Der Feind
Vorbereitung konnte man jeden töten. »Es wäre sehr teuer.«
Saeed beugte sich vor und drückte auf den Knopf der Sprechanlage. Er sprach ein paar rasche Worte auf Arabisch, und im nächsten Augenblick kamen zwei ungewöhnlich groß gewachsene und kräftig gebaute Saudis herein. Jeder der beiden trug zwei große schwarze Aktenkoffer, die sie vor dem Deutschen auf den Tisch legten. Sie öffneten die Koffer und gingen wieder hinaus.
»Fünf Millionen Dollar in bar, wenn Sie den Auftrag annehmen. Noch einmal fünf Millionen, wenn Sie ihn ausgeführt haben.«
Abel starrte auf das Geld hinunter, verstärkte den Druck des Daumens auf seine linke Handfläche und begann in aller Kürze abzuwägen, ob die Aufgabe machbar war. Er kam zu dem Schluss, dass es schwierig, aber keineswegs unmöglich war, den Auftrag auszuführen. Gewiss würde er den schwierigen Teil jemand anderem übertragen. Über die Details würde er später nachdenken, und so wandten sich seine Gedanken dem Geld zu. Er hatte auch früher schon mit Auftragsmorden zu tun gehabt, aber er hatte noch nie gehört, dass für so etwas ein Honorar von zehn Millionen Dollar gezahlt wurde. Rapp musste Abdullah irgendetwas angetan haben, so viel stand fest. Es war schwer, den Reichtum dieser Saudis abzuschätzen, aber Abdullah verfügte bestimmt über ein Vermögen von mehr als zwei Milliarden Dollar. Zehn Millionen Dollar waren für ihn wohl nur Peanuts.
Abel wusste, dass er ein solches Angebot nicht ablehnen konnte, und, so verrückt es auch klingen mochte, der Auftrag reizte ihn sogar. Einen Mann wie Mitch Rapp zu töten würde in seinem Metier wohl als absolutes Meisterstück gelten. Er verspürte plötzlich ein fast euphorisches Hochgefühl angesichts der Aussicht, sich diese Tat an die Fahne heften zu können. Abel beschloss, den Auftrag anzunehmen, doch zuerst würde er noch ein wenig an dem ohnehin schon stattlichen Honorar arbeiten.
»Auftragsmorde in Amerika sind heutzutage eine ziemlich schwierige Sache, und ganz besonders problematisch wird es, wenn es um jemanden wie Mitch Rapp geht.«
»Nennen Sie Ihren Preis, Mr. Abel«, entgegnete der Araber in ruhigem Ton.
»Zwanzig Millionen Dollar. Zehn jetzt und zehn, sobald die Sache erledigt ist.«
Abdullah streckte ihm die Hand entgegen. »Zwanzig Millionen Dollar.«
Abel schüttelte ihm die Hand. »Abgemacht.«
»Wie lange wird es dauern?«
»Ich mache mich sofort an die Arbeit, aber es wird wohl mindestens einen Monat dauern, bis wir das Ergebnis haben.«
»So bald wie möglich, Mr. Abel«, sagte der Araber mit Nachdruck.
Abdullahs Hass auf Mitch Rapp war deutlich zu spüren. »Wenn Sie mir die Frage gestatten, Mr. Abdullah – was hat Mr. Rapp getan, das Ihnen offensichtlich solchen Schmerz bereitet hat?«
»Er hat meinen Sohn getötet.«
Das hätte ich mir denken können , dachte Abel.
6
WASHINGTON D.C.
Rapp rief sie zur vereinbarten Zeit an und sagte ihnen, dass er ganz in ihrer Nähe war. Sie reagierten etwas irritiert, wenn nicht gar verärgert, was Rapp jedoch völlig egal war. Es war ihm nicht leichtgefallen, sich überhaupt dazu durchzuringen, dass er sich mit den beiden traf. Das nächste Problem war, sich auf einen passenden Ort zu einigen. Sie wollten, dass er zu einem von ihnen ins Büro kam. Offensichtlich gehörten sie zu den Leuten, die es gewohnt waren, ihren Willen durchzusetzen. Rapp traute ihnen beiden nicht über den Weg, deshalb sagte er zu ihrem Vorschlag klipp und klar nein. Sie wollten sich mit ihm treffen, also würden sie sich nach ihm richten müssen. Ihm ging es vor allem darum, die Sache möglichst schnell hinter sich zu bringen. Dass er überhaupt dazu bereit war, lag ausschließlich daran, dass er Irene Kennedy damit einen Gefallen tat.
Man brauchte nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass zumindest einer der beiden versuchen würde, das Gespräch aufzuzeichnen. In Washington war es etwas ganz Alltägliches, dass Leute einander belauschten, abhörten oder heimlich Gespräche aufnahmen. Rapps Problem war vor allem, dass ihm so etwas wie Taktgefühl zunehmend abhanden gekommen war. Wenn ihm etwas gegen den Strich ging, dann war es mehr als wahrscheinlich, dass er das auch zum Ausdruck brachte – ganz egal, wen er vor sich hatte. Bei dem einen der beiden Männer wusste er nicht genau, was er von ihm halten sollte, den anderen verachtete er zutiefst. Rapp meinte sich in der Position, nichts zu verlieren zu haben, und so hielt er es für durchaus möglich,
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