Der ferne Spiegel
nur ein dünnes Hemd und lebte während seiner sechs alljährlichen »Fastenzeiten« von jeweils vierzig Tagen nur von Wasser und Kohlblättern. Er zog Schüler an und wurde berühmt, ließ sich zum Papst Zölestin V. wählen, trat dann aber in bitterer Reue und einem für das Papsttum einzigartigen Schritt von seinem hohen Amt zurück und widmete sich erneut der Selbstkasteiung und der Suche nach Gott. Der nach ihm benannte Orden wuchs beständig in der Gunst der Könige und Päpste, er war vom Zehnten befreit und hatte das Recht, ernstlich reumütigen Personen, die an kirchlichen Feiertagen in den Konvent kamen, Ablaß zu gewähren. [Ref 357]
Es gibt keine Hinweise darauf, daß Coucy die Zölestiner regelmäßig besuchte, und noch weniger dafür, daß er ein von seinem Gewissen geplagter Mann war. Wahrscheinlich spiegelt seine Wahl weniger ein angstvolles Gewissen als vielmehr die Ansicht wider, daß das Asketentum der Zölestiner dem Stifter noch am ehesten die ewige Seligkeit sichern konnte.
Die Schenkungsurkunde ist mit dem 26. April 1390 datiert und beginnt mit der charakteristischen Selbstsicherheit der Coucys: »Da die Pilgerfahrt und die irdischen und weltlichen Güter dieses vergänglichen Lebens denen anbefohlen sein sollten, die am besten in der Lage sind, sie zu betreuen und sie zu verwalten für Gott, der uns diese Dinge geliehen hat«, und um ewiger Gebete für sich selbst, für seine jetzige Frau, für seine Ahnen und Nachfolger, für alle Ritter und Damen des Ordens der Krone willen stiftet und gründet der Sire de Coucy dieses Kloster für zwölf Mönche des Zölestinerordens
auf seinem Grund und Boden in Villeneuve am Ufer der Aisne nahe Soissons.
Coucy übertrug dem Kloster ein Jahreseinkommen von 400 Pfund, das durch eine Vielzahl gesetzlicher Sicherungsklauseln garantiert war. Für den Fall, daß das Einkommen zu irgendeiner Zeit unter der festgesetzten Höhe von 400 Pfund bleiben sollte, bestimmte er genau die Quellen, aus denen die fehlenden Beträge kommen sollten, so daß die Mönche »die besagten Einkünfte friedlich und ohne Zwang zur Verpfändung an uns oder unsere Nachkommen« erhalten können. In allen späteren Streitfragen sollen die Mönche »unseren Rat, unseren Beistand und unsere Hilfe und die unserer Justizbeamten, Ratgeber und Diener haben, als ob der Streit unser eigener wäre«. Wie man sieht, hatten entweder die Mönche einen guten Rechtsbeistand, der sie in dieser Sache beriet, oder Coucy selbst unternahm all diese Versuche, künftige Schwierigkeiten im vorhinein auszuschließen. [Ref 358]
Diese Klostergründung blieb auch in den folgenden Jahren ein wichtiges Unternehmen für ihn. Als die Gebäude nach einem gewissen Zeitraum noch nicht fertiggestellt waren, fügte er dem Jahreseinkommen 200 weitere Pfund hinzu, damit die Bauarbeiten beendet werden konnten. Später übertrug er an die Zölestiner noch einen schönen, großen Wohnsitz in Soissons, der der »Bruderschaft« der Bogenschützen gehörte, so daß die Mönche eine schützende Bleibe in Kriegszeiten hatten und so das klösterliche Leben fortsetzen konnten, das, nach einer weiteren Schenkung zu urteilen, immer komfortabler geriet. Als Coucy erfuhr, daß die Mönche nicht genug Wein hatten – ihre Vorgänger waren noch ganz ohne ausgekommen –, bot er ihnen eine Gelegenheit, einen für den Jahresbedarf ausreichenden Weinberg zu kaufen. Da er es aber versäumte, die Urkunde darüber vor seinem Tode zu unterzeichnen, wurde der Weinberg zu einem der Streitpunkte in einem Prozeß zwischen dem Kloster und seinen Erben.
Die Edelsten des Königreiches versammelten sich zur Kreuzfahrt gegen die Berberei. Sie wurden unterstützt durch Ritter aus Hainault und Flandern und sogar durch eine englische Gruppe unter der Führung von John Beaufort, dem Bastard-Sohn des Herzogs
von Lancaster; er war Earl von Somerset und der Ahnherr der Tudorlinie. Der Constable Clisson blieb zurück, um den Schutz des Landes zu gewährleisten und um seinem Rivalen, dem Herzog von Burgund, nicht freie Hand zu lassen. Ansonsten umfaßte die Gruppe neben Coucy und Bourbon alle großen Namen: Admiral de Vienne; Graf d’Eu, der seine Bekanntheit dem Ansehen seiner Familie schuldete; Jean d’Harcourt VII.; Philippe de Bar, Bruder von Coucys Schwiegersohn; Geoffrey Boucicaut, Bruder des berühmten Jean; Yvain, ein Bastardsohn des Grafen von Foix, und außerdem einen bemerkenswerten Gasconen, der Soudic de la Trau genannt wurde, »einer der
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