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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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als Engler plötzlich verstummte und keine Anstalten machte, weiterzureden, lehnte er sich vor und sah Engler sehr direkt ins Gesicht. »War das alles? Sie haben mich doch nicht wegen dem bißchen hierher bestellt! Also, Herr Pfarrer, bitte! Verraten Sie mir doch zum Beispiel, warum Maria Olsengeschwiegen hat. Woher wußte sie denn überhaupt, daß in dem Teppich dieser Höllerich lag, und was für mich noch viel wichtiger ist, woher kannte sie ihn? Und wenn sie ihn kannte und auch erkannte, dann hätte sie doch nur zur Polizei gehen und Meldung zu machen brauchen! Warum also hat sie’s nicht getan? Seien Sie mir nicht böse, aber die Geschichte hört sich zu glatt an, zu einstudiert – fast wie ein drittklassiger Kriminalroman. Tut mir leid, aber ich kann nicht anders,
ich glaube sie nicht.
Außerdem – ich habe doch vorhin im Auto schon ein bißchen von Csilla und Sarah Vandenberg berichtet und daß Csilla von Höllerich ein Kind erwartete, und außerdem fällt immer wieder der Name Vandenberg. Dazu haben Sie mir nichts zu sagen?«
    Engler zeigte keine Reaktion auf Brackmanns unverblümte Anschuldigung, er habe erneut die Unwahrheit gesagt oder die Wahrheit verschwiegen oder beschönigt, er spreizte die Finger, legte die Fingerspitzen aufeinander und sagte kühl: »Ich weiß nicht, woher sie Höllerich kannte, sie hat es mir nicht erzählt. Aber irgendwer hatte sie in der Hand . . .«
    Brackmann stand auf, steckte die Hände in die Hosentaschen, sagte erregt: »Irgendwer, irgendwer! Herrgott noch mal, ich brauche Namen! Ihnen gegenüber hat sie doch auch nicht von
irgendwem
gesprochen, sondern hat konkrete Namen genannt, oder?! Nennen Sie mir nur einen, damit ich einen Ansatzpunkt habe. Hat sie Ihnen gegenüber den Namen Vandenberg erwähnt?«
    »Sie hat keine Namen genannt«, antwortete Engler roboterhaft. »Maria Olsen war keine Denunziantin, sie hätte sich eher die Zunge abgebissen, bevor sie ohne konkrete Beweise jemanden eines Kapitalverbrechens beschuldigt hätte.«
    Brackmann rollte mit den Augen, setzte sich wieder, ließ sich zurückfallen. »O Scheiße! Was für eine Scheißgeschichtewollen Sie mir da bloß auftischen? Aber gut, wenn Sie nicht wollen, ich schätze, ich werde auch ohne Ihre Hilfe zurechtkommen, auch wenn ich von einem Geistlichen etwas mehr Unterstützung erwartet hätte!«
    »Sie haben Maria Olsen nicht so gut gekannt wie ich. Sie war eine Frau, die sehr auf ihren Ruf bedacht war. Haben Sie schon einmal ihre Wohnung gesehen?«
    »Natürlich habe ich das!«
    »Gut, dann wissen Sie, was für eine ordentliche Frau sie war. Kein Staubkrümel, weder in der Wohnung noch im Geschäft, noch auf ihrer Kleidung. Aber da waren Staubkrümel auf ihrer Seele. Und es gab jemanden, der davon wußte.« Engler machte eine Pause, trank sein Glas leer; er drehte es zwischen den Fingern und atmete schwer.
    Brackmann zog die Schachtel Zigaretten aus seiner Brusttasche, zündete sich eine an. »Was für Staubkrümel?«
    »Maria Olsen hat vor ziemlich genau sechsundzwanzig Jahren für fast ein ganzes Jahr die Stadt verlassen. Damals sagte sie allen, die es interessierte, sie würde eine Auslandsreise machen. Wir glaubten es natürlich, was sonst sollte eine Maria Olsen schon machen?! Aber sie ist nicht ins Ausland gefahren, wie sie uns allen weisgemacht hatte, sie ist nur bis Nürnberg gekommen. Maria Olsen war nämlich schwanger, und Nürnberg der Ort, wo sie die Schwangerschaft durchstehen und zu Ende bringen wollte. Mein Gott, die gute Frau! Irgendwann, zu irgendeiner Zeit muß es passiert sein, mit irgendeinem Fremden. Sie war doch, als ihr Mann starb, noch eine junge, attraktive Frau! Der Fremde war längst wieder weg, als sie von ihrer Schwangerschaft erfuhr. Und gerade für eine Frau wie sie muß es eine unüberwindbare Hürde gewesen sein, in einem erzkonservativen Nest wie Waldstein ein uneheliches Kind zur Welt zu bringen. Das hätte sich nun wahrhaftig nicht mit ihrer Vorstellung von einem ehrbaren Leben vertragen.Nicht mit ihrer und auch nicht mit der einiger anderer sogenannter ehrenwerter Bürger! Also brachte sie das Kind in Nürnberg zur Welt und gab es dort auch gleich zur Adoption frei. Aber manche Menschen haben einfach Pech. Der Arzt, der das Kind holte, kannte leider auch andere Leute aus Waldstein. Als er hörte, woher Maria Olsen kam, fielen ihm natürlich sofort diese Leute ein. Und manche Ärzte nehmen es mit der Schweigepflicht nicht so genau. Also, Sie können sich denken, wie die

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