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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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»Tornados? Sie wissen, wo sie hier sind?! Wir leben hier nicht im mittleren Westen der USA; hier ist kein Tornadogebiet! Vergessen Sie’s!«
    »Schwüle, extreme Hitze, wir hatten heute mit vierzig Grad Celsius den heißesten Tag in Oberfranken, seit es Wetteraufzeichnungen gibt, und das bei einer Luftfeuchtigkeit von achtzig Prozent. Die sich aufeinanderzubewegenden Fronten, Mammatuswolken . . . ich will hier nicht ein Weltuntergangsszenario zeichnen, aber seien wir realistisch, die Möglichkeit besteht!«
    »Ach, kommen Sie«, sagte Anders und winkte ab, sein Kollege unterbrach ihn.
    »In den Staaten würden sie bei diesen Fakten sofort Himmel und Hölle in Bewegung setzen, damit die Menschen gewarnt würden. Sicher, nicht alle Vorboten, die auf einen Tornado schließen lassen, führen auch zu einem. Aber was, wenn zumindest die Möglichkeit besteht und wir nicht alles getan haben, um unserer Informationspflicht nachzukommen? Aber bitte, Sie sind der Chef.«
    »Und wie soll das aussehen?« fragte Anders kühl.
    »Radio, Fernsehen, auch wenn jetzt wohl nicht mehr viele fernsehen werden, tja, und vielleicht direkt über die Polizei die Bevölkerung warnen . . .«
    Anders lachte auf. »Entschuldigen Sie, aber finden Sie nicht, daß wir da ein bißchen zu weit gehen?«
    »Es ist Ihre Entscheidung.«
    Das neueste Satellitenbild wurde soeben durchgefunkt, das Wetterradar zeigte eine besorgniserregende Entwicklung.
    »Münchberg, Helmbrechts, Schauenstein, Waldstein . . .«, murmelte Anders nachdenklich. »Hier könnte etwas passieren. Was sollen wir bloß tun?« Er gab sich selbst die Antwort: »Geben Sie Meldungen an alle Radiostationen heraus. Aber nichts von Tornado, nur eine Unwetterwarnung mit der möglichen Bildung von Windhosen. Tornado hört sich gleich so gefährlich an. Dann informieren wir sämtliche größeren Polizeistationen und Rettungsdienste, damit sie für alle Eventualitäten gerüstet sind. Auf geht’s!«
    Sie rechneten mit einer, maximal anderthalb Stunden, bis die ersten Ausläufer der Unwetter das potentielle Einzugsgebiet erreicht haben würden. Ob aus den kilometerhohen Gewittertürmen auch tatsächlich außergewöhnlich heftige Unwetter entstanden, vermochte natürlich niemand mit Bestimmtheit vorherzusagen, aber die Möglichkeit bestandimmerhin. Nur in Waldstein war niemand zu erreichen.
    »Wenn dieses verdammte Kaff wenigstens etwas näher bei uns liegen würde!« schimpfte Dr. Anders.
    »Versuch’s noch mal beim Bürgermeister.«
    Sie versuchten es eine halbe Stunde ununterbrochen im Polizeirevier, bei der Feuerwehr und beim Bürgermeister, bis endlich der Hörer abgenommen wurde.
    »Phillips!« meldete er sich mit schneidender Stimme, ungehalten wegen der späten Störung.
    »Bürgermeister Phillips?«
    »Ja, und?! Wissen Sie eigentlich, wie spät es ist?«
    »Bürgermeister, ich bin Dr. Anders vom Wetteramt in Nürnberg. Wir müssen eine Unwetterwarnung für Waldstein herausgeben.«
    »Na und, wen interessiert das?! Holen Sie mich etwa deswegen aus meinem Bett? Außerdem, warum wenden Sie sich nicht an die Polizei oder die Feuerwehr? Soll ich Ihnen vielleicht die Telefonnummern geben?«
    »Dort meldet sich niemand, deswegen rufen wir ja Sie an! Hören Sie, es ist kein Spaß. Wir beobachten eine besorgniserregende Entwicklung, bei der es sogar zur Ausbildung von, nun, wie soll ich es sagen, Tornados oder, wie man es hier nennt, Windhosen . . .«
    »Sind Sie wahnsinnig?!« unterbrach ihn Phillips. »Sie holen mich wegen so einem Quatsch aus dem Bett?! Tornados, hier! Außerdem, ich kann mich erinnern, vor zwei Jahren hatten wir doch schon mal so ein ähnliches Spiel, von wegen Orkan und so weiter. War ein ganz schöner Reinfall, nicht? Also, ich schlage vor, wir vergessen das Ganze!« Er machte eine kurze Pause, schaute aus dem Fenster und meinte: »Übrigens, Sie sollten mal herkommen und selbst sehen, bis auf ein leichtes Wetterleuchten kann ich nichts Ungewöhnliches bemerken . . .«
    »Bürgermeister, wir sind selbstverständlich nicht sicher. Natürlich kann es wieder nur ein Windei sein, aber darauf würde ich mich nicht verlassen. Es geht schließlich um das Wohl Ihrer Bürger!«
    »Soll ich jetzt vielleicht alle Einwohner meiner Stadt wekken? Was, wenn es ein Windei ist? Und ich verwette meinen Arsch, es ist eines!«
    »Was, wenn es keines ist? Setzen Sie sich bitte mit ihrer Polizei in Verbindung . . .«
    »Wir kennen das doch! Sie haben eine Unwetterwarnung herausgegeben, wir

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