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Der fliegende Brasilianer - Roman

Der fliegende Brasilianer - Roman

Titel: Der fliegende Brasilianer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edition Diá <Berlin>
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Champs Elysées zu erleben. Die breite Avenue ist im erwartungsvollen Dämmerlicht des Morgengrauens noch fast menschenleer. Nur ein paar Fußgänger eilen über die breiten Bürgersteige. Die beiden schlendern die Avenue hinauf, und die Kalesche rollt langsam nebenher. Licht und Schatten wechseln in märchenhafter Vielfalt, und Madame hüpft bald Ferber voraus, wie ein sorgloses junges Mädchen. Der Hauptmann beobachtet sie und wünscht sich, dass ihre Tochter sich eines Tages so in seiner Gesellschaft verhalten möge. Sonnenstrahlen fallen hier und dort auf die Häuserwände und tauchen den Bürgersteig in goldgelbes Licht. Im Hintergrund beherrscht der Arc de Triomphe in Regenbogenfarben schillernd die Szene mit seiner Pracht.
    Ein dickes Tau, das von irgendetwas Beweglichem herunterhängt, promeniert ebenfalls einsam die Avenue entlang. Es scheint eine für seine Proportionen ungewöhnliche Kraft zu besitzen, denn auf seinem Weg stößt es Mülltonnen und vor den Geschäften aufgestapelte Kartons um, erschreckt streunende Hunde und kommt gefährlich auf das Nachtschwärmerpaar zu, das die Nacht mit dem Spaziergang auf der Avenue noch auszudehnen versucht. Als das Tau schon fast das Paar umschlingt und die Pferde vor der Kalesche scheuen und zu wiehern anfangen, ertönt eine ferne, körperlose Stimme und ruft, begleitet vom heiseren Brummen eines Rieseninsektes:
    Vorsicht, das Tau!
    Ferber hat sich umgedreht, das Ding erblickt, das Kartons mitreißt, schnell reagiert und Madame aus dem Weg gezogen.
    Sie hat nicht einmal Zeit zum Schreien gehabt. Als sie hinaufsieht, erblickt sie ein bauchiges graues Objekt, das sanft über ihrem Kopf schwebt, fast die dunklen Häuser streift und wie manisch fest entschlossen dem Verkehrsstrom in Richtung Arc de Triomphe folgt, wo es eine elegante Runde dreht und, ohne allerdings auf den Boden herunterzusinken, vor dem Haus an der Ecke Rue Washington anhält. Der Anblick ist so überraschend, dass Madame kaum sprechen kann.
    Um Gottes willen, was ist das?
    Das da? Das ist das Luftschiff des Herrn, mit dem Mademoiselle Aída sich die ganze Nacht unterhalten hat.
    Madame D’Acosta stammelt ein paar unverständliche Worte und sinkt feierlich bewusstlos in Hauptmann Ferbers Arme.
    Und die Wahrheit, wie steht’s damit?  So kann es sich durchaus abgespielt haben, sagt Sem Jahre später im Rückblick, und wer sind wir schon, dass wir an der Aussage so illustrer Augenzeugen zweifeln, nicht wahr? Alberto hatte die Angewohnheit, solche Sachen zu machen. Er fuhr oft frühmorgens nach einer durchfeierten Nacht zum Hangar und kam zum Frühstück nach Hause, ohne gegen die Verkehrsregeln zu verstoßen.
    Extravaganter Parvenü  Die Nr. 9 schwankt leicht vor dem zweigeschossigen Haus an der Ecke der Rue Washington. Vom Butler dirigiert, greifen Albertos Hausangestellte nach dem Schlepptau und binden den Ballon an einem Laternenpfosten fest. Wie ein routinierter Seiltänzer steigt Alberto aus der kleinen Gondel auf den Erker eines Fensters, an dem ein Diener ihn erwartet, um Hut, Handschuhe und Spazierstock in Empfang zu nehmen.
    Das Frühstück ist bereits ordentlich aufgetragen, am Tisch sitzt, noch übernächtigt, Goursat und erwartet seinen Freund.
    Alles an diesem Frühstück wäre vollkommen normal, wäre nicht der Hausherr angeflogen gekommen, würde das Frühstück nicht auf einem fast drei Meter hohen Tisch mit entsprechend hohen Stühlen serviert und würde der Diener sich beim Servieren nicht auf Stelzen bewegen und gewandt wie ein Zirkusakrobat das Tablett mit dampfenden Kannen und Croissants auf Tellern balancieren.
    König Edward kommt heute in Paris an. Willst du nicht zur Krönung der Begrüßung aufsteigen?
    Ich?
    Ja, du. Unser Luftfahrer.
    Das würde sich nicht gut machen, und das weißt du.
    Aber Paris führt zur Begrüßung des Gastes alles vor, was es an Neuigkeiten besitzt.
    Davon bin ich überzeugt.
    Und du bist unsere größte Neuigkeit.
    In England würde man so etwas als Angeberei betrachten.
    Ach, die Engländer. Wer nimmt die schon ernst?
    Außerdem habt ihr Franzosen bei dem Empfang heute Vorrang.
    Soll das etwa heißen, du betrachtest dich noch immer als Ausländer?
    Ich bin Brasilianer.
    Das vergesse ich immer.
    Sei nicht böse.
    Ich bin nicht böse … Vielleicht hast du recht, König Edward ist bestimmt mehr an den kleinen Neuigkeiten interessiert.
    An kleinen Neuigkeiten?
    Ja, den neuen Frauen, die zu Diensten stehen, seit er Königin Victoria keine

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