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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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noch auf dem niederen Vorbau und wartete auf das Zeichen, das ihm der Alte geben sollte.
    Dieser hatte die Stelle nicht außer acht gelassen, wo er das verfolgende Boot wußte - jetzt trieben sie in etwa hundert Schritt daran vorüber. Jetzt! » flüsterte er zu dem ungeduldig darauf harrenden Jack hinab. »Halte nur das Flatboot genau zwischen dir und der Insel, und mach so wenig Geräusch wie möglich.«
    Die Warnung war unnötig. Jack wußte schon selber ganz genau, was er zu tun hatte, und seine Büchse in der einen, das Ruder in der andern Hand sprang er in das Kanu - die Frau warf vorn das dünne Tau los und in den Bug hinein, und mit einem leise geflüsterten »Lebt wohl« drehte der scharfe Bug vom Boot ab und in den Strom hinaus. Vollkommen geräuschlos setzte dabei der junge Bootsmann sein kurzes, leichtes Ruder ein, nur dann und wann den Kopf über die Schulter wendend, um die rechte Höhe mit dem Boot zu halten. Kein Wort wurde zwischen den beiden gewechselt. Jetzt mußten sie vor allen Dingen die Verfolger von ihrer Fährte bringen, und Gott würde dann schon weiterhelfen.
    Das ging auch vortrefflich. Mr. Hoof hielt sein Boot soviel als möglich zwischen der Insel und dem Flatboot und konnte dabei den ganzen Strom recht gut übersehen, die Stelle allein ausgenommen, die hinter dem letzteren lag. Dicht zur Insel hatte das letzte hohe Wasser aber eine Menge Holz, ganze Stämme und an diese wieder einzelne Äste angeschwemmt, und um nicht mit den langen Riemen darin hängenzubleiben oder gar aufzulaufen, mußte er gerade vom Land abhalten. Dadurch aber kam das Flatboot ein Stück voraus, und der eine Negertreiber, der schon lange gedrängt hatte, daß sie nicht so weit von dem Boot abbleiben, sondern sich dicht dahinterhalten sollten, was ihnen die Bootleute gar nicht verwehren konnten, entdeckte plötzlich, schon eine tüchtige Strecke entfernt, das flüchtige Kanu.
    Wenige Worte genügten, den Steuernden darauf aufmerksam zu machen. »Ruder scharf ein, meine Burschen! » schrie Mr. Hoof, als er den Bug seines Boots herumwarf, um die Verfolgung aufzunehmen.
    Der Alte an Bord hatte die Bewegung natürlich gleich gesehen und die Ursache vermutet. Dem Kanu durfte er dabei auch kein Zeichen geben, daß es entdeckt sei, um späteren Folgen vorzubeugen, aber mit dem Boot konnte er sich unterhalten, darin lag nichts Sträfliches.
    »Hallo, Sir!« rief er deshalb nach diesem hinüber, und zwar viel lauter, als nötig gewesen wäre, ein noch einmal so weit entferntes anzuschreien. »Wohin soll denn jetzt die Reise so eilig gehen? - Ich dachte, Sie wollten uns begleiten.«
    » Bestie! » murmelte der Aufseher zwischen den Zähnen hindurch, lachte dann aber ingrimmig vor sich hin. »Es hilft dir doch nichts, mein Bursche, die Dirne ist mein, ehe sie nur in Rufnähe vom Ufer kommt. Wacker, Jungen, wacker, legt euch in die Riemen, und ich gebe jedem von euch fünf Dollar aus meiner Tasche, wenn wir das Mädchen sicher wieder an Bord haben.«
    Die Leute bedurften keiner weiteren Ermahnung, mit besten Kräften legten sie sich in die Ruder, und das leichte, trefflich gebaute Boot schoß schäumend über die Flut. Aber auch Jack hatte das laute Reden an Bord gehört, und wenn er das, was dort im Schatten der Insel vorging, auch noch nicht sehen konnte, erriet er doch leicht die Ursache.
    »Jetzt nimm das Ruder, Kind«, rief er dem still im Boot kauernden Mädchen zu, »und wenn du noch imstande bist, deine Arme zu gebrauchen, so hilf, soviel du kannst, den Schuften zu entgehen. Hab aber keine Angst, Herz«, setzte er fröhlichen Muts hinzu, »wenn sie uns auch wirklich einholen sollten, haben sie uns deshalb noch immer nicht. Ich bin nun einmal mit dir ausgelaufen und will dich retten, oder - wir gehen eben zusammen, wenn's sein muß. Nur den Burschen da drüben überlaß ich dich nicht, darauf darfst du rechnen.«
    Das Mädchen erwiderte kein Wort - wenn ihre Arme auch schmerzten, griff sie das Ruder, dem Befehl gehorsam, auf, und daß sie es zu gebrauchen wußte, hatte sie schon vorher bewiesen. Das Kanu tanzte auch nur so über das Wasser hin, und näher kamen sie dem dunklen Waldstreifen, der sich vor ihnen am gar nicht mehr so fernen Ufer hindehnte. - Aber näher kam auch das Boot, und Jack, als er den Kopf mit einem leise gemurmelten Fluch zurückdrehte, konnte sich nicht verhehlen, daß ein Zusammenstoß mit den Feinden, ehe sie das Land erreichten, fast unvermeidlich sei. Allerdings hatte er seine Büchse neben

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