Der Feuerthron
bemühte sich, etwas mehr Substanz anzunehmen, und deutete eine knappe Verbeugung an. Die beiden schwarzmagischen Frauen starrten ihn mit großen Augen an.
»Ein toter Runi!«, rief Girdhala entsetzt aus.
»Der Geist eines toten Runi«, korrigierte Reodhendhor sie.
»Wir müssen weiter – nach Gurrland«, erklärte Mera ihr.
»Das habe ich mir gedacht!« Girdhala sah auf einmal erschöpft aus, und aus ihren Augenwinkeln perlten ein paar Tränen. »Ich habe es befürchtet, seit ich euch begegnet bin. Eine Gruppe wie die eure fährt nicht einfach in dieser Gegend spazieren. Ihr habt ein Ziel, und das ist der Feuerthron.«
Mera wollte ihr nicht berichten, dass Reodhendhor der Ansichtwar, sie könne den Kaiser stürzen und dessen Platz einnehmen, bis ein Mittel gefunden war, den Feuerthron zu zerstören. Die Girdanier hatten bereits zu viel mitgemacht, um Verständnis für einen schlichten Machtwechsel auf Gurrland entwickeln zu können. Jeder, der dort herrschte, war ihr Feind.
Da Mera schwieg, übernahm Girdhan es, seiner Schwester zu antworten. »Wir folgen einer alten Prophezeiung, die uns nach Gurrland weist. Seid ihr in der Lage, uns dabei zu helfen?«
»Das könnt ihr nicht tun! Ihr würdet alle umkommen«, platzte Salintah heraus.
»Wenn der Herr des Feuerthrons nicht aufgehalten wird, werden wir sowieso sterben!« Girdhans Stimme klang ungewohnt hart.
Girdhala starrte ihn an und wischte sich über die Stirn. »Du hast recht! Schon bald wird der Kaiser so mächtig sein, dass ihn niemand mehr bedrohen kann. Dann dürften wir nicht mehr in der Lage sein, dieses Versteck zu verlassen, und wie lange wir uns hier werden halten können, wage ich nicht vorherzusagen. Da der Kaiser weiß, dass wir ein schier unauffindbares Versteck besitzen, wird er mit allen Mitteln danach suchen lassen, und wenn es gefunden wird, sind wir entweder Sklaven wie unser restliches Volk – oder tot.«
»Ihr helft uns also!« Mera atmete auf.
Girdhala nickte bedrückt. »Wir haben Freunde unter den Sklaven, die euch helfen können, nach Gurrland zu gelangen. Das muss jedoch rasch geschehen, bevor der Kaiser seine Herrschaft durch weitere magische Mittel festigen kann. Er beginnt, die Leute auch geistig zu versklaven. Das macht sie zu stumpfen Befehlsempfängern, für die Freiheit nicht einmal mehr ein Wort ist, geschweige denn etwas, das sie zu erringen hoffen.«
»Wir können jederzeit aufbrechen«, sagte Mera.
Girdhan stand auf, streckte sich und griff nach seinem Schwert, so als wolle er das Versteck auf der Stelle verlassen. Da trat Girdhala auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. Da sie magischgut geschult war, hatte sie erkannt, dass seine Schwingungen den ihren sehr stark ähnelten.
»Ich will mit dir reden. Es dauert nicht lange.«
»Wenn es sein muss!«, antwortete er abwehrend.
Auf Girdhalas Bitte verließen Mera und Reodhendhor die beiden und gesellten sich zu Hekendialondilan und Careela, die mit Argo spielten. Kip stand daneben und schien nicht so recht zu wissen, ob er mitmachen oder den harten Seemann herauskehren sollte. Er entschied sich schließlich dafür, Fleckchen Gassi zu führen, und verschwand mit ihr in einem Teil des Verstecks, der ihnen dafür zur Verfügung gestellt worden war.
»Wir brechen bald auf«, verkündete Mera den beiden anderen Mädchen.
Careela wurde blass. Sie fürchtete sich vor Gurrland und all dem, was ihnen dort passieren könnte. »Wir sollten Argo hierlassen. Er ist doch noch so klein«, sagte sie.
Mera sah ihr an, dass sie am liebsten ebenfalls hierbleiben würde, doch bevor sie antworten konnte, krähte der Kleine dazwischen. »Argo will mitkommen!«
»Aber ja doch, mein Schätzchen!«, stimmte Careela ihm zu und seufzte, denn natürlich durfte sie den Kleinen nicht im Stich lassen. Der Junge wirkte sehr entschlossen, und seine Augen schleuderten kleine Blitze. Es war, als wüsste er genau, was ihn und seine Freunde auf Gurrland erwartete. Mera und Careela waren sichtlich erleichtert, denn sie hätten nur ungern ein ahnungsloses Kind mitgenommen, auch wenn dieses in der Lage war, sich in einen kleinen Arghan zu verwandeln und magieauflösende Funken zu schleudern.
13
An einer anderen Stelle des Verstecks starr te Girdhala zu Boden, weil sie nicht wusste, wie sie beginnen sollte. Schließlich schaute sie Girdhan ins Gesicht.
»Du musst mein Bruder sein! Das lässt sich nicht verleugnen. Ich erkenne es an deiner Ausstrahlung. Zwar habe ich die magischen
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