Der Feuerstein
ihn an. Mein Leibwächter. Wie Lord Hector für Alejandro. Humberto erwidert mein Lächeln.
Unbehagliches leises Raunen geht durch die Menge. Ich
muss meinen Vorschlag schnell vortragen, bevor die Leute aufhören, mir zu vertrauen.
»Ich habe in den letzten Tagen lange darüber nachgedacht, wie wir Invierne schlagen könnten. Aber natürlich ist es unmöglich, sie hier im Bergland zu besiegen. Das können wir nicht und von daher sollten wir es gar nicht erst versuchen. Das bedeutet nicht«, und hier hebe ich die Hand, um dem grollenden Widerspruch zuvorzukommen, der sich bereits regt, »dass wir nicht kämpfen werden. Wir können kämpfen, davon bin ich überzeugt, und das sollten wir auch.«
Meine Worte sind wahr und recht, und die Energie, die durch meine Glieder strömt, lässt mich nun unruhig hin und her gehen. »Aber wir werden sie nicht in einer entscheidenden Schlacht herausfordern. Unser Ziel wird es sein, sie zu zermürben. Sie zu schwächen. Sie zu ängstigen. Wir werden der Geist des Todes sein, der sie nachts heimsucht, die unsichtbare Viper, die ihren Weg kreuzt. Wir werden der Malficio sein, der Fluch ihres Daseins. Ja, sie werden schließlich eine breite Schneise durch unsere Berge schlagen, und sie werden bis zu König Alejandro und den Küstendörfern vordringen. Aber bis ihnen das gelingt, werden sie erschöpft sein von dreifachen Wachen, sie werden hungern, weil ihre Versorgungszüge abgefangen wurden, und sie werden um ihr Leben fürchten, denn sie können nie wissen, wann der Malficio als Nächstes zuschlägt.« Mein Lächeln ist auf boshafte Weise echt, als ich hinzufüge: »Wenn wir sehr schlau und sehr vorsichtig sind, dann glaube ich, dass wir dem König einen großen Vorteil verschaffen könnten. Ich glaube, wir könnten ihm helfen, diesen Krieg zu gewinnen. Aber ohne Helden und ohne ehrenvolles, sinnloses Sterben. Unser Ziel
muss es sein, sie lediglich zu stören – und zu überleben, um wieder zuschlagen zu können.«
Sie nicken einander zu, und leise wird erste Zustimmung geäußert. Fast habe ich sie.
»Wir sind nur fünfzig Leute!«, schreit ein junger Mann. Es ist der schweigsame Jacián, der uns durch die Wüste begleitet hat. »Und so viele von uns sind verwundet. Wenn nicht sogar verkrüppelt. Die meisten sind noch viel zu jung, eine Waffe zu führen.«
»Ja, und gerade die, die nicht kämpfen können, werden nun wichtigere Aufgaben bekommen.« Bei dieser Ankündigung heben viele die Köpfe und sehen mit großen Augen zu mir auf. Plötzlich verstehe ich, dass die Allerkleinsten, die am meisten gelitten haben, meine größten Unterstützer sein könnten. Ich muss sie nur davon überzeugen, dass sie gebraucht werden. »Ich bin sicher, dass einige von euch gut darin sind, Gerüchte zu verbreiten. Ihr werdet in die größeren Dörfer gehen und vom Malficio erzählen, vom Geist der Rache, der sich in den Bergen gegen Invierne erhebt. Natürlich wisst ihr nichts Genaues, aber ihr werdet die Spekulationen anheizen. Es wird nicht lange dauern, bis diese Gerüchte den Feind erreichen. Und dann werdet ihr zurückkehren.
Andere werden Duermakraut pflücken, so viel, wie sich irgendwie finden lässt. Oder Kleidungsstücke fertigen, die denen unseres Feindes gleichen. Es liegt so viel Arbeit vor uns, dass wir jede Hand brauchen, jeden Mund und jeden Kopf.«
Mein Blick gleitet über die Versammlung, und ich versuche, die Reaktionen abzuschätzen. Die meisten sitzen leicht nach vorn gebeugt da, aufmerksam lauschend. Andere haben
die Augen leicht zusammengekniffen und denken über meine Worte nach. Selbst Jacián nickt widerstrebend.
»Da es ja zwei Heere gibt«, ruft Belén, der neben Cosmé sitzt, »müssen sie doch irgendwie miteinander in Kontakt stehen. Wenn wir herausfinden, wie das geschieht, und ihren Nachrichtenfluss unterbrechen könnten …«
»Ja!« Vor Begeisterung mache ich beinahe einen kleinen Sprung. So weit hatte ich noch gar nicht gedacht. »Belén, das sind genau die Überlegungen, die wir jetzt anstellen müssen.«
»Hast du etwas von einer Viper gesagt?« Eine schüchterne weibliche Stimme. Es ist Mara, die junge Frau mit dem eingerissenen Ohr, die mir vor einigen Tagen dafür gedankt hat, dass ich gekommen bin. »Ich weiß, du hast es nicht wörtlich gemeint, aber mein Cousin, der im Dorf Altavilla lebt, hat welche.«
Nickend denke ich über die Möglichkeiten nach, die sich dadurch ergeben. »Gut. Das ist sehr gut.«
Und nun stürmen sie von allen Seiten mit
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