Der Fledermausmann
aufgefrischt, während sie dastanden und ganz offensichtlich nicht wußten, was sie sagen sollten.
»Ein verdammt ungleiches Paar«, sagte Harry.
»Ja«, erwiderte Birgitta, »die sind glücklich.«
Ein Windwirbel schüttelte einen Baum im Park, und Harry glaubte zu sehen, wie ein haariges Etwas blitzschnell in Deckung ging.
»Was machen wir jetzt?« fragte Harry.
»Du kommst mit zu mir nach Hause.«
»Ja«, sagte Harry.
17 Tote Fliegen, Rückzahlung
und ein Köder
B irgitta steckte Harry eine Zigarette in den Mund und zündete sie an.
»Genehmigt«, sagte sie.
Harry tastete seinen Körper ab. Er fühlte sich ganz gut. Dann zog er die Decke hoch.
»Schämst du dich?« lachte Birgitta.
»Ich mag nur deinen lüsternen Blick nicht«, parierte Harry. »Du willst das vielleicht nicht wahrhaben, aber ich bin wirklich keine Maschine.«
»Nein?« Birgitta knabberte an seiner Unterlippe. »Du hättest mich fast von etwas anderem überzeugt, dieser Stempel . . .«
»So so, mußt du ausgerechnet jetzt, wo das Leben so wunderschön ist, so vulgär werden, Liebste?«
Sie schmiegte sich an ihn und legte ihren Kopf auf seinen Brustkorb.
»Du hast mir den Rest der Geschichte versprochen«, flüsterte sie.
»Ja, natürlich.« Harry atmete tief durch. »Laß mich mal nachdenken. Das Ganze fing so an. In der achten Klasse hatten wir in der Parallelklasse eine Neue. Sie hieß Kristin, und es dauerte nur drei Wochen, bis sie und mein bester Freund, Terje – der hatte die weißesten Zähne der ganzen Schule und spielte in einer Band Gitarre – ganz offiziell und anerkannt miteinander gingen. Das Problem war bloß, daß sie das Mädchen war, auf das ich mein ganzes Leben gewartet hatte.«
Er hielt inne.
»Was hast du also gemacht?« fragte Birgitta.
»Nichts. Ich habe gewartet. Und galt bald als der Freund von Terje, mit dem man so gut über alles reden konnte. Demsie sich anvertrauen konnte, wenn es zwischen Terje und ihr Probleme gab. Sie ahnte ja gar nicht, daß er sich im stillen darüber freute und nur auf eine Chance wartete, zuzuschlagen.«
Er grinste.
»Mein Gott, wie ich mich selbst haßte.«
»Ich bin zutiefst schockiert«, murmelte Birgitta und strich ihm zärtlich über die Haare.
»Dann wurde unsere ganze Clique an einem Wochenende, an dem Terjes Band einen Auftritt hatte, von einem Kumpel auf den leerstehenden Hof seiner Großeltern eingeladen. Wir tranken selbstgemachten Wein, und spät abends blieben Kristin und ich auf dem Sofa sitzen. Wir redeten und redeten. Nach einer Weile entschlossen wir uns, das große Gebäude genauer zu untersuchen, und gingen auf den Dachboden hinauf. Dort oben befand sich eine verschlossene Tür, doch Kristin fand an einem Nagel den passenden Schlüssel und sperrte auf. Wir legten uns in einem viel zu kurzen Himmelbett nebeneinander auf die Kissen. In den Falten und Senken des Bettzeugs lag eine schwarze Schicht, und ich erschrak, als ich erkannte, daß das alles tote Fliegen waren. Es mußten Tausende gewesen sein. Ich sah ihr Gesicht direkt neben dem meinen, umgeben von toten Fliegen auf einem weißen Kissen. In dem blauweißen Licht des Mondes, der groß und rund durch das Fenster schien, sah ihre Haut fast durchsichtig aus.«
»Bah«, rief Birgitta und warf sich auf ihn. Er schaute sie lange an.
»Wir haben über Gott und die Welt geredet. Und dann lagen wir ganz still nebeneinander und lauschten dem Nichts. Im Laufe der Nacht fuhren vereinzelte Autos draußen auf dem Weg vorbei, und dann huschten Lichter über die Decke, und allerlei merkwürdige Schatten bewegten sich durch den Raum. Zwei Tage später hat Kristin mit Terje Schluß gemacht.«
Er drehte sich von Birgitta weg auf die Seite, und sie schmiegte sich von hinten an ihn.
»Was geschah weiter, Valentino?«
»Kristin und ich haben uns heimlich getroffen. Bis es sich nicht länger geheimhalten ließ.«
»Wie hat Terje reagiert?«
»Nun, manchmal verhalten sich die Menschen wirklich wie im Bilderbuch. Er bat die Freunde in der Clique, sich zu entscheiden: er oder ich. Ich glaube, man konnte von einem erdrutschartigen Sieg reden. Zugunsten desjenigen mit den weißen Zähnen.«
»Das muß grausam gewesen sein. Warst du einsam?«
»Ich weiß nicht, was schlimmer war. Und wer mir mehr leid tat. Terje oder ich.«
»Kristin und du – ihr hattet wenigstens euch.«
»Ja schon, aber irgendwie war ein bißchen von dem Zauber verlorengegangen. Die Traumfrau war jedenfalls verschwunden.«
»Wie
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