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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Eindruck.«
    »Führen Sie sie in die Kapelle, ich komme sofort.« Engler kam auf Brackmann zu, blieb vor ihm stehen. »Die ersten,die um Hilfe ersuchen. Ich dachte schon, es kommt gar keiner mehr. Aber ich denke, es werden doch noch die einen oder andern in den nächsten Tagen kommen. Sie werden erwarten, daß ich ihnen helfe. Ich hoffe, die Vandenbergs stehen zu ihrem Wort, was die finanzielle Unterstützung anbelangt. Wissen Sie, die Vandenbergs sind und bleiben die einzigen, die auch in einer solchen Katastrophe helfen können. Richtig helfen, wenn Sie verstehen. Wir sehen uns dann morgen.«
    Brackmann ging durch die Kapelle, wo die Menschen auf Hilfe oder Beistand warteten. Ihre Gesichter drückten Leid und Erwartung aus. Brackmann sagte nichts, nickte ihnen nur zu. Hier war Engler gefordert. Er watete durch einen Sumpf voll Morast, und er hatte keine Ahnung, wie tief dieser Sumpf sein würde, ob er nicht vielleicht sogar darin versank.

Kapitel 31
    Sie hatten geschuftet wie lange nicht mehr. Einige waren kraftlos zusammengebrochen, nachdem sie über viele Stunden hinweg Trümmer, umgestürzte Autos, Bäume, Dächer, Zäune, Steine, Äste und anderes, was vom Sturm herumgewirbelt oder ausgerissen worden war, weggetragen hatten. Manch einer hätte gerne noch mehr getan, wäre da nicht diese Barriere in seinem Körper gewesen, die verhinderte, daß er mehr tat, als seine Kräfte zuließen.
    Auch die Merkels und die Oberts arbeiteten bis zum Nachmittag. Waldstein glich einer Stadt, auf die ein Bombenhagel niedergeprasselt war. Das sich eigentlich Einprägende in den ersten Stunden nach der Katastrophe waren aber nicht so sehr das von Ruinen geprägte Stadtbild als die vielen zum Teil Schwerverletzten, ihr schmerzvolles Stöhnen, ihre Schreie; Verletzte, die unter Holz, unter Steinen,manchmal auch unter Autos oder Bäumen, ganzen Wänden oder Schutt begraben waren, und für deren Rettung die letzten Kraftreserven mobilisiert wurden. Der Anblick manch einer der gräßlich zugerichteten Verletzten oder Toten würde sich bei vielen der Helfer für den Rest ihres Lebens in die Erinnerung eingemeißelt haben. Irgendwann kam bei jedem der unermüdlich Schuftenden der Punkt, an dem die Schuhe mit Schlamm gefüllt zu sein schienen, an dem die Knie immer öfter nachgaben, die Arme selbst bei der geringsten Anstrengung zitterten, die Augen alles nur noch verschwommen wahrnahmen.
    Obert, Merkel, Ernst und Andy waren nur vier von vielen Helfern.
    »Mein Gott«, stöhnte Merkel, »für mich ist der Zeitpunkt gekommen, wo ich lieber nach Hause gehen sollte. Sonst könnt ihr gleich noch einen ins Krankenhaus bringen.« Er hatte sich keuchend auf einen aus dem Boden gerissenen, auf dem Bürgersteig liegenden Hydranten gesetzt, die Haltung leicht gekrümmt, die Hände ineinander verkrampft. Andy saß auf dem Boden, etwa drei Meter von seinem Vater entfernt. Merkel sah ihn an, dann auf seine Hände, an denen getrockneter Dreck klebte.
    »Kommst du mit?« fragte er Andy nach einer Weile des Schweigens.
    »Weiß nicht«, erwiderte Andy schulterzuckend. »Willst du das denn?«
    »Würde ich dich sonst fragen? Du meine Güte, es tut mir leid wegen gestern abend. Aber laß uns nicht jetzt darüber reden. Ich will nur eines – schlafen. Morgen oder übermorgen besprechen wir alles. Deine Mutter wird bestimmt warten.«
    Obert saß in einiger Entfernung von beiden.
    »Und was ist mit dir?« fragte Merkel und sah Obert an. »Willst du nicht auch endlich zur Ruhe kommen und dichhinlegen?« Merkel stand vom Hydranten auf und ging auf Obert zu. Er sah zu ihm herab und streckte ihm die Hand entgegen. »Frieden?«
    Obert lächelte müde, nahm Merkels Hand und drückte sie. »Klar, Blödmann. Frieden.«
     
    Charlie wachte um kurz vor fünf am Nachmittag auf. Er wachte meist erst am Nachmittag auf, wenn er am Abend zuvor sturzbesoffen ins Bett gefallen war. Üblicherweise wachte er immer von allein auf, doch diesmal riß ihn dröhnender Lärm von der Straße aus dem Schlaf.
    »Welches gottverdammte Arschloch macht mitten in der Nacht einen solchen Höllenlärm?!« fluchte er in sein Kopfkissen. Er lag in der gleichen Stellung in seinem Bett, wie er nachts zuvor hineingefallen war. Sein Schädel brummte, er hatte Mühe, die Augen zu öffnen. Sein Mund war trocken, wie immer, wenn er gesoffen hatte. Seine Blase schmerzte von der Menge Urin, der sich im Laufe der Nacht und des Tages angesammelt hatte. Sein rechter Arm war eingeschlafen, und als er

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