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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Zwei-dreimal zuckten die Dornenpfeile so knapp an ihr vorbei, dass sie eine Berührung spürte. Getroffen wurde sie glücklicherweise nicht. Doch dann wurde auch der weiche Moosboden zu ihrem Feind. Er sonderte eine glibbrige Flüssigkeit ab, die wie Leim an ihren Sohlen haftete.
    Für ein paar Augenblicke sah es so aus, als wäre Meras Weg zu Ende. Doch sie riss sich mit einem Wutschrei los und rannte weiter. Die Pfeilbüsche hatten sich inzwischen wieder in Stellung gebracht,und zwei der Dornen trafen sie, einer am linken Unterarm und der andere an der rechten Schulter. Der Schmerz war so stark, dass Mera gellend aufschrie. Sie wollte nach den Dornen greifen und sie herausziehen, erinnerte sich aber noch rechtzeitig an die Männer im Hexenwald, bei denen sich die scharfen Widerhaken tief ins Fleisch gebohrt hatten, und lief einfach weiter.
    Mit einem Mal blieb der Wald hinter ihr zurück und mit ihm auch die Pfeilbüsche. Einige der Bäume am Waldsaum versuchten noch, sie mit langen, tentakelartigen Zweigen zu packen, doch Mera schlüpfte unter ihnen hindurch und war fürs Erste in Sicherheit.
    Vor ihr erstreckte sich eine Hügelkette, die vom Wald aus nicht zu sehen gewesen war. Weiß leuchtendes Gras und leicht golden schimmernde Felsen überzogen die Hänge. In der Deckung einer Felsnase, die beinahe so groß war wie der »Blaue Fisch«, ließ Mera sich zu Boden sinken und schnappte erst einmal nach Luft. Als sie sich den Schweiß von der Stirn wischte, sah sie auf ihren Händen den Widerschein des blauen Feuers, das aus ihren Augen schlug. Auch das wenige aus ihren Wunden austretende Blut schimmerte blau, und sie begriff, dass ihre magischen Fähigkeiten es ihr ermöglicht hatten, dem mörderisch gewordenen Wald zu entkommen.
    Die Frage war nur, wer den Wald so verändert hatte? Erneut bedauerte sie es, so wenig über die Welt der Magier und Hexen zu wissen. Allerdings bezweifelte sie, dass ihre Fähigkeiten ausreichen würden, sich gegen jemanden zu behaupten, der einem ganzen Hexenwald seinen Willen aufzwingen konnte.

3
    Nachdem der Wal d eben noch wie ein lebendiges Wesen getobt hatte, war es jetzt gespenstisch still geworden. Aber Meras Gefühl sagte ihr, es sei die Ruhe vor dem Sturm, und ihr Herz zog sich bei dem Gedanken an das zusammen, was noch auf sie zukommen würde. Sie fror, obwohl die Sonne wieder warm vom Himmel schien, und sie hatte Durst. Das Plätschern einer Quelle in ihrer Nähe lockte sie schließlich aus ihrem Versteck. Sie schlich vorsichtig in ihre Richtung und nutzte dabei jede Deckung. Einerseits war ihr klar, dass sie den Gegner, auf den sie und ihre Freunde hier getroffen waren, damit nicht beirren konnte; andererseits mussten ihre Fähigkeiten auch in dieser Situation zu etwas nütze sein, denn sie war immer noch auf freiem Fuß.
    Die Quelle entsprang einer steilen Wand und lief von dort in Richtung Wald. Mera probierte das Wasser vorsichtig. Es schmeckte gut und erfrischte. Erleichtert trank sie sich satt und ließ auch Timpo trinken, der sich unter ihr Hemd verkrochen hatte. Dann sah sie sich ihren verletzten Arm an. Er blutete nicht mehr, und ihr war, als säße der Pfeildorn nicht mehr ganz so tief im Fleisch. Als sie genauer hinschaute, stellte sie fest, dass das Geschoss langsam aus der Wunde gedrückt wurde, ohne dass sich die Widerhaken spreizen und im Fleisch festsetzen konnten. Das musste auch etwas mit ihren Fähigkeiten zu tun haben, dachte sie mit einer gewissen Erleichterung. Obwohl sie ihre Schulter nicht sehen konnte, spürte sie, dass der Dorn auch dort aus ihr herauswuchs.
    Mera blies die Luft aus den Lungen und dankte der Blauen Göttin für diese Gabe. Dann sah sie sich um, und als sie niemand entdeckte, stieg sie den nächstgelegenen Hügel hoch. Obwohl um sie herum alles ruhig blieb, war sie innerlich so angespannt wie eine Bogensehne. Irgendwo, das fühlte sie, lauerte der unbekannte Feind darauf, sie in eine Falle zu locken.
    Entgegen ihrer Erwartung erreichte sie den Gipfel und konnte sich umsehen. Das Eiland, auf dem sie gelandet waren, war so klein, dass man es bequem zu Fuß umrunden konnte. Sie und ihre Freunde hatten es nur deshalb für größer gehalten, weil es direkt vor einer viel größeren Landmasse lag. Die Küste des Landes, auf das sie hinüberschauen konnte, erstreckte sich von Nordosten nach Südwesten, ohne dass Mera trotz ihres erhöhten Standpunkts ein Ende erkennen konnte.
    Ein weißes, magisches Leuchten ging von der großen Insel aus,

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