Der Flatbootmann
niedertreibend, während das Boot schäumend heranschoß. Die Büchse hob sich langsam der untergehende Mond schien hell auf das blitzende Korn - Jack wußte, daß von dem sicheren Schuß sein Leben abhing, und als er den Kopf des Aufsehers mit Korn und Visier auf kaum zehn Schritt mehr in einer Linie hatte, drückte er ab.
Ein gellender Aufschrei dröhnte mit dem Schuß zusammen, Jack aber, die Büchse ins Kanu werfend, hatte im Nu das Ruder aufgegriffen, ihr Bug flog herum, scharf ab von dem verfolgenden Boot, und wich, als dieses einmal im Gang heranflog, mit Blitzesschnelle zur Seite aus. Aber auch das Boot änderte seine Richtung, denn der zu Tode getroffene Aufseher war auf das Steuerruder zurückgestürzt, dieses zu Starbord hinüberdrückend. Dadurch wandte sich jetzt dessen Bug stromauf. Die Neger aber, die keine Ahnung gehabt, daß der weiße Mann seine Drohung so furchtbar rasch erfüllen würde, ja, die vielleicht nicht einmal geglaubt, daß er ein Gewehr bei sich führe, ließen erschreckt die Ruder fallen und sprangen auf, um ihrem gestrengen Herrn beizustehen. Mr. Hoofs Regiment hatte aber ein Ende. Die sichere Kugel des jungen Bootsmanns war, nur etwas zu tief, durch seine Stirn gefahren. Er lebte zwar noch, aber nur, um wilde, unartikulierte Schreie auszustoßen und mit den Armen jählings um sich her zu werfen. Nach dem Schuß war er im Boot emporgesprungen und wäre über Bord gefallen, hätte ihn nicht einer seiner Leute gefaßt und gehalten. Dadurch aber, und während er mit seinem zuckenden Körper das Steuer zur Seite drückte, kam auch die ganze Bootsmannschaft in Unordnung, und Jack war nicht der Mann, die ihm solcherart gegönnte Zeit unbenutzt verstreichen zu lassen.
Keinen Jubelschrei stieß er aus über den geglückten Schuß, keinen Blick warf er zurück auf das jetzt von ihm abgewandte Boot. Mit neuer Hoffnung, aber freilich auch dem unbehaglichen Gefühl, ein abgeschossenes Gewehr im Kanu zu haben, legte er sich mit aller Macht in sein Ruder und arbeitete dem Land entgegen. Im Boot entdeckten sie jetzt allerdings die Flucht des schon so sicher geglaubten Kanus, aber ehe sie ihre Ruder wieder aufgreifen konnten, hatte das schon einen tüchtigen Vorsprung gewonnen, und dicht am Land mit der Strömung hin glitten die Geretteten.
Gerettet? Lieber Gott, noch lagen vielleicht schlimmere Gefahren für sie im Hintergrund, als selbst der jähe Tod im Strom gewesen wäre; aber diesem ersten waren sie doch entgangen. Der schlimmste Feind, den sie im Land hatten, war unschädlich gemacht, und allem anderen sah der junge Bursche mit leichtem, fröhlichem Herzen keck entgegen.
Wohl folgte jetzt das Boot; die Neger hatten den Körper des Sterbenden, dem sie doch keine Hilfe bringen konnten, auf den Boden des Boots gelegt und nahmen die Verfolgung wieder auf. Aber es war kein rechter Ernst mehr darin. Was konnten sie auch, Sklaven miteinander, gegen den Weißen machen? Durften sie sich an ihm vergreifen, und stand nicht Todesstrafe für irgendeinen von ihnen darauf, der Hand an einen der bevorzugten, freien Kaste legte? Allerdings hatte der Mann eine Sklavin gestohlen, und vielleicht hätten sie die Gerichte freigesprochen - aber nur vielleicht. Sie wußten es nicht genau, und dann war auch der erste Schuß mit solcher Sicherheit gefallen und hatte sich sein Opfer so furchtbar schnell aus ihrer Mitte herausgeholt - sollten sie der Waffe noch einmal trotzen? Und weshalb?
Die beiden Negertreiber, während sie nichtsdestoweniger so rasch sie konnten hinter dem Kanu dreinruderten, überlegten sich das alles leise miteinander - aber im freien Wasser konnten sie die Flüchtlinge nicht mehr überholen. Um den Wipfel eines in den Strom gestürzten Baumes biegend, war es plötzlich ihren Blicken entschwunden, und als sie dicht davor das Wasser mit ihren Rudern zurückdrängten und vorragende Äste faßten, um sich dort festzuhalten, hatte ein überragender Baum die beiden schon in seinen Schutz genommen.
In dem Boot befanden sich noch, außer dem erschossenen Aufseher, vier Neger - die beiden Negertreiber, Mulatten, und zwei der zuverlässigen Sklaven, die Mr. Hoof für seinen Dienst ausgewählt. Ohne weißen Befehlshaber durften sie aber selber nichts eigenmächtig unternehmen, ja wären sie selbst auf der nächsten Plantage angelaufen, so waren sie der Gefahr ausgesetzt, als entflohene Sklaven aufgegriffen und zurückgehalten zu werden. Nichtsdestoweniger hielten es die beiden Negertreiber für ihre
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