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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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Dann durchkämmten sie ein Zimmer nach dem anderen und überprüften den Fußboden, die Wände und die Decke nach irgendwelchen Verstecken.
    Sie hatten diese Arbeit schon oft genug gemacht. Wo und wie ein Mensch lebte, sagte eine Menge über den Betreffenden aus. Diese Agenten, die schon über fünfzehn Jahre bei der CIA waren, hatten kaum einmal eine Wohnung gesehen, in der solche Ordnung herrschte. Es bestand kein Zweifel, dass Abel ein Profi mit einem zwanghaften Ordnungssinn war. Schon bald war den Agenten klar geworden, dass sie hier wahrscheinlich nichts Aufregendes finden würden. Typen wie dieser Abel waren zu vorsichtig, um irgendetwas Wichtiges zu Hause aufzubewahren. Kurz nach Mitternacht verließ einer der beiden das Haus durch die Haustür, während der andere noch blieb, um für alle Fälle ein paar Wanzen zu installieren. Er wartete noch zwanzig Minuten, ehe er ebenfalls ging. Unten saß nun ein anderer Portier, der sicher annahm, dass sie einen der Wohnungsbesitzer besucht hatten.
    Rapp, Coleman und seine Leute kamen kurz vor elf Uhr nachts im Hotel an. Die Fahrt von Riad nach Katar war ereignislos verlaufen. Das Flugzeug hatte bereits voll aufgetankt auf sie gewartet. Um sechs Uhr abends waren sie in der Luft und unterwegs nach Wien. Über ein Reisebüro, das in Wirklichkeit der CIA gehörte, wurden sechs separate Zimmer im Europa gebucht. Die beiden benachbarten Zimmer dienten ihnen als Kommandozentrale, die vier anderen Zimmer wurden zum Schlafen benutzt.
    Milt Johnson war der Teamführer. Der über sechzig Jahre alte ehemalige CIA-Angehörige übernahm auch heute noch Aufträge von der Agency, für die er neben seiner vollen Pension ein Gehalt bezog, das dreißig Prozent über dem lag, was er im letzten aktiven Jahr verdient hatte. Milt ließ sein Team für gewöhnlich in drei Acht-Stunden-Schichten oder zwei Zwölf-Stunden-Schichten arbeiten. Wenn es wirklich heikel wurde, was nicht selten der Fall war, mussten seine Leute ausgeruht sein. Es war eine Grundregel bei seinen Operationen, möglichst wenig aufzufallen. Er verwendete die im jeweiligen Land gebräuchlichsten Fahrzeuge, die stets aufgetankt sein mussten, und er hatte mindestens einen Mann auf einem Motorroller oder Motorrad. Wenn die Situation nicht etwas anderes erforderte, setzte er nie Leute ein, die besonders groß oder klein waren oder die besonders gut aussahen. Seine Leute trugen oft Wendejacken, Hüte und Sonnenbrillen. Eine weitere Grundregel war, dass Milt seine Leute nie Kaffee trinken ließ. Kaffee hatte die unangenehme Konsequenz, dass man allzu oft austreten musste, was wiederum dazu führen konnte, dass man die Zielperson im entscheidenden Moment aus den Augen verlor. Milt wusste das aus eigener Erfahrung, nachdem er einmal eine wichtige Überwachungsoperation aus diesem Grund vermasselt hatte.
    Der Vorfall war Mitte der Siebzigerjahre passiert, als die Vereinigten Staaten einen Maulwurf in ihrer Ostberliner Botschaft hatten. Milt gehörte einem Team an, das den stellvertretenden Botschafter als Schuldigen ausgemacht hatte. Er war gerade allein auf einer Nachtschicht und trank literweise Kaffee, um wach zu bleiben. Jede Stunde verließ er seinen Wagen, um sich in einer angrenzenden Gasse zu erleichtern. In der Früh war der stellvertretende Botschafter fort, und Milt musste erklären, wie ihm der Mann hatte entwischen können. Seither hatte er keine einzige Tasse Kaffee mehr getrunken.
    Milt hatte über die Jahre des Öfteren mit Rapp zusammengearbeitet, doch bis vor wenigen Jahren hatte er seinen richtigen Namen nicht gekannt. Er war erschüttert, als er von der Explosion in Mitchs Haus und vom Tod seiner Frau hörte. Als Rapp mit Coleman im Hotelzimmer eintraf, nahm Milt ihn beiseite und ging mit ihm in den angrenzenden Raum. Die Zimmer waren geräumig und elegant eingerichtet. Das Haus stammte aus der Zeit des Jugendstils und war entweder erstaunlich gut in Schuss gehalten oder irgendwann völlig renoviert worden.
    Milt schloss die Tür zwischen den beiden Zimmern. »Es tut mir sehr leid«, sagte er aufrichtig.
    Rapp nickte. Er wusste das Mitgefühl des Mannes zu schätzen, wollte aber nicht darüber sprechen. »Danke, Milt. Ich bin froh, dass du dabei bist.«
    Milt nickte. Er war etwa zehn Zentimeter kleiner als Rapp und hatte schütteres graues Haar. »Wir finden den Kerl. Keine Sorge.«
    »Hat sich schon was ergeben?«
    »Nein. Und das habe ich, ehrlich gesagt, auch nicht erwartet. Ich habe seine Akte gelesen. Diese

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