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Der Fliegende Holländer

Der Fliegende Holländer

Titel: Der Fliegende Holländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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plötzlichen Windstoß oder als Holzschwamm in der Decksbeplankung? Was glaubst du eigentlich, was mit dir passiert, wenn du das Lebenselixier trinkst?‹«
    Der Fremde verstummte an dieser Stelle und fuhr mit der Fingerkuppe über den Rand seines Glases. »Bei aller Bescheidenheit hab ich auf diese Weise jedenfalls ewiges Leben erlangt. Das ganze Gerede über Bier hat mich ganz durstig gemacht. Darf ich Sie zu einem Glas einladen?«
    Der junge Deutsche antwortete mit schüchterner Stimme, er würde gern noch einen Armagnac trinken, und der Fremde traf mit dem Kellner eine mündliche Vereinbarung über einen Armagnac und einen halben Liter Stella Artois. Nachdem diese Vereinbarung zur beiderseitigen Zufriedenheit erfüllt worden war, fuhr der Fremde fort.
    »Aber das gilt nicht nur für mich; meine gesamte Mannschaft ist seither unsterblich. Als ich nämlich kurz vor meinem verfrühten Abstieg aus dem Ausguck den Rest der Flasche verschüttet hatte, landete das Elixier direkt unten im Faß, befreite das Bier von sämtlichen Unreinheiten und machte jeden unsterblich, der davon trank. Der Alchimist hatte das natürlich mitgekriegt, und als er sich erst einmal beruhigt hatte, weihte er uns schließlich alle ein. Ich glaube, wir alle waren erst wirklich überzeugt, als er selbst einen Krug davon trank und sich gleich darauf erschoß. Danach waren wir uns allerdings alle absolut sicher. Besonders der erste Maat, denn er hatte dem Alchimisten die Pistole geliehen, und als Fortunatus Magnus den Hahn spannte und sich die Waffe gegen die Schläfe hielt, platzte der Lauf. Der erste Maat war natürlich stinksauer, und als er Fortunatus vor Wut einen Kinnhaken versetzte, verbog sich lediglich sein eigener Ehering. Der Alchimist war absolut unverwundbar – wie wir alle. Als wir das erst mal kapiert hatten, spielten wir völlig verrückt und begannen unter grölendem Gelächter mit unseren Schwertern wie wild aufeinander einzuschlagen, bis als größte Hieb- und Stichwaffe auf dem Schiff nur noch mein Brieföffner übrig war. Sie müssen bedenken, daß wir alle eine Menge getrunken hatten.
    Was unseren Freund Fortunatus anging, so taute er ziemlich schnell auf. Es stellte sich heraus, daß er dieses Elixier seit Jahren mit sich herumgeschleppt hatte, aber nie jemandem begegnet war, der den Mut hatte, den Zaubertrank zu testen. Selbst wollte er dieses Risiko auf keinen Fall eingehen, da er panische Angst vor Nebenwirkungen hatte. Natürlich erkundigten wir uns bei ihm nach eventuellen Nebenwirkungen. Er sagte uns nur, daß es seines Wissens zwar keine gäbe, wir das aber früher oder später bestimmt selbst herausfinden würden. Wie er uns erzählte, sei das einzige Lebewesen, dem er dieses Elixier jemals verabreicht habe, ein streunender Kater in Cádiz gewesen. Dieses widerborstige Biest sei ihm aber entwischt, noch bevor er eine ordentlich vorbereitete Testreihe an ihm habe vornehmen können. Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, daß er wirklich etwas davon trinken wollte, auch wenn er gesehen hatte, daß wir nicht gleich daran gestorben waren. Er hatte sich nur von der allgemeinen Abenteuerlust anstecken lassen und wollte uns die Richtigkeit seiner Entdeckung beweisen – die ganz gewöhnliche Eitelkeit eines Wissenschaftlers also. Aber was soll’s?
    Am nächsten Morgen brachte uns eine steife Brise bis nach Bristol, wo Fortunatus sofort als spanischer Spion verhaftet und in den Kerker gesteckt wurde. Für einen unverwundbaren Menschen verhielt er sich bemerkenswert ruhig. Aber als wir ihm anboten, ihn zu befreien, lehnte er ab und sagte nur, ihm tue die Ruhe ganz gut, da er über eine Menge nachzudenken habe, und das könne man im Gefängnis genausogut wie anderswo. Also beließen wir es dabei und machten uns daran, fünftausend Golddublonen für unser leibliches Wohl und einen ausschweifenden Lebenswandel durchzubringen.
    Wie Sie sich vorstellen können, waren wir alle mit uns selbst sehr zufrieden, da wir plötzlich unsterblich waren und fünftausend Golddublonen besaßen. Anfangs haben wir natürlich nur den unmittelbaren Nutzen gesehen. Zum Beispiel haben wir bei extrem gefährlichen Wetten, bei denen stets geladene Schußwaffen, hohe Gebäude oder ausgehungerte Bären mit im Spiel waren, durch hohe Einsätze gnadenlos abgesahnt. Aber selbst als sich die erste Welle der Begeisterung gelegt hatte und niemand mehr mit uns wetten wollte, waren wir alles in allem mit unserer Situation sehr zufrieden. Da wir unsterblich waren,

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