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Der feine Unterschied

Titel: Der feine Unterschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philpp Lahm
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sehe den Gips. Unter dem Gips noch immer dieser diffuse Schmerz.
    Und die Frage: Wird das klappen? Reichen die drei Wochen, die wir noch haben, damit der Arm wieder in Ordnung ist? Kann ich dann gleich wieder Fußball spielen? Gut Fußball spielen?
    Es dauert eine Viertelstunde, bis ich mich zwinge, wieder so was wie Zuversicht zu schöpfen. Dann sortiere ich mit Roman, was jetzt zu tun ist. So haben wir es immer gemacht, so machen wir es auch diesmal.
    Die Hauptfrage lautet: Wie groß sind meine Chancen, an der WM teilzunehmen, und was muss ich anstellen, um sie zu nutzen?
    Schnell ist mir klar: Ich muss möglichst viel Zeit mit der Mannschaft verbringen. Keine taktische Trainingseinheit versäumen. Die Luft atmen, die das Team atmet. Sobald ich die nötigsten Dinge für die Stabilisierung meines Arms erledigt habe, werde ich nach Sardinien zur Mannschaft fliegen. Meine Spe-zialtrainingseinheiten werden mich nicht daran hindern, Teil der Mannschaft zu bleiben. Niemand soll auf die Idee kommen, dass ich der Deutschen Nationalmannschaft nicht zur Verfügung stehe: nicht einmal ich selbst.
    Als wenig später meine Eltern und meine Schwester auf Besuch nach Bogenhausen kommen, sind sie überrascht: keine Spur vom zutiefst enttäuschten Philipp, den sie erwartet haben. Ich bin selbst erstaunt, dass ich es bin, der meine Eltern tröstet, weil sie sich solche Sorgen um mich gemacht haben. Spätestens in diesem Moment ist mir klar, dass mich nur eine Naturkatastrophe daran hindern wird, mit zwei gesunden Beinen an der WM teilzunehmen. Die nächsten drei Wochen werden ein Kampf, aber ich habe diesen Kampf schon angenommen.
    Im Spital geben sich Kamerateams die Tür in die Hand. Jeder will wissen, wie es mir geht. Ich sage: Ich werde die WM spielen.
    Aus Sardinien ruft Klinsmann an. Er sagt, dass er den Platz für mich bereithält, notfalls bis zehn Minuten vor dem Eröffnungsspiel. Tut gut, das zu hören. Ich sage: Ich komme, Trainer.
    Zwei Tage verbringe ich zu Hause. In München treffe ich einen Spezialisten für Armschienen und bestelle bei ihm eine bewegliche Manschette für meinen linken Arm. Die Schiene wird mit vier Klettverschlüssen am Arm befestigt, sie soll den Arm gegen Schläge und Stürze schützen und verhindern, dass ich den Arm zu heftig beuge oder strecke und so den heilenden Muskel erneut verletze.
    Dann fliege ich nach Sardinien. Am dritten Tag nach der Operation beginne ich mit dem Gips am Arm wieder Runden zu drehen. Während die Mannschaft ganz normal trainiert, versuche ich mich mit einem langweiligen Soloprogramm fit zu halten.
    Der Gips ist unangenehm, sperrig und schwer. Vor allem verändert er meinen Laufstil. Während ich alles tue, um in Form zu bleiben, denke ich permanent darüber nach, was ich tun kann, um im Spiel meinen Arm zu schützen. Was passiert, wenn ich wieder auf den Arm falle? Wie muss ich den Arm halten, damit nichts passieren kann?
    Die Intensität dieser Gedanken werde ich noch Jahre später spüren, wenn mir auffallt, dass ich den linken Arm unterbewusst noch immer in Schutzposition trage, sobald ich Stangen umkurven muss oder in Zweikämpfe gehe.
    Ich beginne Falltraining zu machen. Mit dem Gips lasse ich mich schubsen und rolle dann so über die Schulter ab, dass dem Arm nichts passiert. Ganz wohl ist mir zwar nicht bei diesen Übungen, aber wenn ich nicht einmal im Training auf dem Rasen herumkugeln kann, dann ist ein Spiel sowieso undenkbar.
    Ich lasse mir vom Mannschaftsarzt den Gips abnehmen und die Schiene montieren. Schon besser. Fremd, aber um Welten besser als der Gips.
    Vorsichtig steige ich wieder ins Training ein. Bei den ersten Einheiten mit der Mannschaft umwickle ich die Schiene noch mit Tüchern und Stoff, um mehr Schutz zu haben. Mein Gefühl wird von Tag zu Tag besser, aber noch immer traue ich mich nicht voll ins Training zurück. Ein scharfer Ball, den ich auf den Arm bekomme, ein Rempler beim Zweikampftraining, und ich bin wieder in der Klinik. Nein, danke.
    Die Zeit vergeht schnell. Die Mannschaft trainiert gut. Die Stimmung ist prima, das große Trainerteam hat eine gute Hand für die Atmosphäre, in der sich die Mannschaft auf das einmalige Ereignis einstimmt. Eine WM im eigenen Land, das gibt es nur einmal im Leben eines Fußballprofis.
    Von Tag zu Tag werde ich selbstbewusster. Neun Tage vor dem Eröffnungsspiel steige ich wieder voll ins Mannschaftstraining ein. Es könnte tatsächlich gehen.
    Aber ein neues Problem verunsichert mich. Wir haben bei

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