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Der fliegende Brasilianer - Roman

Der fliegende Brasilianer - Roman

Titel: Der fliegende Brasilianer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edition Diá <Berlin>
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Verhalten des Erfinders. Madame D’Acosta versucht nervös zu begreifen, was da vor sich geht.
    Aber was bedeutet denn eigentlich, äh … fliegen?
    Aída, fast in Trance, antwortet mit hauchdünner Stimme:
    Fliegen!
    In rasender Nacht  Die ersten Anzeichen, dass der Tag anbricht. Noch herrscht nächtliche Kühle in dem stillen Hangar in Neuilly, aber kurz darauf öffnet sich die riesige Tür, und wir sehen, wie die bauchige Form der Nr. 9 von den Männern hinausgeschoben wird. Alberto wartet vor seinem Auto mit Elektromotor. Als das Luftschiff sein riesiges Gehäuse vollkommen verlassen hat, steigt er in die Gondel.
    Ist der Ballon ordnungsgemäß gefüllt?
    Ja.
    Kann irgendwo Gas entweichen?
    Nein.
    Ist die Vertäuung in ordnungsgemäßem Zustand?
    Ja.
    Ist der Motor in einwandfreiem Zustand?
    Ja.
    Sind die Seilzüge des Ruders frei?
    Ja.
    Sind die Seilzüge des Motors frei?
    Ja.
    Sind die Seilzüge für den Ballast frei?
    Ja.
    Sind die Seilzüge für das Schlepptau frei?
    Ja.
    Ist das Luftschiff ordnungsgemäß mit Ballast versehen?
    Ja.
    Ist das Luftschiff ordnungsgemäß ausbalanciert?
    Ja.
    Leinen los!
    Das noch fast vom frühmorgendlichen Halbdunkel verborgene Luftschiff bewegt sich mit rauem, anhaltendem Geräusch aufwärts, steigt höher und über den Hangar hinaus, wo es sich gegen den nun heller werdenden Himmel abhebt.
    Freiheit ist ein Sport  Das Luftschiff gleitet über den frühmorgendlichen, fast wolkenlosen Himmel, fliegt über die verdunkelten Häuser mit ihren wenigen aufflackernden Lichtern hinweg. Ein Zug schlängelt sich wie ein winziger rasender Tausendfüßler durch die weite Landschaft. Das Pfeifen des Zuges hört sich wie das Signal eines kochenden Wasserkessels an. Der Himmel färbt sich am Horizont rötlich, und die Nr. 9 nähert sich einem flimmernden Juwel: der noch halb schlafenden Stadt Paris.
    Wer eine Geschichte erzählt …  Ich befand mich in einer absurden Situation, erinnerte Aída sich. Ich musste mich unbedingt häufiger mit Alberto treffen, aber Mama bestand darauf, Hauptmann Ferber in jenem Sommer zu meinem Begleiter zu machen. Nicht, dass sie ihn für eine gute Partie für mich gehalten hätte, aber aus irgendeinem Grund war ihr der Hauptmann sympathisch. Als wir das Fest verließen, wollte Mama die Nacht weiter auskosten, obwohl Hauptmann Ferber über mein Verhalten ziemlich verärgert war.
    Ein Pluspunkt  Hauptmann Edmond Ferber dient im Kabinett des Kriegsministers. Dorthin ist er erst kürzlich berufen worden, nicht gerade wegen seiner Fähigkeiten, sondern dank der Vermittlung einer Reihe lukrativer Gefälligkeiten, worin der Hauptmann Meister ist. Mit 40 Jahren, etwas verspätet, hat er plötzlich gesellschaftlichen Ehrgeiz entwickelt. Bis dahin hat er sich auf eine alltägliche Militärkarriere beschränkt, denn er stammt nicht aus einer Familie mit Kasernentradition und hat sich immer gescheut, zu sehr in den Vordergrund zu treten. In dem Augenblick, als er in die nächste Umgebung des Ministers versetzt wird, merkt er, dass er ein paar Abschnitte überspringen muss, um die verlorene Zeit wettzumachen. Eine gute Partie ist die nächste Etappe, und dafür verlässt er sich auf die Sympathie der Madame D’Acosta und die Hoffnung, den Stolz der jungen Millionärin zu brechen.
    An diesem Abend entscheidet er sich für einen typischen Abschluss einer Pariser Nacht. Er führt die beiden Damen auf einen Bummel durch die Hallen zwischen Gemüsehändlern, Straßenverkäufern und den Nanas auf der Jagd nach Freiern. Madame D’Acosta findet alles interessant, sogar die Bouillabaisse, die sie in einem volkstümlichen Restaurant bestellt haben. Aber die Bemühungen des Hauptmanns scheinen nicht Aídas Beifall zu finden, denn sie klagt alle Augenblicke über Müdigkeit und bittet inständig, sie nach Hause zu bringen.
    Blasse Morgensterne  Die Nr. 9 überfliegt jetzt die große erwachende Stadt. Die Lichter brennen noch und leuchten lustlos gegen die energische Helligkeit der langsam aufgehenden Sonne an. Alberto seufzt tief und beobachtet das Treiben derer, die notgedrungen früh aufstehen müssen, um zur Arbeit zu gehen. Der Wind rüttelt leicht am Luftschiff, und unten zeigen die Menschen gestikulierend zum Himmel, als würden sie aus ihrem unbedeutenden, regelmäßigen Leben gerissen.
    Vergnügen nach Zuhältermanier  Aída ist im Haus geblieben, aber Madame D’Acosta ist mit dem Hauptmann weitergefahren, um das schöne Schauspiel des Sonnenaufgangs auf den

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