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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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ich noch nie etwas mit ihnen.Wenn sie etwas lesen wollen, dann kommen sie ganz sicher nicht in die Bücherei. Warum fragen Sie nach ihnen?«
    »Nur so. Kein besonderer Grund. Ich dachte nur, ich würde mal jemanden kennenlernen, der Kontakt zu ihnen hat.«
    »Sie sind so reich, mein Gott, die bewegen sich in anderen Kreisen. Auch wenn sie hier wohnen. Aber das sind zwei paar Stiefel.«
    »War ja auch nur eine Frage.«
    Brackmann wartete, bis die Tür hinter Angela Siebeck ins Schloß gefallen war. Die Frau gefiel ihm. Nur, er würde sich nie trauen, es ihr zu zeigen, geschweige denn zu sagen. Dabei hatte er schon lange ein Auge auf sie geworfen, schon seit er seinen Posten angetreten hatte. Kein Wunder, gehörte sie doch zu den wenigen unverheirateten Damen in Waldstein, und unter denen war sie, mit Ausnahme der Hure Görtz, die mit Abstand hübscheste. Aber er war kein Draufgänger, er hatte Scheu, es bei einer Frau wie Angela einfach zu versuchen; er fürchtete, eine Abfuhr erteilt zu bekommen. Also begnügte er sich mit Träumen.
    Er setzte langsam seinen Weg fort; zu Hause würde er ein kühles Bad nehmen, ein Bier trinken, vielleicht auch zwei, den Fernsehapparat einschalten. Der Tag war anstrengend und für die hiesigen Verhältnisse sensationell ereignisreich gewesen. Es war kurz vor halb acht, und von der Sonne zeigten sich nur mehr die letzten roten Umrisse. Die Wolken schimmerten in unzähligen Farben, kein Lufthauch. Kaum ein Vogel, bis auf ein paar Schwalben, die ihre Künste zeigten, aber selbst das wirkte heute eher müde, kein Grashalm, der sich bog. Nicht mehr lange, bis die Dämmerung hereinbrach.
    Charlie und Willy waren die einzigen Gäste bei Toni. Der Platz vor dem Kino lag, im Gegensatz zu sonstigen Tagen, wie ausgestorben. Die Kirchturmglocke schepperte zweimal metallen und zerriß für Augenblicke die unwirkliche Stille.

Kapitel 9
    Dr. Reuter hatte Scherer eine Spritze mit einem kreislaufstärkenden Mittel gegeben. Trotz der auf höchster Stufe laufenden Klimaanlage war Reuter schweißgebadet. Er sah noch einmal auf Scherer, setzte sich hinter seinen Schreibtisch, machte einige Notizen auf der Karteikarte, fühlte ein weiteres Mal Scherers Puls, maß seinen Blutdruck, murmelte 130/95 und legte das Blutdruckmeßgerät auf den Tisch.
    »Mann o Mann, was ist passiert? Und wo bin ich?« brummte Scherer benommen und hielt sich den Kopf.
    »In meiner Praxis.« Reuter schrieb weiter, während er mit Scherer sprach.
    »Und was zur Hölle mach ich hier?«
    »Sie sind bei Toni vom Hocker gefallen und können von Glück sagen, daß Sie noch leben. Manch einer ist dabei schon hopsgegangen.«
    Scherer setzte sich stöhnend auf. »Dann kann ich ja jetzt gehen.«
    »Sicher, aber erst nachdem Sie die hundert Mark bezahlt haben.«
    »Zum Teufel mit Ihnen! Hundert Mark? Wofür?!«
    Reuter ließ sich von Scherers drohender Haltung nicht einschüchtern. »Wofür? Nun, ich bin gerade dabei, Ihre Rechnung zu schreiben, und darauf können Sie alles im Detail lesen. Aber sowenig, wie Sie Autos umsonst reparieren, genausowenig tue ich das bei Menschen. Und da Sie privatversichert sind . . .«
    Scherer quetschte ein paar derbe Flüche durch die Lippen, kramte in seiner Hosentasche, knallte einen Hundertmarkschein auf den Tisch. Als er eine ruckartige Bewegung machte, durchzuckte ein brennender, stechender Schmerz seinen Kopf. »Mein Gott, was ist bloß mit meinem Schädel!«
    »Das ist nicht weiter schlimm. Das ist nur der Alkohol in Verbindung mit der Spritze. Morgen wird das wieder vorbeisein. Gehen Sie langsam nach Hause, legen Sie sich schlafen und essen Sie etwas Leichtes, wenn Sie nicht wollen, daß Sie heute noch kotzen müssen. Und vor allem keinen Alkohol, keine Aufregung, keine Anstrengung. Sie sehen ja, was daraus werden kann.« Reuter unterschrieb die Quittung, reichte sie Scherer. Der knüllte sie mit bösem Blick zusammen und warf sie fluchend auf den Boden.
    »Hundert Mark! Ich hoffe, ich werde nie wieder krank! Bei Ihnen kommt man ja ins Armenhaus!«
    »Und ich hoffe, mein Wagen geht nie kaputt. Auf Wiedersehen.«
    Wieder allein, lehnte Reuter sich in seinem Sessel zurück und schloß die Augen.
Was für ein Tag! Was für ein gottverdammter Scheißtag!
dachte er. Er hatte Durst. Auf Bier, auf Whisky, auf Cognac, irgend etwas, das seine Schwermut vertreiben half.
     
    »Scherer ist zusammengebrochen!« Esther Pickard kam mit von Hitze und Aufregung geröteten Wangen ins Haus gestürmt und stellte die

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