Der Feind
Secret-Service-Mann im Eingangsbereich seine Papiere. Er fragte nach Agent Travis Small und zog sich in die Ecke der Lobby zurück, um auf den Mann zu warten. Er stand neben einer riesigen Topfpflanze und hoffte, nicht weiter aufzufallen. Er wollte nicht, dass Ross wusste, dass er hier war. Er wollte genauso überraschend auftauchen, wie der Direktor es vergangene Woche in Irene Kennedys Büro getan hatte.
Rapp brauchte nicht lange zu warten. Travis Small entsprach in keiner Weise seinem Namen. Er war knapp zwei Meter groß und bestimmt hundertzehn Kilo schwer. Small schlurfte über den Terrazzoboden der sonnendurchfluteten Lobby. Der Mann hatte möglicherweise einmal Football gespielt, was, nach seinem Gang zu schließen, nicht das Gesündeste für seine Knie war. Rapp schätzte ihn auf Anfang vierzig. Als Small auf ihn zukam, ließ er seinen Blick durch die Lobby schweifen. Der Mann war wirklich eine imposante Erscheinung. Man musste schon ein verdammt harter Bursche oder ziemlich verrückt sein, um es zu wagen, sich mit ihm anzulegen. Small war genau der Typ, den der Secret Service schätzte. Wenn man den Präsidenten mit sechs Männern vom Schlage eines Travis Small umgab, dann war er ziemlich gut geschützt.
Der stattliche Mann trat auf Rapp zu und streckte ihm die Hand entgegen.
»Mitch … Travis Small. Ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen.«
Rapp ergriff seine Hand, die um einiges größer war als seine eigene. »Meinerseits, Travis.«
»Nein«, erwiderte Small und entblößte seine makellosen weißen Zähne zu einem überraschend warmen Lächeln. »Ich meine es ehrlich. Ich war im Sonderkommando des Präsidenten, als das Weiße Haus angegriffen wurde.«
Small sprach von einem Terroranschlag auf das Weiße Haus, bei dem der Präsident beinahe den Terroristen in die Hände gefallen und vermutlich ums Leben gekommen wäre, wenn Rapp nicht eingegriffen hätte.
»Oh, tut mir leid«, sagte Rapp. »Sie haben damals wahrscheinlich ein paar enge Freunde verloren.«
»Ja«, antwortete Small und schwieg einige Augenblicke. »Aber ich hätte noch mehr Freunde verloren, wenn Sie nicht Ihren Arsch riskiert hätten.«
Rapp konnte mit Komplimenten nicht allzu gut umgehen, und so nickte er nur und blickte zur Seite. Neben diesem Riesen fühlte er sich fast wie ein Zwerg. »Und – wie gefällt es Ihnen so, für Ross zu arbeiten?«, fragte er schließlich.
Small sah Rapp an und überlegte seine Antwort sorgfältig. »Ich versuche keine Meinung über die Leute zu haben, für die ich arbeite.«
Rapp grinste. »Quatsch.«
Small verlagerte sein beträchtliches Gewicht von einem Bein auf das andere. »Na ja, er ist sehr von sich überzeugt …«
»Das glaube ich auch. Ich könnte mir vorstellen, dass er nicht allzu nett zu Leuten wie euch ist.«
»Also … das ist es nicht. Er merkt sich sogar alle Namen und fragt uns nach unseren Kindern und solche Sachen. Aber er ist nun mal ein Politiker.« Mehr brauchte er nicht zu sagen, um sicher sein zu können, dass Rapp ihn verstand.
»Er fragt einen dies und das und hört schon nicht mehr zu, was man antwortet.«
»Ja, er hat eben wichtigere Dinge im Kopf, das spürt man. Ich glaube, er hat große Pläne. Wahrscheinlich wollte er als Senator gerne Präsident werden – aber Senatoren werden selten Präsidenten. Der Weg ins Oval Office führt über das Amt des Gouverneurs oder des Vizepräsidenten. Also dachte sich Ross wahrscheinlich, dass er es schaffen muss, entweder Gouverneur von New Jersey zu werden oder irgendwie ins Kabinett des Präsidenten zu kommen, um dann Vizepräsident zu werden. Senatoren gehen nicht gern nach Hause zurück, um für das Amt des Gouverneurs zu kandidieren. Das ist mehr Arbeit, und man steht landesweit viel weniger im Blickpunkt … es sei denn, man kandidiert in New York oder Kalifornien. New Jersey ist jedenfalls sicher nicht reizvoll. Also nimmt er die Ernennung des Präsidenten gerne an, und in spätestens einem Jahr wird er versuchen, das Außenamt oder das Verteidigungsministerium zu ergattern. Bei dieser Karriere wird seine Partei gar nicht anders können, als ihn finden Job des Vizepräsidenten zu nominieren. Wer weiß … vielleicht greift er auch gleich nach dem Präsidentenamt.«
Für Rapp klang das durchaus einleuchtend. »Was ist mit dem kleinen Kerl, der für ihn arbeitet?«
»Jonathan Gordon.«
»Ja.«
»Ein cleverer Bursche. Ross ist oft ziemlich impulsiv und setzt sich Dinge in den Kopf, die vielleicht unausgegoren sind.
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