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Der Fliegenfaenger

Der Fliegenfaenger

Titel: Der Fliegenfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willy Russell
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konnte.
    Ich fragte meine Mam, wann meine Oma zurückkehren würde. Aber meine Mam erwiderte bloß, ich solle mich beeilen, sonst kämen wir zu spät. Und als ich fragte, zu spät zu was, sagte sie, zu spät zum Arzt.
    »Zu was für einem Arzt?«, fragte ich. »Ich brauch keinen Arzt. Ich bin doch nicht krank!«
    »Kein normaler Arzt «, sagte meine Mam. »Es ist ein ganz spezieller Arzt. Ein Spezialarzt.«
    »Ich will aber zu keinem Spezialarzt!«, sagte ich. »Warum muss ich überhaupt zum Arzt?«
    »Na komm«, sagte sie. »Hör auf zu fragen und mach dich fertig.«
    Beim Schuhe anziehen fragte ich: »Ist das, weil du mich nicht mehr lieb hast?«
    Meine Mam sah mich erschrocken an. » Ich soll dich nicht mehr lieb haben? Natürlich hab ich dich lieb!«
    »Warum schickst du mich dann zu einem Arzt«, fragte ich, »wenn du mich lieb hast?«
    Jetzt schloss meine Mam seufzend die Augen und sagte: »Gerade weil ich dich lieb hab, bring ich dich zum Arzt. Wenn ich dich nicht lieb hätte, wär es mir doch egal, oder?«
    Ich hätte mich ja gern gefreut, dass meine Mam sagte, sie hätte mich noch lieb. Aber eigentlich zählte es nicht, denn sie hatte es fast im gleichen Ton gesagt, wie wenn sie mich ausschimpfte. Ich zog den zweiten Schuh an. Und meine Mam sagte: »Es gibt gar keinen Grund, Angst zu haben oder sich Sorgen zu machen.«
    Ich sah zu meiner Mam auf und erwiderte: »Wenn es gar keinen Grund gibt, sich Sorgen zu machen, warum bringst du mich denn dann überhaupt zu diesem Arzt?«
    Jetzt verlor meine Mam die Geduld und fuhr mich an: »Hör mal! Ich bin deine Mutter und will nur dein Bestes! Ich bin deine Mutter! Ich würde doch nie etwas tun, was dir schadet, oder? Oder ?«
    Ich sah meine Mam an und schüttelte den Kopf.
    »Na also!«, sagte sie. »Dann hör jetzt mit dieser Fragerei auf! Du bist noch klein. Du brauchst nicht alles ganz genau zu wissen, Raymond. Es reicht, wenn du weißt, dass ich dich zu einem Spezialarzt bringe. Er ist sehr nett. Er wird dir vermutlich gefallen. Also komm jetzt mit, und hör auf, Fragen zu stellen.«
    Ich ging hinter meiner Mutter aus dem Haus. Und auf dem Weg zum Gartentor sagte ich: »Du hältst mich für ziemlich dumm, nicht wahr?«
    Meine Mam verdrehte die Augen und seufzte: »Gott steh mir bei!«
    Sie hielt mir das Gartentor auf, und als ich an ihr vorbeiging, sagte ich: »Wenn du mich nicht für dumm hältst, musst du ihn doch nicht dauernd ›Spezialarzt‹ nennen. Das ist dumm«, sagte ich, »wenn man ihn so nennt. Ich weiß nämlich genau, was das für ein Arzt ist.«
    »So?«, sagte meine Mam und starrte mich herausfordernd an. »Was denn für einer?«
    »Ein Psychiater!«, sagte ich und starrte zurück.
    »Falsch!«, rief meine Mutter triumphierend. »Er ist kein Psychiater! Ich würde dich doch nie zum Psychiater bringen! Warum sollte ich so was tun?«
    Ich zuckte die Achseln und da sagte meine Mam: »Schau, da kommt der Bus! Schnell!«

    Wir saßen in seinem Zimmer, ich vor dem Schreibtisch und meine Mam auf einem Stuhl hinter mir. Und er war überhaupt nicht nett. Meine Mam hatte kein bisschen Recht gehabt. Er hatte eine Glatze und einen Rauschebart, sodass es aussah, als säße sein Kopf verkehrt rum. Als Erstes sagte er zu mir: »Nun, Raymond, weißt du, wer ich bin?«
    Ich nickte nur. Was für eine dumme Frage. Natürlich wusste ich, wer er war, und er wusste es bestimmt auch, also brauchte ich ihm doch keine Antwort zu geben!
    »Nun?«, wiederholte er jetzt schon etwas ungeduldiger, obwohl wir doch erst seit zwei Minuten da waren. »Wer bin ich?«
    Meine Mam stupste mich an. Mir gefiel es nicht, dass sie mich anstupste, und er gefiel mir auch nicht. Deshalb sagte ich: »Ein Analpsychotiker!«
    Er sah mich an, als sei er total überrascht und schockiert, und meine Mam schlug die Hand vor den Mund und flüsterte: »O mein Gott!«
    »Ein Analpsychotiker?«, wiederholte er und starrte mich mit gerunzelter Stirn an, als hätte ich gerade etwas furchtbar Dummes gesagt. »Wie kommst du denn darauf, dass ich ein Analpsychotiker bin?«
    Ich zeigte auf die Karte auf seinem Schreibtisch und sagte: »So was Ähnliches steht doch hier, man muss es nur ein bisschen umdrehen.«
    Er nahm die Karte und las sie. Dann hielt er sie mir hin und zeigte auf das betreffende Wort wie ein Lehrer, der einem Erstklässler das Lesen beibringt.
    »Raymond«, sagte er, »dieses Wort heißt ›Psychoanalytiker‹. Psychoanalytiker. Sprich es nach: ›Psychoanalytiker‹.«
    Ich zuckte die

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