Der Feuer-Dämon
einen doppelten Espresso für die Römerin, die aus ihrem Schockzustand erwacht war und darüber nachdachte, was mit ihr geschehen war. Als Folge dessen zeigte sich bei ihr eine Gänsehaut.
»Was war das?«, flüsterte sie. »Wer war dieser Priester?«
»Ein Betrüger«, sagte Mario.
»Ich war in seiner Gewalt.«
»Sicher, aber das sind sie nicht mehr, Romina.«
»Ich habe ihn nicht einmal gekannt.«
Unsere Getränke wurden gebracht. Der Wirt verteilte das Wasser in vier Gläser, und Romina bekam ihren Espresso. Um den Wirt weiterhin in Ruhe zu lassen, zahlte ich die Rechnung schon jetzt und schaute zu, wie Romina die kleine Tasse ansetzte und sich die heiße Flüssigkeit in die Kehle kippte. Danach schüttelte sie sich, aber sie atmete auch tief durch, und es ging ihr besser.
Claudia war sehr still. Sie trank das Glas leer und goss nach. An ihrem Gesichtsausdruck war zu erkennen, dass sie nicht mit uns sprechen wollte. Sie musste erst das überwinden, was sie erlebt hatte.
Mario Carlesi hielt noch immer das Kreuz fest. Er konnte seinen Blick nicht abwenden. Während sich über uns ein Propeller unter der Decke mit schlaffen Bewegungen drehte, kam er auf das Kreuz sprechen.
Er flüsterte mit heiserer Stimme: »Was ist das für ein Wunderwerk, John? Ich habe so etwas noch nie gesehen und erst recht nicht in der Hand gehalten. Es ist einmalig, nicht wahr. Und wenn ich ehrlich sein soll, dann muss ich sagen, dass es auch eine gewisse Ruhe ausstrahlt. Ja, es wirkt auf mich sehr beruhigend.«
»Das glaube ich Ihnen.«
»Können Sie mehr darüber sagen?«
»Es gehört mir. Ich bin sein Erbe, und ich kann Ihnen sagen, dass es einen sehr weiten und auch interessanten Weg hinter sich hatte, bis es in meinen Besitz gelangte.«
»Ja. Es ist ein Schutz.«
»Genau.«
»Und es ist auch mein Schutz gewesen, oder?«
»Ja, das kann man so sehen. Ohne dieses Kreuz würden Sie wahrscheinlich nicht mehr leben, Mario. Es hat sie vor einem schlimmen Tod bewahrt.«
Er schaute zu Boden und musste hart schlucken. Dann gab er mir das Kreuz zurück, und ich steckte es ein.
»So haben wir noch mal Glück gehabt, und jetzt ist es wichtig, dass wir diesen Justus Siegel finden, bevor er weiteres Unheil anrichten kann. Sein Plan steht fest. Er will sich rächen, und er hat dabei die Schweizer Garde aufs Korn genommen. Und er hat einen Weg gefunden, um sich mit anderen Mächten zu verbünden.«
»Aber nicht mit der Hölle«, flüsterte Mario.
»Nein, er sprach von einem Engel. Von einer Gestalt, die das Feuer kontrolliert. Von einem Feuer-Engel oder besser gesagt von einem Feuer-Dämon.«
»Daran glaube ich nicht.«
»Das denke ich mir.«
»Sie denn, John?«
»Durchaus. Haben Sie das U auf dem Kreuz eingraviert gesehen?«
»Ja, sehr deutlich.«
»Es steht für Uriel, und Uriel ist der Feuer-Engel. Der Beherrscher der Flammen, aber er ist kein Dämon, sodass man annehmen muss, dass es noch eine andere Gestalt gibt, die ihm – sagen wir – möglicherweise gleichwertig ist.«
»Kennen Sie die denn?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, das wäre zu schön. Wir müssen sie erst suchen und finden, und das wird nicht leicht sein. Das ist im Moment unsere einzige Spur.«
»Abgesehen von der Fahndung.«
»Das auch.«
»Und eine Idee, wie Sie diesen Feuer-Dämon stellen können, haben Sie nicht?«
Ich trank einen Schluck Wasser. »Im Moment nicht. Aber wir haben mit Father Ignatius noch ein Eisen im Feuer. Möglicherweise hat er eine Idee.«
»Das ist nur zu hoffen.«
Ein kleineres Problem tat sich auch noch auf. Es ging um die beiden Frauen an unserer Seite, und ich wollte Claudia nicht allein in ihre Wohnung gehen lassen.
Der gleichen Meinung war auch Mario Carlesi. Es blieb dabei, dass sie in der Kaserne der Gardisten und in einem der Gästezimmer zunächst am besten aufgehoben war.
Claudia hatte auch nichts dagegen. In die Wohnung ihrer Großmutter wollte sie auf keinen Fall zurück. Die Erinnerungen waren einfach zu schrecklich.
Romina hatte sich wieder gefangen. Mario sprach mit ihr, während ich Ignatius anrief.
»Oh, ich dachte, ihr wärt schon hier und...«
»Nein, es ist nicht so einfach. Wir mussten noch einen Schluck trinken.«
»Das ist okay. Aber eure Aktion hat sich schon herumgesprochen. Du weißt, dass ich meine Beziehungen überall habe. Die Polizei sucht nach euch. Der Busfahrer muss fast in Panik geraten sein. Er hat angehalten und eine entsprechende Meldung abgegeben.«
»Das ist ganz
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