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Der fliegende Brasilianer - Roman

Der fliegende Brasilianer - Roman

Titel: Der fliegende Brasilianer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edition Diá <Berlin>
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schwindlig. Ehrlich gesagt, schwindlig wird mir nur hier unten.
    Taft und Musselin knistern und rascheln.
    Hier?
    In einem Salon wie diesem mich zu bewegen, umgeben von Geschöpfen, die mich wie in diesem Augenblick mit ihrer Aufmerksamkeit überhäufen, ist weit gefährlicher und komplizierter, als sich dort oben zu bewegen.
    Petitsantôs, Sie erlauben sich einen Scherz, nicht wahr?
    Aída D’Acosta, die sich bis dahin nicht am Gespräch beteiligt hat, gibt sich einen Ruck.
    Monsieur Santos hat recht. Ich stimme dem, was er gerade gesagt hat, voll und ganz zu. Wer in Salons verkehren will, muss den Mut zur Belanglosigkeit haben, zum Fliegen hingegen genügt es, schlicht und einfach Mut zu haben.
    Und die Belanglosigkeit ist tausendmal so tödlich.
    Die Frauen tauschen Blicke. Sie giften das vorlaute Mädchen an.
    Aída hat die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, die sie für sich haben wollten.
    Aber sie wehren ab: Hören Sie, in Salons braucht man keinen Stürmen zu trotzen.
    Es hat noch keiner sein Leben verloren, weil er in einem Salon gegen die Etikette verstoßen hat.
    Nein, Fliegen ist eindeutig gefährlicher. Wie haben Sie es geschafft, allen davonzufliegen, Monsieur? Wie bringen Sie es fertig, sich dort oben mit einer solchen Eleganz zu bewegen?
    Das wie eine Marktverkäuferin aus der Bronx gekleidete Mädchen erwidert:
    Das Geheimnis der Luftschiffe von Monsieur Santos liegt darin, dass sie klein, aus hochwertigem Material gebaut, leichter und widerstandsfähiger sind. Ein Luftschiff muss nicht viel wiegen, um stabil zu sein …
    Die Worte des jungen Mädchens verblüffen Petitsantôs.
    Sie scheinen sich in der Materie auszukennen, Senhorita.
    Ich bin nur wissbegierig.
    Petitsantôs erhebt sich, verbeugt sich vor den anderen Frauen und fragt Aída, ob sie etwas trinken möchte.
    Wie haben Sie das erraten?
    Chronik armer Liebender  Die Getränke werden am anderen Ende des Salons serviert, und die Frauen sehen neidisch und enttäuscht zu, wie die beiden sich dorthin begeben. Sem auf seinem Stuhl schaut dem Paar wohlwollend nach. Er hat gerade eine Karikatur gezeichnet, auf der Alberto, vom Hauptmann Ferber offenkundig bewacht, in der leuchtend roten Nr. 9 über den Frauen schwebt. Der Karikaturist weiß nicht, dass er soeben die Geburtsstunde einer heftigen Rivalität im Bild festgehalten hat.
    Die Kehrseite der Gefühle  Für den Rest des Abends sind die beiden unzertrennlich. Sie unterhalten sich angeregt wie alte Freunde, zum Entsetzen von Hauptmann Ferber, der zweimal versucht, das junge Mädchen in den Salon zu locken. Aída indes scheint kein Verlangen zu haben, Albertos Gesellschaft gegen des Hauptmanns Fähigkeiten als Tänzer einzutauschen. Ihre Unterhaltung ist so interessant, dass sie nicht merken, wie schnell die Zeit vergeht.
    Familienkrach  Gegen vier Uhr morgens sind nur noch wenige Gäste im Salon, und der Hauptmann erreicht endlich, dass Madame D’Acosta die Unterhaltung abbricht.
    Aída, meine Liebe, es ist Zeit, dass wir gehen.
    Petitsantôs wirft einen Blick auf seine Taschenuhr und protestiert, es sei noch sehr früh, obwohl er erschrocken ist, weil der Abend so schnell vergangen ist. Da verändert er sich vollkommen, seine Aufmerksamkeit verschwindet, er schaut mehrfach auf die Uhr und macht Anstalten zu gehen, ohne sich bei den Damen zu entschuldigen. Madame D’Acosta klappert ungehalten mit den Wimpern und erkundigt sich, wer dieser Mann ist, für den ihre Tochter den liebenswürdigen Hauptmann Ferber den ganzen Abend hat stehen lassen.
    Ist das ein berühmter Jockey?
    Ja, Mama. Er reitet den Pegasus.
    Welches Pferd?
    Nein … ein Pferd aus der Mythologie, ein fliegendes Pferd.
    Mythologie, pah! Fliegende Pferde … das Mädchen hat wahrscheinlich Fieber.
    Als er schon an der Haustür ist, scheint Petitsantôs etwas einzufallen, und er kehrt um. Goursat denkt, dass sein Freund etwas vergessen hat, und damit ist er nicht weit von der Wahrheit entfernt.
    Petitsantôs geht auf Aída zu, verbeugt sich und fragt:
    Sie hätten also den Mut, sich von mir in einem Freiballon mitnehmen zu lassen, auch wenn niemand das Schlepptau festhält?
    Nein! Ich will nicht mitgenommen werden! Ich will allein fliegen, selbst lenken, so wie Sie, Monsieur …
    Das sollen Sie, antwortet Alberto und wendet sich dem Ausgang zu. Er geht schnell hinaus, ohne jedes weitere Wort, und lässt das junge Mädchen sprachlos im Salon stehen.
    Hauptmann Ferber kocht offensichtlich vor Wut über das anmaßende

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