Der Feuerstein
sind. Mara ist offenbar eine ziemlich gute Köchin. Alle anderen sind Kinder, die zwar recht nützliche allgemeine Fertigkeiten beherrschen, aber keine spezielle Ausbildung haben. So viele Menschen, so wenig Kenntnisse. Ich weiß einfach nicht, was ich mit ihnen allen anfangen soll.
Ein stechender Schmerz pocht hinter meinen Augenhöhlen. Ich reibe mir die Nasenwurzel und murmele leise: »Ich brauche mehr Informationen.«
»Über die Leute?«, fragt Cosmé. »Da musst du doch nur fragen.«
»Nein. Über Invierne. Über ihr Heer. Wie nahe könnte jemand an den Feind herankommen, ohne entdeckt zu werden?«
Cosmé lacht leise. »Kommt darauf an, wer es versucht. Ich, Belén oder sogar mein Bruder, wir kämen sicherlich sehr nahe heran.«
»Nahe genug, um sie für einige Tage zu beobachten?«
Cosmé und Belén tauschen einen Blick, auf die entspannte,
vertraute Weise von Menschen, die sich schon sehr lange kennen. »Möglicherweise schon«, sagt Belén. »Hoch oben auf einem Berggrat gibt es eine Höhle. Dort haben wir …« Er sieht kurz zu Boden. »Dort haben wir uns immer gern versteckt, als wir noch jünger waren.«
Falls das stimmt, dann könnte das genau der richtige Ort sein. »Ich bräuchte eine Karte ihres Lagers«, sage ich. »Ich muss wissen, wo sie essen, wo sie schlafen, wie alles organisiert ist. Kommen die Animagi mit den anderen zusammen, oder bleiben sie für sich? Welche Kleidung tragen sie? Wie kommen die Vorräte für die Soldaten über die Berge? Wie …«
»Elisa«, unterbricht mich Cosmé scharf. »Wir tun es einfach. Wir fünf brechen morgen auf.«
»Wir … fünf?«
Sie nickt. »Du, ich, Belén, Jacián, Humberto. Es ist uns gelungen, in der Zeit der Sandstürme die Wüste zu durchqueren. Du würdest es doch nicht riskieren wollen, eine derart von Gott gesegnete Gruppe auseinanderzureißen.«
Und er wurde wie ein Kalb zur Schlachtbank ins Reich der Hexerei geführt. Meine Lippen formen ein schwaches Lächeln. »Eigentlich hatte ich eher daran gedacht, für die … Organisation zuständig zu sein.«
Cosmé schnaubt. »Gönn dir heute Abend etwas Gutes zu essen, Prinzessin. Denn auf unserer Reise morgen wirst du schnell wieder an die Zeiten der Jerboa-Suppe erinnert werden.« Sie steht auf und reckt sich.
Belén berührt meinen Arm. »Elisa, du hast einen scharfen Verstand. Wenn irgendjemand dieses Heer beobachten sollte, dann du.« Sein Lächeln kann den Ernst nicht verbergen,
der in seinem Blick liegt. »Versuch aber bitte, uns nicht zu sehr aufzuhalten.«
Dann gehen sie, um ihre Vorbereitungen zu treffen. Ich sehe ihnen nach, die schweißfeuchten Hände im Schoß, mit einem Gefühl im Magen, als ob sich dort eine Faust zusammenballt. Sie haben natürlich recht. Ich muss das Lager mit eigenen Augen sehen. Es ist ein kleiner Trost, dass ich wahrscheinlich irgendwann meine Aufgabe erfüllen werde, auch wenn ich es vielleicht selbst nicht mehr erfahre. Und ich weiß, dass wir es tun müssen. Es ist der Wille Gottes. Denn vielleicht bin doch ich diejenige, von der in der Prophezeiung die Rede ist, diejenige, die durch die Tore des Feindes tritt.
Aber ich will leben. Ich möchte Ximena wiedersehen. Und Alejandro. Ich würde gern herausfinden, was ich wirklich für meinen Mann fühle.
Während unserer Abwesenheit wird jeder im Dorf etwas zu tun haben. Ein paar Leute werden zu den Besitzungen des Conde reisen und erste Gerüchte über die mysteriösen Malficio verbreiten. Andere bekommen den Auftrag, unser Waffenarsenal aufzustocken und sich mit dem Gebrauch von Schleudern und Bogen vertraut zu machen. Wieder andere werden an allen Stellen, von denen aus man sich unserem Dorf nähern könnte, Gruben ausheben und diese dann mit Zeltstoff überspannen und mit einer dünnen Erdschicht bedecken. Die Allerkleinsten sollen Duermakraut pflücken.
Mir graut vor der Reise. Hitze, schmerzende Füße, kleine, wenig schmackhafte Mahlzeiten. Dieses Mal können wir
nicht einmal Kamele mitnehmen, denn wir müssen so unauffällig wie möglich reisen und daher unser Gepäck also auch noch selbst tragen.
Das ganze Dorf ist versammelt, um uns zu verabschieden. Die Bewohner winken uns zu, als wir die Anhöhe hinaufmarschieren, und ihre strahlenden, hoffnungsvollen Gesichter bilden auf absurde Weise einen scharfen Gegensatz zu den ausgefransten Gewändern und den verbundenen Wunden. Wieder ist es Humberto, der uns führt, schweigsam und ohne ein Lächeln, die Schultern nach vorn geschoben, als
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