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Der fliegende Brasilianer - Roman

Der fliegende Brasilianer - Roman

Titel: Der fliegende Brasilianer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edition Diá <Berlin>
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Volk und zwei unablässig spielende Kapellen den Helden. Er steigt in zerknitterter Kleidung und verschlafen mit seinem Bruder aus. Sofort werden ihm drei Reden verpasst, aber der Held ist gewitzt und tut nur so, als höre er zu. Dann steigt er, flankiert von Studenten des Instituts Caetano de Campos, in einen Landauer, vor den zwei weiße Pferde gespannt sind.
    Und schon kommt des Weges sie  Der Geleitzug fährt durch die Rua Direita und verbreitet nicht die Karnevalsstimmung des Empfangs in Rio. Die Straße ist voller nüchterner Menschen, die gemessen applaudieren, als Alberto im Landauer vorbeifährt. Damen werfen Blütenblätter von den Erkern, und zwei Kapellen spielen feierliche Musik. Nur die landesweite Plage, die Fahrt durch die fahnengeschmückte Straße ständig mit Reden zu unterbrechen, herrscht auch hier.
    Ratata, ta, ta, ta, ta  Später am Abend erstrahlt der Jardim da Luz mit seinen elektrischen Laternen und den Metallbläsern der Kapelle, die im Pavillon spielt. Das Volk wartet auf den Helden und vergnügt sich so lange bei den Klängen der Musik. Die Kapelle bricht ab, ein zerzauster Mann steigt auf die Bühne und verkündet die Ankunft der Berühmtheit.
    Hoch lebe Santos Dumont!
    Alle lassen ihn hochleben, und sofort ist der Pavillon voller Rednerkandidaten, die zu Wort kommen wollen. Unter den ungeduldigen und temperamentvollen Tribunen kommt ernsthafter Streit auf, aber der zerzauste Mann ruft sie zur Ordnung.
    Ruhig, meine Herren. Ganz ruhig. Bitte in einer Reihe aufstellen!
    Sie stellen sich in einer Reihe auf, und einer der Kandidaten beginnt zu reden. Als Alberto die aufgeregte Schlange von Möchtegernrednern erblickt, nimmt er Reißaus, sein Bruder folgt ihm. Die Menge sieht ihn weglaufen und läuft, Hochrufe schreiend, hinterher. Behände springt Alberto über Blumenbeete und Bänke, wobei er beweist, wie gut trainiert er ist, bis er schließlich den Wagen erreicht. Gleich darauf holt sein Bruder Henrique ihn keuchend ein.
    Weg … weg …
    Aber … aber …
    Ich kann keine Reden mehr ertragen …
    Die Menge umringt den Wagen, aber Alberto nimmt die Zügel selbst in die Hand, treibt die Pferde an und fährt durch die Menge davon.
    Der Wagen entkommt in eine unbelebte Straße, und Alberto wird ruhiger.
    Ich fahre nach Rio zurück.
    Theateralmanach  Stadtpalais des Baron Ataliba Nogueira. Der Tisch ist auf der Terrasse gedeckt, mit Blick auf die Bucht von Botafogo. Draußen singt und tanzt eine volkstümliche Truppe. Alberto sitzt zwischen zwei Damen mit Schnurrbart und sieht sich den ganzen Trubel an, als leide er an Katatonie. Schon bald bildet sich eine lange Reihe von Damen, die ein Autogramm auf der Menukarte haben wollen. Henrique beobachtet besorgt seinen Bruder. Die endlosen Reden beginnen. Bei der ersten Gelegenheit geht Henrique zu ihm.
    Alles in Ordnung?, flüstert er.
    Ja … ich glaube, ich fahre nach Cabangu, antwortet Alberto.
    Wohin?, fragt der Bruder.
    Ja, schmeckt Ihnen das angu ?, erkundigt sich die Gastgeberin, die sich verhört hat.
    Nach Cabangu, wo wir geboren sind, weißt du das nicht mehr?, wiederholt Alberto.
    Ach so, Cabangu!, fällt es dem Bruder ein.
    Mondschein im Sertão  Das schmucklose Landhaus scheint noch in seiner von Minas’ Bergen geschützten grünen Wiege zu schlafen. Auf der geräumigen Terrasse steht Alberto in einer Bekleidung, die ihm das Aussehen eines friedlichen Fazendeiro verleiht, und schaut auf die leuchtende Helligkeit im Tal. Neben ihm Henrique und zwei ehemalige Freunde aus ihrer Kindheit, einfache Arbeiter aus der Nachbarschaft. Alles ist ruhig und friedlich in der Stille, die nur von krähenden Hähnen, Vogelgesang und dem Rascheln des leisen Windes im Laub der Bäume unterbrochen wird.
    Eine Frau bringt ein Tablett mit Kaffee und Maisbrot.
    Oh, Maisbrot, wie lange habe ich das nicht mehr gegessen!
    Die Frau serviert den Kaffee auf einem gedeckten Tisch.
    Ich wette, du hast Maisbrot nie vermisst, Alberto.
    Ja, du hast dir nie viel daraus gemacht.
    Ich habe es gegessen, ihr wisst doch, wie unsere Mutter war. Kinder durften beim Essen nicht wählerisch sein, sie hatten zu essen, was auf dem Tisch stand.
    Alle vier setzen sich fröhlich an den Tisch.
    Ich esse es gern.
    Aber du bist bestimmt was Feineres gewöhnt.
    Croissants!
    Was?
    Eine Art Brot, das die Franzosen lieben.
    Wenn ich ehrlich sein soll, mag ich morgens nach dem Aufstehen gar nichts essen. Am liebsten trinke ich nur eine gute Tasse Kaffee …
    Dann

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