Der Feind
Mitch Rapp tötet?« Kennedy legte die einzelnen Blätter auf den Couchtisch. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir über denselben Mann sprechen.«
Ross, Berg und Stokes beugten sich vor, um sich eines der Blätter zu nehmen.
Kennedy wandte sich dem Präsidenten zu. »Die Bankdirektoren waren alle sehr kooperativ. Einige haben sogar gemeint, es wäre ihnen lieber, wenn wir in Zukunft alle Probleme so regeln würden, statt diese öffentlichen Kämpfe vor Gericht auszutragen.« Kennedy wandte sich dem Justizminister zu. »Kämpfe, die viel Zeit, Ressourcen und Geld in Anspruch nehmen. Bis wir dann endlich die Information bekommen, die wir brauchen, ist das Geld längst verschoben und die Information so überholt, dass wir nichts mehr damit anfangen können.«
Stokes wollte einen halbherzigen Einwand vorbringen, doch Kennedy ließ ihn nicht ausreden. »Die Information, die ich heute bekommen habe, liefert uns andere Ergebnisse. Meine Internet-Spezialisten haben sich inzwischen auch andere Schweizer Konten von Saeed Ahmed Abdullah angesehen. Innerhalb von acht Stunden haben wir über einhundert Millionen Dollar aufgespürt, die er allein im vergangenen Jahr an Konten der Al-Kaida und anderer Terrorgruppen überwiesen hat.«
»Hundert Millionen Dollar«, war alles, was Justizminister Stokes sagen konnte.
»Beatrice«, sagte Irene Kennedy, zu Außenministerin Berg gewandt, »wenn Sie das nächste Mal mit dem Schweizer Außenminister sprechen, sagen Sie ihm doch, ich werde seine Einwände an Mitch Rapp weitergeben. Sagen Sie ihm, Mitch würde sich gern die Beteuerungen der Schweizer anhören, warum es so wichtig sein soll, die Daten von Terroristen wie Wahid und seinem Vater vertraulich zu behandeln.«
»Und, Mark«, fügte sie, zu Ross gewandt, hinzu, »als Sie sich neulich mit Prinz Muhammad bin Rashid zum Frühstück trafen, haben Sie da zufällig erwähnt, dass Mitch Rapp noch lebt?«
Ross schüttelte den Kopf, noch bevor er Zeit hatte, über die Frage nachzudenken.
»Sie haben nicht vielleicht erwähnt, dass er sich gerade in einem Safe House der CIA erholt?«, fragte Kennedy in einem Ton, als hätte sie Beweise in der Hand, während sie in Wirklichkeit nur einer Vermutung folgte.
»Ich habe über nichts Derartiges mit ihm gesprochen.«
»Nun, wenn Sie das nächste Mal mit ihm sprechen, fragen Sie ihn doch bitte, ob er gewusst hat, dass sein engster Freund zwanzig Millionen Dollar für die Ermordung meines Top-Antiterror-Spezialisten bezahlt hat. Und wenn Sie schon dabei sind, können Sie ihn auch gleich fragen, wie er es findet, dass Saeed Ahmed Abdullah allein im vergangenen Jahr über hundert Millionen Dollar an Terrororganisationen gezahlt hat?«
»Wollen Sie damit sagen, dass er in die Sache verwickelt ist?«
Kennedy schüttelte den Kopf und stand auf. »Es gibt noch keine Beweise, aber glauben Sie mir, der Mann hat Dreck am Stecken. Er ist kein Verbündeter von uns.« Kennedy griff nach ihrer Mappe. »Das nächste Mal, wenn Sie mit ihm sprechen, sagen Sie ihm bitte, ich habe so ein Gefühl, dass er irgendwie mit der Sache zu tun hat. Und wenn ich es beweisen kann, wird ihm Mitch Rapp einen Besuch abstatten«, fügte sie hinzu und ging zur Tür.
»Einen Augenblick«, rief Ross und stand abrupt auf. »Wir sind hier noch nicht fertig.«
Kennedy blickte gelassen zu ihm zurück. »O doch, das sind wir. Ich bin müde. Während Sie drei damit beschäftigt waren, sich mit höchst fragwürdigen Verbündeten abzugeben, bin ich um die halbe Welt geflogen und habe an einem Vormittag das erreicht, was hundert Anwälte des Justizministeriums und weitere hundert Mitarbeiter des Außenamts seit zwei Jahren versuchen. Ich fahre jetzt nach Hause und gehe schlafen.«
»Halt«, wandte Ross ein. »Sie müssen ihn zurückpfeifen.«
»Sorry … das kann ich nicht. Er ist auf eigene Faust unterwegs.«
»Das ist eine Lüge! Sie wollen ihn gar nicht zurückpfeifen.«
Kennedy blieb mit der Hand am Türgriff stehen und drehte sich langsam um. »Mark«, sagte sie, »Mitch Rapp hat mehr dafür getan, dieses Land vor dem Terrorismus zu schützen, als alle Anwesenden hier zusammen, und wenn Sie den Präsidenten fragen, wird er Ihnen das bestätigen. Vielleicht sollten Sie endlich anfangen, ihm zu helfen oder sich ihm wenigstens nicht in den Weg zu stellen.«
»Der Mann ist ein Sicherheitsrisiko, Irene. Man muss ihn an die Leine legen.«
»Viel Glück dabei … aber Sie sollten vielleicht einmal darüber nachdenken, ob Sie
Weitere Kostenlose Bücher