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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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interessierte lediglich, dass er möglichst schnell möglichst weit vom Haus wegkam. Man hatte die Explosion wahrscheinlich kilometerweit gehört, und es würden bestimmt bald jede Menge Leute hier auftauchen, um nachzusehen, was passiert war. Gould ging aus dem Sattel und begann zu treten, so schnell er konnte.

40
BALTIMORE, MARYLAND
    Rapp schlug die Augen auf und blickte zur Decke des schwach beleuchteten Raumes hinauf. Wo bin ich hier bloß? , fragte er sich. Er versuchte den Kopf zu heben, doch sein Körper weigerte sich, den Gedanken auszuführen. Eine ganze Weile lag er regungslos da. Das alles ergab doch keinen Sinn. Schließlich gelang es ihm mit größter Anstrengung, den Kopf zur Seite zu drehen. Da war ein Fenster, an dem die Vorhänge zugezogen waren. An den Rändern drang kein Licht herein, deshalb nahm er an, dass es Nacht war. Da stand ein leerer Sessel, und das Bett, auf dem er lag, hatte Gitter an den Seiten. Er blickte an seinem Arm hinunter und sah eine Infusionsnadel, die im Handrücken steckte. Ich bin in einem Krankenhaus. Er erinnerte sich an seine Knieoperation, und einen Moment lang schien alles wieder zusammenzupassen. Doch dann kam ihm zu Bewusstsein, dass er das Krankenhaus ja verlassen hatte, und alles war so mysteriös wie zuvor.
    Warum bin ich denn schon wieder hier?
    Er drehte den Kopf auf die andere Seite und sah, dass sein rechter Arm eingegipst war. Er runzelte die Stirn. Die Sache wurde immer merkwürdiger. Er blickte zur Tür auf, als ihm plötzlich etwas einfiel. Er erinnerte sich daran, wie er mit seiner Frau nach Hause gefahren war, und auch, dass er sich nicht wohlgefühlt hatte, als er das Haus betrat. Auf Krücken war er zur Hintertür gehumpelt, weil er dachte, dass ihm ein wenig frische Luft nicht schaden könnte. Er öffnete die Tür und humpelte ins Freie … und was dann kam, daran konnte er sich beim besten Willen nicht erinnern. Rapp blickte zur Decke hinauf und fragte sich, ob er ohnmächtig geworden war. Er versuchte den rechten Arm zu heben, um sich im Gesicht zu kratzen, doch der Arm ließ sich nicht bewegen. Da fiel ihm der Gips wieder ein. Für einen Sekundenbruchteil dachte er, er wäre gelähmt, doch dann gelang es ihm, die Finger zu bewegen.
    Ich habe bestimmt das Bewusstsein verloren. Ja, so muss es gewesen sein.
    Rapp hatte Narkosen noch nie besonders gut vertragen. In Gedanken kehrte er zu den letzten Augenblicken zurück, an die er sich erinnern konnte. Er hatte sich an das Geländer gelehnt und tief durchgeatmet. Bestimmt war auch das Fastfood nicht gerade hilfreich gewesen, das er auf der Heimfahrt verschlungen hatte. Rapp dachte an die steile Treppe, die zum Dock hinunterführte, und an die Krücken.
    Ich muss das Gleichgewicht verloren haben und hinuntergestürzt sein. Und dabei habe ich mir den Arm gebrochen.
    Plötzlich bewegte sich etwas bei der Tür, und Rapp drehte den Kopf, um zu sehen, was los war. Die kleine Bewegung jagte ihm einen stechenden Schmerz vom Hals bis in die Stirn hinauf. Rapp zuckte zusammen, als es in seinem Kopf zu hämmern begann. Doch das war noch nicht alles; plötzlich hatte er ein Gefühl, als würde ihm jemand ein Messer in die Seite stoßen. Eine Gestalt kam durch die Tür, doch seine Augen vermochten nicht scharf zu sehen. Zuerst dachte er, es wäre seine Frau, doch als die Gestalt näher kam, erkannte er, dass es Irene Kennedy war.
    Als sie bei ihm war, sah er, dass sie geweint hatte. Seine Verletzungen mussten doch ziemlich ernst sein, dachte er sich.
    Sie legte ihm eine Hand an die Wange. »Du hast uns ganz schön Sorgen gemacht«, sagte sie.
    »Wo bin ich?«, flüsterte Rapp.
    »Im John-Hopkins-Krankenhaus.«
    Eine zweite Person trat ins Zimmer – ein Mann, den Rapp nicht kannte. »Wo ist Anna?«
    Irene wollte etwas sagen, hielt dann aber inne. Tränen traten ihr in die Augen, und sie sagte schließlich: »Mitch, es hat eine Explosion gegeben.«
    »Wo ist Anna?«, fragte er etwas lauter. Plötzlich kamen zwei weitere Leute herein. Es waren ziemlich kräftige Burschen mit Krankenhauskitteln. Rapp sah Irene Kennedy mit Panik in den Augen an. Die Tränen strömten ihr die Wangen hinunter, und ihre Unterlippe zitterte.
    »Verdammt!«, brüllte er. »Wo ist Anna?«
    Irene blickte zu ihm hinunter und sagte: »Sie ist bei der Explosion gestorben.«
    Rapps ganzer Körper spannte sich an, und er stieß einen schmerzerfüllten Schrei aus. Die Wut, der Schock und die Angst, die ihn erfüllten, verliehen ihm die Kraft, sich

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