Der fliegende Brasilianer - Roman
winzige Südamerikaner sei lebensmüde, er wolle in einem Ballon mit Ölmotor aufsteigen. Ein paar besonders aufgebrachte Klubmitglieder versammeln sich an dem Tisch des Mannes, der das größte Interesse an der Zukunft von Explosionsmotoren hat, dem Unternehmer und wichtigsten Erdölimporteur Frankreichs, Henry Deutsch de la Meurthe. Sie verlangen, er solle den Unvernünftigen von seinem Plan abbringen, sonst mache er sich der Beihilfe zum Selbstmord schuldig. Deutsch de la Meurthe, der gerade erst Interesse an der Luftfahrt entwickelt, hat nie daran gedacht, so einen Motor für einen Ballon zu verwenden, aber er bezahlt, weil er sehen will, was daraus wird. Er bleibt kalt.
Die Nr. 1 steigt in Windrichtung auf, stößt gegen die Bäume des Parks und zertrümmert vollkommen.
Während der südamerikanische Sonderling mit zerrissener Kleidung und diversen Schnittwunden am Körper aus den Trümmern geborgen wird, wettert er gegen Lachambre, Machuron und Aimé.
Idioten, schreit der Verrückte. Sie sind schuld, weil Sie mich gezwungen haben, in Windrichtung zu starten. Banausen …
Die Schnittwunden bluten, und sein Gesicht ist von einer dunklen Prellung entstellt. Aber der kleine Mann hört nicht auf, Beleidigungen auszuteilen.
Man bringt ihn ins Krankenhaus, wo ein missgelaunter Arzt den Aufgebrachten beruhigt.
Der fliegende Drachen II Vier Tage später, nachdem die Schäden beseitigt und die Assistenten verstummt sind, steigt die Nr. 1 wieder auf. Lachambre hat noch sagen wollen, er solle nicht zu hoch aufsteigen, aber dann lieber geschwiegen. Aimé hat ihn noch daran erinnern wollen, vorsichtig zu manövrieren, aber den Mund gehalten.
Der unvorsichtige Mensch steigt 400 Meter auf.
Beim Abstieg will die Luftpumpe nicht funktionieren, und die Druckluftkammern bleiben leer. Ergebnis: Die Riesenzigarre klappt zusammen.
Der Unselige fällt wie ein Stein vom Himmel.
Machuron schließt die Augen.
Lachambre senkt den Blick und kaut auf den Nägeln.
Aimé nimmt den Hut ab, bekreuzigt sich und beginnt, für eine neue Stelle zu beten.
Während er fünf Meter in der Sekunde sinkt, fühlt Alberto, wie sich alles in seinem Organismus dreht. Er versucht, klaren Kopf zu behalten und nach einer Lösung zu suchen, aber er kann nichts machen. Bald wird er zerquetscht da unten liegen, auf dem gepflegten Rasen, wo eine Kindergruppe spielt.
Ihm ist übel, und gleichzeitig ist er euphorisch. Er hat Angst.
Er weiß, dass er sterben wird.
Die Kinder hören auf zu spielen und starren auf das Ding, das da herunterkommt.
Sie sind wie gebannt, und keinem kommt es in den Sinn, Schutz zu suchen.
Da hören sie einen Mann aus dem herabsinkenden Ding schreien.
Das Tau, haltet das Tau fest! Zieht gegen den Wind!
Der Älteste läuft los und greift nach dem Tau. Die anderen Kinder machen es ihm nach. Und sie laufen gegen den Wind und ziehen am Tau.
Alberto sinkt nicht mehr, der Ballon ist zu einem Riesendrachen geworden, und die Kinder wissen es. Sie schreien und hüpfen vergnügt und ziehen am Tau.
Zehn Minuten später ist Alberto heil und sicher gelandet.
Die Kinder sind, die Taschen voller Sous, aus dem Park verschwunden und auf dem Weg zu einem Süßigkeitenstand.
Aimé, Lachambre und Machuron atmen tief aus und setzen sich auf den Rasen.
Das Luftschiff Nr. 1 liegt zusammengefallen auf dem Rasen von Bagatelle.
Im Automobil Club Der Roadster Peugeot steht in einer Reihe anderer glänzender Wunder geparkt. Fast alle Mitglieder sind da, denn keiner lässt sich das Klubmittagessen zum Jahresende entgehen.
Politik, Politik, Politik.
Alberto stellt sich taub. Und küsst den Damen die Hand.
Aber natürlich, Madame de Cambremer! Gewiss, Madame de Putbus! Sehr erfreut, Madame de Saint-Loup! Ganz bestimmt, Madame de Bontemps!
Von seinem Tisch aus beobachtet Deutsch de la Meurthe den Handküsser. Wie lange noch wird dieser geschniegelte Knirps es vermeiden, sich auf politische Gespräche einzulassen?
Albertos Stern indessen leuchtet noch immer.
Ein Brasilianer betritt die Szene, Dr. Antônio Prado, ein bedeutender Unternehmer und hervorragender Automobil-Fahrer, bei Spazierfahrten wie auf schwierigen Strecken, ein Liebhaber der empfindlichen italienischen Automobile.
Der letzte Handkuss gilt Madame Prado. Und der geschniegelte Schlauberger setzt sich zu seinen illustren Landsleuten und drückt sich vor Meinungsäußerungen über die Dramen des französischen Lebens.
Deutsch de la Meurthe ist entzückt von der Schläue
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