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Der Fliegende Holländer

Der Fliegende Holländer

Titel: Der Fliegende Holländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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heutigen Zeit bis zur Regentschaft von Queen Anne zurückverfolgt und festgestellt, daß sie in einundzwanzigjährigen Intervallen zugestellt worden waren.
    Sie tastete sich im Dunkeln vor und stieß schließlich gegen eine Tür. Allerdings handelte es sich dabei nicht um den Vordereingang mit den alten Kontoauszügen, sondern um die Hintertür, die ebenfalls nicht verschlossen war. Plötzlich wurde Jane nervös; irgend etwas ging hier vor, und nach allen ihr zur Verfügung stehenden Fakten sah es ganz danach aus, daß es sich um etwas höchst Seltsames handelte. Ihr gesunder Menschenverstand sagte ihr, daß seltsame Dinge gewöhnlich illegal sind. Möglicherweise war es gar nicht so gut, noch mehr Einzelheiten über die ganze Geschichte zu erfahren, und vielleicht sollte sie lieber alles vergessen und nach London zurückkehren.
    Eins stand allerdings jetzt schon fest – sie brauchte dringend etwas zu trinken. Soweit sie sich erinnern konnte, war die Dorfkneipe zwar nur ansatzweise gemütlicher als die Schlangengrube in einem Harrison-Ford-Film, aber das Pub lag immerhin in unmittelbarer Nähe, und eventuell konnte ihr der Wirt noch mehr über das Lower Brickwood Farm Cottage erzählen.
    »Also soll das Cottage wirklich verkauft werden?« erkundigte sich der Wirt skeptisch. »Na, die Käufer können sich auf was gefaßt machen.«
    Das Pub war praktisch leer, und Jane fragte sich, wie der Wirt seinen Lebensunterhalt davon bestreiten konnte. Sie musterte ihn und kam zu dem Schluß, daß er wahrscheinlich einen Nebenjob als Leichenräuber hatte.
    »Und warum?« fragte Jane.
    Der Wirt blickte sie verdutzt an. »Sind Sie denn nicht dort gewesen?«
    »Doch, gerade eben. Aber selbst wenn das Gebäude völlig baufällig ist, stellt das Grundstück bestimmt noch einen gewissen Wert dar.«
    Der Wirt blickte sie erneut verdutzt an, und Jane fühlte sich allmählich unwohl in ihrer Haut. »Sind Sie sich auch ganz sicher, daß Sie dort gewesen sind?«
    Jane beschrieb ihm alles, was sie gesehen hatte, und ließ außer den Kontoauszügen und Rechnungen nichts aus. »Das ist doch das Anwesen, das Sie meinen, oder?«
    »Ja, aber ist Ihnen denn gar nicht dieser bestialische Gestank aufgefallen?« fragte der Wirt voller Erstaunen.
    Als Jane ihm mitteilte, daß sie einen wirklich miserablen Geruchssinn habe, brach der Wirt in schallendes Gelächter aus. Nachdem er sich einigermaßen wieder gefangen hatte, erklärte er Jane seine überzogene Reaktion und erzählte ihr, daß das Grundstück wegen des unerträglichen Gestanks schon seit Menschengedenken unbewohnt sei. Man erzählte sich, daß vor ewigen Jahren, lange bevor irgendeiner der heutigen Dorfbewohner geboren war, ein Ausländer mit einem komischen Namen für etwa eine Woche das Anwesen gemietet hatte und daß es dort wegen des entsetzlichen Gestanks nach seiner Abreise niemand mehr länger als zehn Minuten aushielt. Zwar war alles unternommen worden, um den Geruch loszuwerden, aber vergebens. Ein Versuch, das Cottage als Schweinestall zu nutzen, mußte als gescheitert angesehen werden, weil alle Schweine starben. Nachdem es zweiundfünfzig Jahre lang von der Immobilienfirma Pardoes angeboten worden war, war es von der Liste gestrichen und vergessen worden.
    »Hat man Ihnen das in der Firma nicht gesagt?« erkundigte sich der Wirt.
    »Nein, davon hat mir niemand etwas erzählt«, antwortete Jane.
    »Und da Sie nicht riechen können, haben Sie wirklich nichts davon bemerkt, richtig?«
    »Richtig.«
    »Das ist wirklich ’ne Wucht!« freute sich der Wirt. »Das macht dann ein Pfund fünfzig für den Gin Tonic.«
    Jane fuhr ins Union Hotel zurück und ging sofort ins Bett. Dieses Mal machte ihr der Mangel an Lesestoff nicht zu schaffen, denn sie war viel zu sehr mit ihren Gedanken beschäftigt.



3. KAPITEL
     
    Das leichte Mißverständnis bezüglich der Legende vom Fliegenden Holländer entstand wie folgt:
    Im Sommer 1839 saß ein junger deutscher Musiker in einem Pariser Café, trank Armagnac und dachte schonungslos über das Regime von König Louis Philippe nach. Es war ein heißer Tag, und da Armagnac alles andere als alkoholfrei ist und der Deutsche von ganzem Herzen Republikaner war, konnte man durchaus verstehen, daß er auf die Verbrechen gegen die Freiheit, die überall um ihn herum begangen wurden, entsprechend heftig reagierte und seinen Gedanken lauthals freien Lauf ließ. Bevor er wußte, wie ihm geschah, war er in ein Gespräch mit seinem Tischnachbarn

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