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Der Flirt

Titel: Der Flirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Tessaro
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gealterte Seiden- und Satinstoffe in den blassesten Farben: Champagner, Taubengrau, Perlmutt und Daumennagelrosa. Ballen mit duftigem Organdy stapelten sich in den Ecken, und es gab Körbe mit Spitzen − alte, handgefertigte, winzige Kunstwerke, die sie aus der ganzen Welt zusammengetragen hatte. Auf einem runden Mahagonitisch in der Mitte des Raums stapelten sich ihre Skizzenbücher mit ihren neuesten Kreationen. Es gab keine Umkleideräume, nur ein luxuriös ausgestattetes Badezimmer mit einer antiken Badewanne sowie ein schmales Schneideratelier.
    Leticia verkaufte einen sexuellen Traum, in dem ihre Kundinnen die Stars waren. Sie schuf ein Bühnenbild von subtiler erotischer Eleganz, gerade glamourös und sinnlich genug, um die Phantasie der Frauen, für die sie arbeitete, zu beflügeln.
    Und Leticia Vane arbeitete nicht für jede. Wer zu ihr kommen wollte, brauchte eine Empfehlung. Exklusivität war keine Frage des Geldes mehr, jeder und alle hatten Geld. Wer begehrenswert sein wollte, musste sich nur rar machen. Prominente waren der Todeskuss für jedes Unternehmen, denn wenn sie aus der Mode kamen, ging man flugs mit unter. Und sie fertigte nichts für Frauen mit Brustimplantaten. Leticias Einwände waren rein ästhetischer Natur, denn Implantate zerstörten schlichtweg die Ausgewogenheit ihrer Kreationen. Leticia war stolz darauf, dass sie da helfen konnte, wo die Natur nachlässig oder schroff gewesen war. Ihre Nachthemden hatten eingearbeitete BHs, die sie anhand von Gipsabgüssen der Brüste ihrer Kundinnen entwarf. Sie kümmerte sich um Unstimmigkeiten in Größe und Form und glich sie mit sanfter Hand aus. Indem sie die Innenseite
der Körbchen neigte, ließ sie die Brüste nach vorn sinken, unbekümmert überquellen, doch niemals ganz herausrutschen, gebändigt durch hauchdünne Schichten reinsten Tülls.
    So etwas Vulgäres wie offene Slips oder ausgeschnittene BHs zu fertigen kam ihr nicht in den Sinn, doch sie wusste, wie man die Hautfarbe betonte und den Stoff ihrer Kreationen mit der Hand so einfärbte, dass die Brustwarzen darunter rosa und leicht geschwollen wirkten. Und ihre berühmten französischen Schlüpfer waren so seidig und weit, dass sie leicht zu einer Seite geschoben werden konnten, ohne sie ganz ausziehen zu müssen.
    Leticias größter Pluspunkt war, dass sie Männer verstand und Mitgefühl mit Frauen hatte. Das Problem bei den meisten Dessous war, dass just die Körperteile, die zur Geltung gebracht werden sollten, abschreckend wirkten. Nicht jeder Mann war scharf darauf, nach einem langen Arbeitstag nach Hause zu kommen und seine Frau in absonderlich grelle Miederwaren für dreihundert Pfund geschnürt vorzufinden − wie sie versuchte, sexy zu sein in einem Aufzug, in den sich hineinzuzwängen sie eine volle halbe Stunde gebraucht hatte. Ein so gearteter Annäherungsversuch brachte nur beide in Verlegenheit, da sie unsicher waren, wie mit den diversen Schnappverschlüssen und Bändern umzugehen war. Hinzu kam der Druck, besonders tollen Sex zu haben, der die horrenden Ausgaben rechtfertigte. Leticia wusste, wenn eine Frau sich so viel Mühe gab, dann befand sich ihr Sexleben in einer Krise. In so einem ungewohnten Kostüm kam eine Frau sich leicht lächerlich vor. Die Verzweiflung stand ihr doch quasi auf der Stirn geschrieben. Eine Frau, die sich so deutlich anbot, lief umso mehr Gefahr, sexuell zurückgewiesen zu werden.
    Leticia glaubte fest daran, dass Qualität das Ergebnis von
Quantität war. Guter Sex war schlicht ein Nebenprodukt von viel Sex, in allen Varianten, grob, langsam, schnell, bis hin zu traumhaft und langatmig, beiläufigem Befummeln, neckenden Berührungen, oralen Schlemmereien − all das war für sie Sex. Und so schuf sie, um eine unbewusste Aura sexueller Empfänglichkeit zu fördern, verfeinerte Versionen alltäglicher Stücke; täuschend schlichte weiße Nachthemden, die aus solch hauchdünnem Material gefertigt und so raffiniert geschnitten waren, dass sie den Körper in einen aufreizenden, duftigen Schleier hüllten, die Brustwarzen betonten, dem Schwung der Hüfte schmeichelten, Beine länger wirken ließen und sich bei jeder Bewegung verführerisch bauschten. Gerade weil sie so unschuldig und anspruchslos wirkten, waren sie unbestreitbar erotisch. Statt »Fick mich!« zu schreien, flüsterten sie: »Nimm mich … schau … ich sehe nicht mal hin!« Das Raffinierteste daran war, dass der Wunsch nach Sex von ihm ausging, weil er gar nicht anders konnte,

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