Der fliegende Brasilianer - Roman
des Däumlings mit dem gewichsten Schnurrbart.
Wieder in der Luft Er weicht einer schwarzen Katze aus, die über den Bürgersteig des Boulevard Saint Michel läuft. Er untersagt, bei Tisch Salzfässer zu benutzen, damit nichts verschüttet werden kann. Er überquert die Rue Monsieur Le Prince, um nicht unter einer Leiter hindurchgehen zu müssen.
In der Kirche Saint Philippe du Roule beschließt er, dass sein nächster Aufstieg am Himmelfahrtstag stattfinden soll.
Er steigt auf. Der Herrgott hat kein Nachsehen.
Ein Wolkenbruch geht nieder, und die Nr. 2 klappt zusammen und verheddert sich in den Bäumen im Park.
Unverletzt rutscht er wie ein begossener Pudel an den Ästen hinunter.
Er hat sich erkältet.
Und beschließt, die Nr. 3 zu bauen.
Tagebuch eines Zimmermädchens Der Herr geht nicht viel aus. Ein Mann mit wenig Freunden. Die Wäsche muss genau richtig gestärkt sein, und er zieht sich selbst an, ohne Hilfe des Butlers. Sparsam mit Gesten, Worten und Ausgaben. Gestattet keine Verschwendung.
Und er hält sich an einen festen Terminkalender.
Dienstags: Abendessen mit Antônio Prado und Gattin.
Donnerstags: mit Pedro Guimarães ausgehen.
Samstags: zu eventuellen Einladungen gehen.
Die übrigen Tage widmet er seiner Arbeit.
Der bevorzugte Freund des Herrn ist Monsieur Pedro. Ein kultivierter Vertreter der brasilianischen Jugend. Er verbringt das halbe Jahr in Paris und die andere Hälfte auf seiner Kaffeefazenda im Nordosten des Staates São Paulo. Er unterhält eine Wohnung in der Avenue Foch, eine Garçonnière in Versailles und eine Dauerreservierung im Crillon in Nizza. Er fährt einen silberschwarzen Daimler. In der Oper hält er sich die Loge 12 und in der Comédie die 16. Die Maîtres der zehn besten Restaurants der Stadt spricht er mit Vornamen an. Er ist in Brasilien verlobt, aber in Paris versagt ihm eine gewisse Madame Lepic nicht ihre Gunst.
Rosarote Presse Wieder ist eine Karikatur mit der Unterschrift Sem in »L’Illustration« erschienen.
Petitsantôs kauft zehn Exemplare und verschickt sie an Freunde.
Er sucht die berühmte Unterschrift auf und trifft auf einen temperamentvollen Bretonen, zehn Jahre älter und doppelt so groß wie er, der wie ein Wasserfall redet.
Der Name, der sich hinter der Unterschrift verbirgt, lautet Goursat, Georges.
Georges sammelt gleichermaßen Verehrer und Anfeindungen. Seine Zeichnungen halten das sorglose elegante Pariser Leben in einer Bilderchronik fest. Aber wenn er den Bleistift gegen das Wort eintauscht, bedeutet dies immer Skandal.
Mit einer Reportage über das Elend der Kinder in Marokko hat er bei Madame de Daumesnil einen Anfall von nervöser Unruhe und das Ende ihres gut besuchten Salons ausgelöst.
Mit einer Reportage über Pariser Stundenhotels hat er bei so manchen Paaren Ehekrach und bei den Duffys deren aufsehenerregende Scheidung ausgelöst.
Goursat, versteht sich, wäscht seine Hände in Unschuld.
Der Bretone drückt jeder Umgebung seinen Stempel auf.
Der Brasilianer verhält sich wie eine Schnecke.
Die beiden werden Freunde.
Zum Glück liebt Paris Schnecken, sagt Goursat immer.
Die unternehmungslustige Schnecke Die Starrköpfigkeit der Mechaniker im Jardin d’Acclimatation wird allmählich hinderlich. Alberto sieht auf den Zeitplan und stellt fest, dass sie mit der Nr. 3 stark im Rückstand sind. Bei jedem Abschnitt des Projektes muss er Stunden und Stunden für Diskussionen opfern. Und die Mechaniker führen die Arbeit erst aus, wenn er droht, das Projekt einer anderen Equipe zu übergeben.
Schließlich macht er die Drohung wahr.
Die Nr. 3 soll auf seinem eigenen Grundstück gebaut werden.
Er kauft ein Areal in Saint-Cloud und entwirft einen Hangar von 30 Meter Länge, sieben Meter Breite und elf Meter Höhe.
Gegen genauso viel Eitelkeit, Voreingenommenheit und Starrsinn wie bei den Mechanikern muss Alberto nun bei den Baumeistern ankämpfen, damit der Hangar nach seinem ursprünglichen Plan fertiggestellt wird.
Im Herbst 1898 kann man zusehen, wie die Nr. 3 zu ihren Probeflügen aus dem Hangar herauskommt.
Sonate für den Eiffelturm Im November verlässt die Nr. 3 den Hangar und schwebt friedlich über den Wolkenhimmel in Richtung Champs de Mars. Der Eiffelturm ist eine Art Achse, und das Luftschiff kreist mehrmals über die Dächer von Passy und die Militärakademie.
Pré-Café Society Das Jahr 1900 beginnt, und »Le Figaro« schreibt:
Petitsantôs führt Cléo de Mérode, der meistbegehrten
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