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Der fliegende Brasilianer - Roman

Der fliegende Brasilianer - Roman

Titel: Der fliegende Brasilianer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edition Diá <Berlin>
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frühstücken die Freunde und schweigen gemeinsam, so wie Freunde immer gemeinsam schweigen, wenn sie ein paar Momente des Lebens zusammen verbringen.
    Ein Pferdewagen fährt vor und hält neben der Terrasse.
    Alberto trinkt den letzten Schluck Kaffee und steht auf. Die anderen drei folgen ihm, noch auf dem letzten Stück Maisbrot kauend. Sie steigen alle in den Wagen.
    Eisenherz  Der Wagen steht an einem grasbewachsenen Hang. Nur der Kutscher ist in der Nähe, denn die vier Freunde sind zum Ufer eines kristallklaren Baches hinuntergestiegen, der drunten vorüberfließt. Sie unterhalten sich lachend und tauschen Erinnerungen aus.
    Ja, hier war es … Das hatte ich schon vergessen. Wie lange ist das auch her?
    Oh! Ganz schön lange. 25 Jahre.
    Damals habe ich Alberto immer für leicht verrückt gehalten.
    Bist du jetzt anderer Meinung?
    Na ja …
    Wir sind immer ganz frühmorgens hergekommen.
    Wer hat sich das Spiel damals doch ausgedacht?
    Henrique natürlich, der war der Schlaueste von uns.
    Ich musste immer sehr aufpassen.
    Können Steine fliegen?
    Nein.
    Können Tauben fliegen?
    Ja.
    Können Krokodile fliegen?
    Nein.
    Können Menschen fliegen?
    Äh … ja …
    Die drei lachen los.
    Wenn du Alberto diese Frage stelltest, antwortete er immer ohne zu stottern Ja.
    Irgendwie wusstest du es schon damals, stimmt’s, Alberto?
    So fest daran geglaubt habe ich zwar nicht, aber ich war schon immer sehr hartnäckig.
    Und am Ende hast du bewiesen, dass Menschen tatsächlich fliegen können.
    Was hier in Brasilien nichts Besonderes ist.
    Wieso nicht? Aber natürlich!
    Nein, nein, liebe Freunde. In diesem Land fliegt doch alles auf und davon.
    Wieso?
    Die Lebenshaltungskosten, fliegen die nicht davon?
    Oh doch, und wie.
    Unsere Auslandsverschuldung, fliegt die nicht davon?
    Mein Gott, ja.
    Wahlversprechen der Politiker, fliegen die nicht davon?
    Doch.
    Sie hören mehrere Pferdewagen kommen.
    Wer mag das sein?
    Sie schauen den Hang hinauf und sehen eine Menschenkarawane kommen. Ein kleiner Mann mit Überrock und Schärpe, der Bürgermeister von Barbacena, dirigiert die aus Kaufleuten, Damen, angehenden Lehrerinnen und Jungen aus dem Gymnasium bestehende Delegation. Ein Priester läuft keuchend hinter der Abordnung den Hang hinunter.
    Wir sind entdeckt.
    Hoch lebe Santos Dumont!
    Er lebe hoch.
    Hoch lebe Brasilien!
    Es lebe hoch.
    Ich glaube, ich fahre nach Paris.
    Der unsichtbare Tourist  Zu Hause bei Carlos Rodrigues ist Alberto gereizt. Verständnisvoll versucht Henrique, ihn zu beruhigen.
    Es hilft nichts, so zu reagieren. Die Leute wollen dich sehen.
    Nein, nein und noch mal nein. Ich bleibe bis zur Abfahrt hier.
    Es sind noch zehn Stunden bis zur Abfahrt, Alberto.
    Ausgezeichnet, dann habe ich wenigstens zehn Stunden Ruhe in diesem Land.
    Ist gut, wie du meinst …
    Es klopft.
    Herein.
    Herein kommen Carlos Rodrigues und ein sehr gut gekleideter junger Neger.
    Alberto, entschuldige die Störung, aber …
    Keine Ursache.
    Das hier ist José do Patrocínio junior.
    Angenehm, Senhor Santos Dumont.
    Wie geht es Ihrem Vater?
    Danke, gut.
    Alberto, der junge Mann hier hat den Auftrag, dir das Luftschiff zu zeigen, das José do Patrocínio konstruiert hat.
    Alberto sieht seinen Bruder an und explodiert fast. Aber der junge Patrocínio strahlt unwiderstehliche Freundlichkeit aus.
    Ist gut, dann habe ich wenigstens das Vergnügen, einen großen Brasilianer zu umarmen.
    Luftfahrt-Samba  Die Straßenbahn fährt, wie von einer begeisterten Menge geschoben, die steile Straße hinauf. Von ihren Sitzen winken Alberto, Patrocínio junior, Henrique Dumont und Carlos Rodrigues dem Volk zu. Der Fahrer und der Schaffner verhindern, dass besonders kecke Zuschauer in die Bahn klettern und die Passagiere belästigen.
    Und Sie, interessieren Sie sich auch für Ballons?
    Leider muss ich sagen, dass ich Höhenangst habe.
    Das heißt, Sie würden niemals in einem Ballon aufsteigen?
    Wer weiß, wenn es einmal nötig sein sollte …
    Na schön, das beweist, dass Sie Ihren Stammbaum nicht leugnen.
    Ich bin Künstler, Senhor Santos Dumont …
    Lassen wir die Förmlichkeit, sagen Sie Alberto zu mir.
    Dann sagen Sie bitte auch Zeca zu mir.
    Sie sind also Künstler, Zeca?
    Ja, Alberto. Ich arbeite beim Theater. Und wer hier in Brasilien Theater macht, der steigt sogar in einen brennenden Ballon.
    Hier ist alles schwieriger, was?
    Oh, ja, lieber Freund, antwortet der junge Mann und schickt ein arglistiges, welterfahrenes Lächeln hinterher.

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