Der Finanzer
der Reisende wirklich eine Persönlichkeit von höchstem Rang gewesen
wäre. Solche Anerkennung tat wohl und munterte zur treuesten Pflichterfüllung auf.
Kap. 4
Was seit Monaten in Bregenz gerüchtweise im Umlauf gewesen, hatte Bestätigung gefunden zu Schrecken der
Weinwirte und Mosthändler. Bislang war die allgemeine Verzehrungssteuer von Wein und Most aus Wein und Obst in der Weise
verpachtet gewesen, daß ein Generalpächter die vom Ärar für den Stadtbezirk Bregenz angesetzte Summe
zahlte und sich bezüglich der von den Steuerpflichtigen zu erlegenden Teilsummen mit den Parteien abfand.
Nun kam aber der Bregenzer Finanzwachkommissär auf Grund genauer Erhebungen und Berechnungen für Einfuhr und
Verbrauch von Wein und Obst seitens der Wirte und sonstigen Verkäufer zu der Überzeugung, daß die Pachtsumme
in einem Mißverhältnis zum Konsum stehe, und daher wurde bei der Oberbehörde der Antrag auf Erhöhung
jener Generalsumme aus der Verzehrungssteuer gestellt und angenommen. Die Folge davon war, daß der Pächter
verhalten wurde, eine höhere Summe an das Finanzärar zu bezahlen. Das konnte und wollte jedoch der Pächter
nicht; er trat von der Pachtung zurück, um sich mit den Steuerpflichtigen nicht zu sehr zu verfeinden, was bei
schärferem Anziehen der Steuerschraube unvermeidlich erscheinen mußte.
Der Rücktritt des Pächters hatte die Folge, daß die Finanzverwaltung die erhöhte Verzehrungssteuer
selbst erheben mußte, und zwar durch die Finanzwache für den Innendienst.
Dieser Modus der Einhebung hatte die Weinwirte in Aufregung gebracht, denn nun ist jeder Weinschenker gehalten, jedes
Weinquantum, das im Umkreise einer halben Stunde von seinem Keller- und Schanklokale eingebracht wird, vor der Einkellerung
anzumelden und beim Anzapfen jedes Weinfasses zu versteuern. Und über die Einkellerung, Versteuerung und Auskellerung
bzw. Ausschank müssen Revisionsbogen geführt werden, deren Kontrollierung zu jeder Tages- und, wenn es nötig
befunden, auch zur Nachtzeit der Finanzwache obliegt.
Diese Kontrolle ist für die Betroffenen ebenso lästig wie für die Organe der Finanzwache, doch für die
genaue Erhebung der Verzehrungssteuer unerläßlich; sie rückt außerdem die Gefahr einer Aufdeckung von
Steuerhinterziehungen nahe, da das Ausschanksquantum immer mit der Quantumsziffer des Faßinhaltes im Revisionsbogen
stimmen muß, und eine Differenz schon eine Steuerhinterziehung bedeutet. Es ist sonach die Steuereinhebung in eigener
Regie der Finanzverwaltung von einschneidender Wirkung, eingreifend in die Verhältnisse der Wirte und in den Weinverkauf
im kleinen. Der neue Modus trat zum bestimmten Termin in Kraft und brachte eine völlige Umwälzung im
Verzehrungssteuerwesen mit sich. Die Finanzwache für diesen Innendienst bekam Arbeit in Fülle, denn kontrolliert
ein Finanzwachmann am Vormittag, muß ein zweiter am Nachmittag dessen Eintrag im Revisionsbogen und den Faßinhalt
abermals revidieren. Der geringste Verdacht einer Absicht zur Steuerhinterziehung genügt, um auch noch eine dritte
Kontrolle an einem Tage vorzunehmen.
Es läßt sich denken, wie die Steuerpflichtigen diese Umwälzung aufnahmen, aber Kontrolle muß der
Ärar haben, es geht nicht anders.
Bei Wüsteler wirkte die amtliche Mitteilung der Regiesteuereinhebung geradezu niederschmetternd. Just ihm hatte das
nur gefehlt, daß die Finanzer in seinem Keller aus- und eingehen, und daß die Gücksler Stammgäste
werden.
Stundenlang saß er mit dem Nachbar Merkle in der Wohnstube oben zu Rate, und der Fall wurde nach allen Richtungen
hin durchbesprochen, bis sie ein befriedigendes Resultat fanden, über welches strengstes Stillschweigen beiderseits
gelobt wurde. Um die Zeit der Erhebung der Verzehrungssteuer im Regiewege kam Lergetbohrer von Buchs nach Bregenz zurück
und wurde zu seiner Überraschung dem Innendienst zugeteilt. Diese Versetzung erfolgte gewissermaßen aus
Gründen der Anerkennung, und der Kommissär erhofft sich von diesem tüchtigen Finanzer nun im Innendienst
ähnliche Resultate, wie sie die Dienstleistung Antons in Buchs im Revisionsdienst ergeben hat.
Angenehm ist dieser neue Dienst so wenig wie Streifung zu Wasser und Land, und nur das Pflichtbewußtsein vermag
über die Mißhelligkeiten hinwegzuhelfen.
Lergetbohrer beeilte sich, den ihm verbliebenen dienstfreien Tag zu einem Besuche im Hause Wüstelers
auszunützen; es drängte Anton, die schöne Zenzi zu
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