Der Feind
mitzunehmen, weil die Sache länger dauern konnte. Die Fenster im Erdgeschoss waren ausnahmslos kugelsicher. Türen und Fenster stellten die erste Verteidigungslinie dar, die es ihm ermöglichte, nachts ruhig zu schlafen.
Rapp trat in den Vorraum, wo Shirley ihn bereits schwanzwedelnd erwartete. Er tätschelte der Hündin den Kopf, ehe er die Alarmanlage ausschaltete. Er sperrte die Haustür zu, schaltete die Anlage wieder ein und humpelte in die Küche weiter, wo seine Frau im Bademantel am Tisch saß und bei einer Tasse Kaffee die Washington Post las.
Anna blickte zu ihm auf und sah sein schmerzverzerrtes Gesicht. »Was ist denn los?«, fragte sie.
»Nichts«, antwortete Rapp kopfschüttelnd und ging zur Spüle hinüber.
»So sieht es aber überhaupt nicht aus«, erwiderte sie.
Rapp stützte sich mit einer Hand auf die Spüle und goss sich ein Glas Wasser ein. »Mein Knie – es ist ein bisschen steif … das ist alles.«
Anna stellte den Kaffeebecher auf den Tisch. »Ein bisschen steif? Liebling, du siehst schlimmer aus als damals, als du eine Kugel in den Hintern abbekommen hast.«
Rapp trank mehrere Schlucke Wasser und suchte dann in einer Schublade nach den Schmerztabletten. »Na ja … du hast mich ja erst zwei Tage später gesehen. Du hättest mich sehen sollen, wie ich mich auf dem Boden gewälzt und geschrien habe wie ein kleines Mädchen.«
Sie war überzeugt, dass sich die Sache nicht wirklich so zugetragen hatte und dass er die Schmerzen in Wahrheit höchst mannhaft ertragen hatte. »Netter Versuch. Jetzt sag mir schon, was mit deinem Knie los ist.«
»Nichts Besonderes«, erwiderte Rapp und kämpfte mit dem kindersicheren Verschluss des Fläschchens. »Es ist nur ein bisschen steif«, log er. »Zwei Tabletten und ein wenig Eis, und es geht schon wieder.«
Anna verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn einige Augenblicke schweigend an. »Was steht bei dir heute auf dem Plan?«, fragte sie schließlich.
Rapp schaffte es, den Verschluss des Fläschchens zu öffnen, und nahm gleich drei Tabletten, die er mit etwas Wasser hinunterspülte. »Derselbe Mist wie immer. Ein paar Besprechungen in Langley, und es kann sein, dass ich auch am Abend noch etwas zu erledigen habe … aber das steht noch nicht fest.« Nachdem er den Reporterinstinkt seiner Frau kannte, war ihm klar, dass er sie seinerseits etwas fragen musste, um ihrer nächsten Frage zuvorzukommen. »Und du? Wie sieht dein Tag aus?«
»Ach, am Vormittag ist nicht viel los«, antwortete sie und musterte ihn aufmerksam.
Als sie schließlich mit einem verführerischen Lächeln auf den Lippen auf ihn zukam und dabei den Gürtel ihres Morgenmantels löste, begannen bei ihm die Alarmglocken zu läuten. Rapp stand wie erstarrt da, während er in seinem Inneren einen Konflikt austrug – zwischen den Freuden der Liebe, die ihm winkten, einerseits, und den Schmerzen, die ihm gleichzeitig drohten, auf der anderen Seite.
Anna drückte sich an ihn, schlang die Arme um seinen Nacken und küsste sein Ohr. »Warum gehen wir nicht nach oben und gönnen uns ein bisschen Spaß? Ich glaube, die Schwangerschaft wirkt sich irgendwie anregend aus.«
Rapp schwankte einen Augenblick, während er sich irgendeine Stellung auszudenken versuchte, mit der es klappen könnte. Der Teil seines Gehirns, der für die Schmerzen zuständig war, riet ihm jedoch dringend, an so etwas nicht einmal zu denken. Das Knie schmerzte einfach zu sehr, und so schob Rapp sie mit einem verlegenen Lächeln sanft von sich. »Ich fürchte, ich habe keine Zeit. Ich muss schnell duschen und gleich los.«
Anna trat noch einen Schritt zurück und schloss ihren Bademantel. »Du bist ein Lügner, Mitchell. Soll ich einen Arzt anrufen, um einen Termin zu vereinbaren, oder bist du Manns genug, es selbst zu tun?«
Er zögerte einen Augenblick und gab sich schließlich geschlagen. »Ich kümmere mich darum«, antwortete er wenig überzeugend.
»Du tust es nicht, das sehe ich dir an. Ich rufe Liz an. Sie und Michael kennen den besten orthopädischen Chirurgen in der Stadt.« Anna griff zum Telefon, um ihre beste Freundin anzurufen. »Vormittag oder Nachmittag?«
Rapp blickte auf sein Knie hinunter. Es begann sichtlich anzuschwellen. »Vielleicht solltest du fragen, ob er mich gleich heute Vormittag einschieben kann.«
33
DEALE, MARYLAND
Gould entfernte das Vorderrad von dem Mountainbike, öffnete den Kofferraum des Ford Explorer und legte Fahrrad und Vorderrad hinein. Claudia saß auf
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