Der Feuer-Dämon
was der Fahrer nicht tat.
»Sie wollen zur Engelsburg, Padre?«
»Nein, nur in die Nähe.«
»Ah ja.«
»Warum fragen Sie?«
»Nur so.«
Sie hatten bereits die Nähe des Tibers erreicht. Links von ihnen lag der Monte Gianicolo mit seinen gepflegten Grünanlagen und den Spazierwegen. Der Fluss strömte träge dahin, hin und wieder überspannten ihn einige Brücken.
In Höhe der Militär-Akademie verdichtete sich der Verkehr. Die Engelsburg lag nicht mehr weit entfernt. Sie mussten nur noch über den rechten Tiberbogen fahren und gerieten, wie üblich, in einen der zahlreichen römischen Staus.
Der Fahrer stieß die Luft aus. Er war einer der wenigen Fahrer, die den Motor abstellten.
»Jetzt heißt es warten.«
Der Fahrer schaute seinen Gast mit einem Blick an, der Justus nicht gefallen konnte. So lauernd und nachdenklich, und der falsche Priester war plötzlich auf der Hut.
»Haben Sie was? Oder habe ich was an mir?«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Es ist Ihr Blick.«
»Pardon, Monsignore, ich kann nicht anders schauen. Tut mir ehrlich leid.«
»Schon gut«, sagte Siegel. »Aber das ist keine Antwort.«
»Wieso?«
»Sie haben mich angeschaut, als würden Sie mich kennen. Aber ich kenne Sie nicht, und das ist das Problem.«
»Nein, ich kenne Sie nicht«, behauptete der Taxifahrer.
»Sie lügen, Maestro, und genau das ist Ihr Problem. Sie lügen zudem noch schlecht.«
»Heh, was soll das?«
»Man sucht mich, nicht wahr?«
Der Fahrer zuckte zusammen. Das war in der Tat der Fall. Er hatte einen Abzug gekommen. Das Bild darauf stimmte ziemlich genau mit dem seines Fahrgastes überein. »Hören Sie, Monsignore, ich habe...«
»Es gibt keinen Monsignore mehr. Es gibt nur noch die Hölle!«, flüsterte Justus scharf. »Und zwar meine Hölle, wenn Sie verstehen. Ja, das ist meine Hölle.«
Der Mann mit dem Oberlippenbart wollte eine Antwort geben. Zugleich tastete er nach dem roten Knopf, um seinen Gurt zu lösen. Aber nichts tat er mehr, denn er sah, dass sich sein Fahrgast veränderte, und bekam auf schaurige Art und Weise seinen Verdacht bestätigt.
Das Gesicht nahm eine rote Färbung an. Nicht so, als wäre Blut hineingestiegen. Es sah anders aus, und auch die Augen wurden davon nicht verschont. Plötzlich wusste der Mann nicht mehr, wie er sich verhalten sollte. Die Angst schoss wie eine heiße Woge in ihm hoch. Er war nicht mehr in der Lage, sich zu bewegen.
Er ist es!, schoss es ihm durch den Kopf. Er ist der Mann, der gesucht wird. Der falsche Priester!
Dieses Wissen nutzte ihm nichts mehr, denn der Mann neben ihm bewegte seine Hand nach links und fasste den Fahrer in Höhe des Ellbogens an.
Es reichte aus.
Die heiße Woge der Furcht verwandelte sich in einen Schmerz, der alles überschattete. Die Glut schoss in dem Fahrer hoch. Und es war nicht allein die Glut, es war das Feuer, dessen Hitze und grausamer Zerstörung er nicht entwischen konnte.
Er schrie!
Da stand er schon in Flammen. Aus allen Körperteilen strömten sie hervor. Sie ließen auch sein Gesicht nicht aus. Der Mann sah nichts mehr. Er war zu einem Bündel aus Schmerzen geworden, und er bekam auch nicht mit, dass sich die Autos vor ihm in Bewegung setzten.
Die Schreie gellten durch den Fiat, was Justus Siegel nicht besonders störte. Er stieß die Tür auf und huschte aus dem Fahrzeug. Dass er den Rest der Strecke zu Fuß laufen musste, war ihm egal. Auch dass er den Fahrer durch sein Feuer getötet hatte. Nicht egal war ihm, dass man bereits nach ihm suchte, und er nahm sich in diesen Momenten vor, seine Pläne noch schneller und grausamer durchzuführen...
***
Wir hatten den Vatikan problemlos erreicht und hatten uns dort getrennt. Mario Carlesi war mit Claudia Conti in die Kaserne gegangen, um für eine Unterkunft zu sorgen. Wenn er alles gerichtet hatte, wollte er sich wieder melden.
Ich saß mit Father Ignatius zusammen, und wir gingen den Fall noch mal durch. Zwischen uns stand eine Flasche Wasser, die ich bis auf einen Rest allein geleert hatte.
»Du hast wirklich einen Brand gehabt, John.«
»Das kannst du laut sagen.«
»Schön, dass ihr es überstanden habt.« Ignatius sah plötzlich müde aus. »Ich habe mich um diese alte Legende gekümmert, in der es heißt, dass Nero von einem Dämon Unterstützung gehabt hat.«
»Und? Platte er das?«
»Ich weiß es nicht genau. In der Geschichte heißt es, dass eine feurige Gestalt in seiner Nähe gewesen ist und ihn begleitet und auch vor den Flammen beschützt hat.
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