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Der Fledermausmann

Der Fledermausmann

Titel: Der Fledermausmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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the glove?«
    Mehrere Arme schossen empor, und Terry winkte sie zu sich. Sie stellten sich hintereinander an einem Tisch auf und wurden gebeten, etwas zu unterschreiben.
    »Was passiert jetzt?« fragte Harry.
    »Das sind junge Leute aus der Gegend, die versuchen wollen, einen von Jim Chivers' Boxern herauszufordern und zu besiegen. Wenn es ihnen gelingt, winkt eine große Prämie und, noch wichtiger, lokale Ehre und Berühmtheit. Jetzt unterschreiben sie eine Erklärung, daß sie gesund und schnell sind und ihnen bewußt ist, daß der Veranstalter jedwede Haftung für eine plötzliche Gesundheitsverschlechterung ablehnt«, erklärte Andrew.
    »Mein Gott, ist das legal?«
    »Mmmh«, Andrew druckste herum, »1971 gab es eine Art Verbot, so daß sie die Form etwas ändern mußten. Aber das ist eine Art von Unterhaltung, die in Australien eine lange Tradition hat, verstehst du. Sie haben seinen Namen geklaut, derwirkliche Jim Chivers war der Leiter eines Boxteams, das nach dem Zweiten Weltkrieg im ganzen Land auf Messen und Jahrmärkten auftrat. Der Kerl war eine Institution. Viele der späteren Meister kamen aus Jimmys Boxteam. Dort gab es immer eine Vielzahl von Nationalitäten: Chinesen, Italiener, Griechen und Aborigines. Die Menschen, die an dem Wettkampf teilnahmen, konnten selber wählen, gegen wen sie boxen wollten. So daß du dir, wenn du zum Beispiel Antisemit warst, einen Juden wählen konntest. Auch wenn die Chance, dann von einem Juden verdroschen zu werden, ziemlich groß war.«
    Harry mußte lächeln. »Verstärkt das nicht noch den Rassismus in einem Volk?«
    Andrew kratzte sich am Kinn.
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Auf jeden Fall ist das eine Möglichkeit, unterdrückte Aggressionen loszuwerden. Die Menschen in Australien sind es gewohnt, mit vielen Rassen und den unterschiedlichsten Kulturen zusammenzuleben, und im großen und ganzen funktioniert das recht gut. Aber irgendwelche Probleme gibt es ja immer. Und dann ist es doch besser, in einem Boxring aufeinander loszugehen als auf offener Straße. Nimm, zum Beispiel, die Kämpfe zwischen den Weißen und den Aborigines. Diese Kämpfe interessieren die Menschen immer am meisten. Ein Aborigine, der es in Jimmys Team zu etwas brachte, konnte unter den Seinen in seinem Dorf schnell zum Helden werden. Er schaffte so etwas wie Zusammenhalt und Ehrgefühl in all der Erniedrigung. Ich glaube nicht, daß die Kluft zwischen den Rassen dadurch tiefer wird. Wenn die weißen Jungs von einem Schwarzen verdroschen werden, dann führt das wohl eher zu Respekt als zu Haß. So gesehen sind die Australier ein sportliches Volk.«
    »Du hörst dich wie ein echter Redneck an.«
    Andrew lachte. »Fast, ich bin ein Ocker. Ein einfacher Mann vom Land.«
    »Das bist du ganz bestimmt nicht.«
    Andrew lachte noch lauter.
    Der erste Kampf begann. Ein gedrungener, rothaariger kleiner Kerl, der seine eigenen Boxhandschuhe und einen privaten Fanclub mitgebracht hatte, kämpfte gegen einen noch kleineren Mann aus dem Team von Chivers.
    »Ire gegen Ire«, sagte Andrew mit dem Blick des Kenners. »Dein sechster Sinn?« fragte Harry.
    »Meine zwei Augen. Rote Haare. Also: Iren. Zähe Kerle, das wird ein langer Kampf werden.«
    »Go-go-Johnny-go!« stimmte der Fanclub an.
    Es gelang ihnen, das zweimal zu rufen, bevor der Kampf vorüber war. Da hatte Johnny drei ordentliche Schläge auf die Nase bekommen und wollte nicht mehr weiterkämpfen.
    »Die Iren sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren«, seufzte Andrew.
    Die Zuschauer wetteten bereits ganz offen, wer den nächsten Kampf gewinnen würde. Sie scharten sich um zwei Männer mit breitkrempigen Hüten, die ganz offensichtlich die Buchmacher waren. Alle schrien durcheinander, während die knitterfreien australischen Dollarnoten den Besitzer wechselten. In rasendem Tempo wurden mündliche Vereinbarungen getroffen, ohne daß irgend etwas notiert wurde, einzig ein Nicken der Buchmacher bestätigte, daß die Wette angenommen worden war.
    »Wie war das wieder mit der Glücksspielverordnung?« brummte Andrew und rief drei, vier Worte, die Harry nicht verstand.
    »Was hast du gemacht?«
    »Ich habe hundert Dollar darauf gesetzt, daß der Boxer von der Mannschaft von Chivers seinen Gegner in weniger als zwei Runden k.o. schlägt.«
    »Das hat doch wohl keiner in dem Gewühl dort vorne mitbekommen?«
    Andrew amüsierte sich im stillen. Anscheinend gefiel ihm seine Rolle als Dozent.
    »Hast du nicht gesehen, daß der Buchmacher mit

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