Der fliegende Brasilianer - Roman
5000 Kilometer zwischen New York und Pasadena in 49 Tagen mit 68 Zwischenlandungen und 82 effektiven Flugstunden zurücklegt.
Le navire sans pareil Alberto kommt im Januar 1914 in Brasilien an. Er ist fast ruiniert, denn Flugzeuge zu bauen ist billiger als Arztrechnungen zu bezahlen.
Er will für den Rest seines Lebens bleiben, kehrt aber im Juli nach Frankreich zurück.
Während er die Sterne betrachtet, wird der Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajewo, Bosnien, von Gavril Princip erschossen.
Das Österreichisch-Ungarische Kaiserreich fällt in Serbien ein.
Petitsantôs taucht in Paris in einer Warteschlange von Kriegsfreiwilligen auf. Er will als Fahrer an der Front dienen. Das Ärzteteam des Heeres stellt bei ihm Doppelsichtigkeit fest und verweigert ihm die Uniform.
Kurz danach wird er als deutscher Spion verhaftet.
Le petit futeux Alberto bleibt nicht einmal einen Nachmittag in Haft. Auf persönliche Anordnung des französischen Staatspräsidenten wird er mit der Bitte um Entschuldigung freigelassen. Aber die offiziellen Ehrenbezeugungen lassen ihn kalt. Er kehrt nach Hause zurück und betrachtet angeekelt seine gesammelten Unterlagen, Entwürfe, Briefe, die ihn für alle Welt transparent machen. Diese vergilbten Papiere sollen nicht mehr seine Existenz wie einen Kristall für immer glänzen lassen. Sein Leben entspricht nicht mehr dem Glanz, den diese Papiere ausstrahlen. Er ist jetzt ein anderer, ein Mensch voller Geheimnisse und auf immer in sich zurückgezogen. Wenn ein Anfall seiner Krankheit auftritt, versinkt dieses neue Geschöpf, zu dem er geworden ist, in einem zähflüssigen Halbdunkel voller schreckenerregender Winkel, das so ganz anders ist als die sanfte Helligkeit vergangener Zeiten.
Um nicht die Aufmerksamkeit des Hausmädchens zu erregen, trägt er den ganzen Nachmittag über die Papiere nach hinten in den Garten. Als es dunkel wird, lässt er die nicht mehr den Tatsachen entsprechenden Überreste der Vergangenheit, die für sein gegenwärtiges Leiden so verletzend sind, vom Feuer endgültig vernichten.
Am nächsten Tag holt sein Neffe Henrique den kranken Onkel ab.
Cherbourg Im Café drängen sich Passagiere, die zu früh zur Einschiffung gekommen sind. Es sind die besonders aufgeregten, die auch besonders laut sprechen und alle Augenblicke verstummen, um zu horchen, ob das Schiff tutet und damit das Zeichen gibt, dass sie an Bord gehen können.
Alberto, der an einem Pernod nippt, scheint eine große Zärtlichkeit zu überkommen. Neben ihm, mit dem Rücken zum betriebsamen Kai, schaut Sem auf einen dampfenden Croque-Monsieur, den der Kellner gerade dem jungen Henrique serviert hat.
Wann kommst du wieder?
Das steht in den Sternen.
Weißt du, was ich am meisten an dir mag, Alberto?
Nein.
Deine Art, wenig zu reden und zu tun, was getan werden muss.
Ich glaube, das ist mir angeboren.
(Unsere Freundschaft ist immer sehr oberflächlich gewesen. Ein herzliches Verhältnis.)
Woran denkst du, Sem?
An unsere Freundschaft.
(Du bist der Einzige, der mich verstanden und unterstützt hat.)
Du bist der beste Freund, den ich je gehabt habe, Sem.
(Warum hast du immer Freundschaft mit dem Bedürfnis, verstanden zu werden, verwechselt, Alberto?)
Ich weiß, mein lieber Alberto. Aber ich ahne, dass wir uns nicht wiedersehen werden.
Unsinn, ich bin bald wieder hier.
Wir haben hier bald Krieg.
(Ich kann es nicht erklären, Sem, aber jeder Versuch, Vertraulichkeit bei mir zu unterdrücken, macht mich zutiefst gereizt. Ich kann es nicht verhindern.)
(Für dich, Alberto, wird es immer eine undefinierbare, vage Herzlichkeit geben, die du mit Freundschaft verwechseln wirst.)
Lebwohl, Sem.
Im Samba-Tanzschritt Petitsantôs kommt als Toter in Brasilien an, aber keiner merkt es. Sie überhäufen ihn mit Reden und Feiern.
Alberto indessen lächelt, schüttelt Hände und kratzt sich den grau melierten Schnurrbart.
Niemand fragt nach dem Weltbrand, der in Europa wütet, das Tagesthema ist die Neuverhandlung über die Schulden von 14 Millionen Pfund, die England von den Brasilianern verlangt.
Eine nationale Plage Alberto beschließt, sich in Cabangu niederzulassen. Er spielt den Provinzler, überzeugt aber nicht.
Er möchte das Herrenhaus der Fazenda zurückkaufen und träumt davon, Milchvieh und Legehühner zu züchten.
Aber es fehlt am nötigen Kleingeld.
An seinen guten Tagen verbringt er Stunden mit der Lektüre mathematischer Abhandlungen und atmet dabei den Duft vom
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