Der fliegende Weihnachtskater
Erzählen Sie mir etwas darüber, wie Sie die Feiertage verbringen.«
»Ich weiß nicht.«
»Haben Sie denn gar nichts geplant? Ich jedenfalls werde morgen mit Freunden ein Büffet zusammenstellen. Sie wissen schon, jeder bringt etwas Besonderes mit. Und für meinen ungnädigen Kater werde ich eigenhändig ein Stückchen Lachs in Butter dünsten. Auch wenn er es ja nicht zugibt, den verspeist er besonders gerne.«
»Wäre es nicht besser, Sie würden sich auf das Fliegen konzentrieren?«
»Thomas, wir haben keinen Notfall. Entspannen Sie sich endlich! Es wird gleich etwas ruckelig, wenn wirnach unten gehen, und ich werde mir auch wieder ein paar dumme Kommentare einfangen, aber ich habe mir schon überlegt, was ich dann erwidere.«
Amita lächelte leicht bei dem Gedanken, wie überrascht Remo wohl sein würde, wenn sie statt ihrer knochentrockenen, überkorrekten Angaben ihm mal die Zähne zeigte und ihn einen Flug-Platzhirsch nannte.
»Könnten Sie bitte still sein!«, presste ihr Copilot hervor.
Kopfschüttelnd schwieg Amita. Das war nicht normal. Der Junge war blass und hatte Schweißperlen auf der Stirn. Sie prüfte ihre Position. Gleich würde sie mit dem Sinkflug beginnen.
Doch dann kam der Knall.
Die Maschine ruckte, zog zur Seite. Amita griff zur Steuerung. Ein kurzer Blick, und auch ihr wurde etwas mulmig.
»Geben Sie den Luftnotfall durch! Das zweite Triebwerk ist ausgefallen.«
Doch Thomas starrte nur mit glasigen Augen auf die Instrumente.
Verdammt, auch der Co war ausgefallen.
Eine weitere Anzeige zeigte einen Druckabfall in der Kabine.
Irgendwas musste die Flugzeughaut durchschlagen haben.
Hoffentlich kein großes Leck.
Sie griff zur Sauerstoffmaske. Dann atmete sie tief durch. Segelfliegen war ja auch ein schönes Hobby, dachte sie mit bitterem Humor und machte sich daran, die Maschine abzufangen und in eine ruhige Lage zu bringen. Anschließend gab sie ihre Meldung an die Flugsicherung.
»Wir müssten es bis zum Ziel-Flughafen schaffen«, sagte sie ruhig zur Flugüberwachung und gab Passagieranzahl und Treibstoffmenge durch. Man würde ihr Priorität einräumen und so viel Unterstützung geben, wie sie brauchte. Aber eines musste sie nun doch tun – die Fluggäste in Kenntnis setzen. Der Knall und der Druckabfall waren nicht unbemerkt geblieben.
Sie rief Eva ins Cockpit, die die Kabinencrew informieren musste.
»Was ist passiert?«
»Beide Turbinen ausgefallen. Leichter Druckabfall. Ist irgendwo ein Leck zu sehen?«
Amita drehte sich nicht um, sondern behielt die Instrumente im Blick.
»Keine sichtbare Beschädigung. Aber die Masken sind heruntergekommen.«
»Panik?«
»Unruhe. Die Leute fragen.«
»Ich gebe gleich eine Information durch. Keine Angst, es wird nur ein unruhiger Segelflug. AndereMaschinen haben weit größere Strecken ohne Antrieb zurückgelegt. Funk und Hydraulik funktionieren.«
»Aber er nicht?«
Eva flüsterte nur.
»Schockstarre.«
»Soll ich unauffällig nach einem anderen Piloten fragen.«
»Wenn es einen gibt.«
16:11 Fliegerkind
Janina hatte von Eva einen Block und Buntstifte bekommen und sich mit großem Eifer daran gemacht, die eben gehörte Geschichte in ein Gemälde umzusetzen. Ein fliegender Teppich schwebte nun über einer bunt erleuchteten Skyline, Sterne funkelten am Himmel, und eine spitziger Viertelmond beleuchtete den Kapitän des fransenbesetzen Luftfahrzeugs. Mit heimlichem Vergnügen stellte sie fest, dass die Katze wirklich dem schwarzgrau getupften Shardul ähnlich sah. Jetzt musste der Hintergrund noch ein paar Wölkchen bekommen und dann dunkelblau ausgemalt werden. Sie wählte gerade einen Stift aus, als ein Knall ertönte und das Flugzeug dermaßen ruckte, dass ihre Stifte zu Boden fielen.
Herr Andersen auf dem Sitz am Gang neben ihr sah sie schreckensblass an.
»Schon gut, Herr Andersen. Mein roter Stift ist bei ihnen zwischen den Füßen gelandet. Geben Sie mir den bitte.«
Er beugte sich vor und hob ihn auf.
»Sie brauchen keine Angst zu haben. Amita macht das schon.«
»Du hast großes Vertrauen zu der Pilotin, was?«
»Ja. Mein Papa hat auch gesagt, sie ist eine der Besten. Und er muss das wissen, er sitzt im Tower. Und er hilft ihr bestimmt, wenn was schiefgeht.«
»Du bist ein richtiges Fliegerkind.«
Janina sah ihn an. Herr Andersen war noch immer blass und zitterig. Sie nahm seine Hand und streichelte sie.
»Ich werde auch später mal Pilotin. Wissen Sie, ich muss mit dem Bus zur Schule fahren, und
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