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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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nach vorn kam. Auch Mrs. Poleridge hatte die klagende Mädchenstimme gehört und kam mit zurückgeschobenem Bonnet, den eben gebrauchten Kochlöffel noch in der Hand, auf den Vorbau heraus, um zu sehen, wer da gesprochen.
    »Jesus!« hauchte der junge Bursche und konnte den Blick nicht von dem bleichen, zu ihm aufgehobenen Gesicht abwenden.
    »Ein weißes Mädchen«, rief da Mrs. Poleridge erstaunt, »und allein hier bei Nacht und Nebel in einem Kanu. Aber so helft ihr doch ins Boot, Jack! Steht der Mann nicht da, als ob er den Gebrauch seiner Glieder verloren hätte und nicht bis drei zählen könnte?«
Jack sah die Frau seines Kapitäns an. - Ein weißes Mädchen? Aber war sie denn nicht weiß? Hatte er sie nicht selber dafür gehalten? Und dadurch war vielleicht Rettung für die Unglückliche möglich; hatte er erst einmal der alten Dame Teilnahme für sie geweckt, konnte vielleicht noch alles gut werden. Ihm selber freilich schwindelte der Kopf, wenn er an alles das dachte, was die Unglückliche hier hinausgetrieben und zur Flucht gezwungen haben konnte, aber derlei Gedanken trieb er zurück - die sollten ihm jetzt das Herz nicht schwer machen. Rasch streckte er dem Mädchen die Hand entgegen, die sie zitternd erfaßte, hob die Arme zu sich herauf, bis sie aufrecht im Kanu stand, und half ihr dann herein ins feste Boot.
    »Aber nun, um Gottes willen, Kind, sagen Sie mir, was Sie hier mitten in der Nacht allein auf den Strom getrieben hat?« fragte die würdige alte Dame, indem sie den Arm der Fremden ergriff und sie in den inneren Raum führte. »Mein Kind, Sie sind ja ganz naß von der feuchten Nachtluft«, rief sie bestürzt, indem sie die Hand, mit der sie das Mädchen gehalten, an ihrer Schürze abtrocknete, »und können sich ja auf den Tod erkälten. Solch ein zartes Figürchen. Ja, wenn sich unsereins die Nacht durch auf dem Wasser herumtreibt, so hat das eben nicht viel zu sagen, aber solch ein Kind noch, wie Sie sind! Doch ich schwatze da und schwatze in einem fort, und Sie stehen hier im Freien und zittern am ganzen Leib. Da bitte, setzen Sie sich und warten Sie - erst will ich Ihnen einmal eine Tasse heißen Tee machen; der tut gut und wird Sie bald wieder ein bißchen durchwärmen.«
    Das junge Mädchen hatte der alten, würdigen Dame mit bebenden Gliedern gegenübergestanden. Sie fühlte, daß sie hier fälschlicherweise für etwas gehalten wurde, was sie nicht war, und sie zitterte vor dem Augenblick, wo ihre wahre Abstammung entdeckt werden mußte, aber sie wagte es nicht, ein Wort darüber zu sagen - ja, sie vermochte es nicht einmal. Die Zunge klebte ihr vor Angst am Gaumen, und halb ohnmächtig sank sie auf den für sie hingeschobenen Stuhl. Der alte Poleridge hatte am Anfang allerdings Lust gehabt, ebenfalls in seine kleine Kajüte - ein einfacher Bretterverschlag, im Vorderteil des Boots hergerichtet - zu treten; war er doch selber neugierig geworden, zu hören, was es für eine Bewandtnis mit der Fremden habe. Da er aber sah, daß sich seine Alte derselben so annahm und seine Gegenwart überhaupt für jetzt noch an Deck notwendig war, kehrte er, schon am Eingang, wieder um und stieg nach oben, vor allen Dingen erst einmal zu sehen, ob der am Steuer stehende Bill auch das richtige Fahrwasser halte.
    Die Leute standen indes an Deck zusammen und unterhielten sich über das rätselhafte Erscheinen des jungen Mädchens. Daß sie mit dem Kanu vom Ufer abgekommen war, hatten sie alle da oben gesehen; was in aller Welt konnte sie aber zu einer solchen Fahrt bewogen haben? War sie ihren Eltern davongelaufen? Und wo gehörte sie überhaupt hin? Der Alte schüttelte selber den Kopf, meinte aber, als sie ihn danach fragten, seine Alte würde das schon alles in Ordnung bringen und sie sollten für jetzt nur noch eine Weile in der Nähe von ihren Rudern bleiben, wenn sie vielleicht noch einmal gebraucht würden. Jack, der hier allein hätte Auskunft geben können, saß still und regungslos, den Kopf in beide Hände gestützt, gleich über dem Eingang der Kajüte. Was sollte er tun? Der Frau alles sagen oder die Entwicklung dem Schicksal anheimgeben? Und hätte der Alte die Unglückliche an Bord behalten, wenn er erfuhr, daß sie eine Sklavin sei? Hatte ihn nicht die Frau selber erst heute noch gewarnt, sich, um Gottes willen nicht in solche Sachen zu mengen, die, wenn entdeckt, die schlimmsten Folgen haben könnten - und würde sie sich jetzt einer solchen Gefahr eines Niggers wegen ausgesetzt haben?
    Er

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