall in Betracht ziehen. Als sie etwa einen Kilometer an Rapps Haus vorbei waren, blieb Claudia plötzlich stehen, um sich zu übergeben. Zu diesem Zeitpunkt war Gould noch nicht beunruhigt. Sie hatten beide Wagen vor dem Haus gesehen, und es war noch nicht einmal sieben Uhr morgens. Claudia würde das Ganze in ein paar Minuten hinter sich haben, und sie würden weiterfahren, ohne dass irgendjemand von ihnen Notiz nahm.
    Das Letzte, mit dem Gould gerechnet hätte, war, dass er hier und jetzt seinem Opfer begegnen würde. Doch plötzlich hörte er etwas hinter sich, und als er sich umblickte, sah er Mitch Rapp persönlich auf sich zukommen. Rapp war beängstigend nahe herangekommen, ehe Gould ihn bemerkte. Eigentlich hätte es doch umgekehrt laufen sollen. Goulds großes Glück war, dass seine Augen von der Sonnenbrille verdeckt waren. Die Augen waren dasjenige Merkmal, das sich am schwersten verändern ließ. Hinter dem Schutzschild aus dunkel getöntem Glas verfolgte er aufmerksam jede Bewegung seines Gegenübers. Er sah genau, wie die linke Hand des Amerikaners über der Gürteltasche ruhte. Gould war sich ziemlich sicher, was den Inhalt der Tasche betraf, und genauso sicher war er sich, dass Rapp die Waffe ziehen und abdrücken konnte, bevor die meisten Leute auch nur einmal geblinzelt hätten. Und er zweifelte auch nicht daran, dass Rapp sein Ziel treffen würde.
    Gould wäre diesem Zusammentreffen zwar liebend gern aus dem Weg gegangen, aber die Begegnung allein wäre noch keine Katastrophe gewesen. Rapp hatte ihn wohl gesehen, aber dank der weiten Kleider, des Helms und der Sonnenbrille hatte er nicht allzu viel von ihm zu sehen bekommen. Rapp hatte ihm ein paar Fragen gestellt, und Gould hatte ihm antworten müssen – doch es war so weit alles gut gegangen. Gould sprach ein so makelloses Englisch, dass Rapp unmöglich ahnen konnte, dass er Franzose war. Doch dann war Claudia auf die Idee gekommen, ihren Mund aufzumachen und alles zu vermasseln.
    Sie stiegen in den Wagen und fuhren schweigend zum Hotel zurück, das sie durch einen Seiteneingang

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