Der Flirt
hatte!
Das war nicht fair! Er war hier das Opfer … Opfer ihrer labilen emotionalen Verfassung.
Er wollte sie zurückhaben; sie gehörte ihm.
Doch nur nach seinen Spielregeln. Er war nicht bereit, sich von irgendjemandem Vorschriften machen zu lassen.
Arnaud ging auf und ab. Verflucht wollte er sein, wenn er vor ihr zu Kreuze kriechen würde!
Wenn er sie doch nur erwischen könnte; sie in irgendeiner kompromittierenden Situation ertappen könnte. Das war die sicherste Methode, wieder die Oberhand zu gewinnen. Dann würde sie nämlich ihn um Verzeihung bitten müssen.
Das Problem war nur, dass Olivia nie etwas Unrechtes tat. Wenn man sie doch nur in Versuchung führen könnte …
Stirnrunzelnd schaute er auf seine Uhr. Er würde zu spät zu Svetlana kommen.
Jetzt ruinierte seine Frau ihm auch noch den Abend!
Warte … Das war’s!
Es war so einfach, dass er vor Erleichterung beinahe laut auflachte.
Alles, was er brauchte, war irgendein Idiot, der tat, was er wollte; jemand, der es sich nicht leisten konnte, nein zu sagen.
Er nahm sein Handy wieder heraus, setzte sich auf sein Sofa, legte die Füße auf die Ottomane und wählte.
Jonathan antwortete. Im Hintergrund hörte Arnaud das Geschrei mehrerer quengelnder Kinder.
»Mr. Bourgalt du Coudray! Was für eine nette Überraschung!« Jonathan überschrie den Lärm. Er keuchte, als würde er eine Treppe hinauflaufen, und das Geschrei wurde leiser. »Was kann ich für Sie tun, Sir?«
»Verführen Sie meine Frau, Mortimer.«
Jonathan unterbrach seine sportliche Übung augenblicklich. »Wie bitte?«
»Verführen Sie meine Frau. Baggern Sie sie an. Verfolgen Sie sie.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie recht verstehe. Sie wollen, dass ich …«
»Ich will, dass Sie mit ihr ins Bett gehen«, unterbrach Arnaud ihn.
»Aber, Sir, ich kenne Ihre Gattin doch gar nicht. Abgesehen davon habe ich eine Frau.«
Arnaud lachte. »Na und …? Sie tun gerade so, als hätten Sie noch nie eine Affäre gehabt!«
»Habe ich auch nicht.«
»Ihr Engländer seid wirklich prüde! Hören Sie, ich habe keine Zeit für diesen Unsinn. Es ist wirklich ganz einfach: Alles, was Sie tun müssen, ist, sie zu umwerben. Es spielt keine Rolle, ob sie darauf eingeht. Ich glaube sogar«, fügte er selbstgefällig hinzu, »dass sie das nicht tun wird. Alles, was ich brauche, sind Beweise für eine Verführung. Sie sind ein kluger Mann. Das kann doch nicht so schwierig sein. Oh, und Mortimer?«
»Ja?«
»Kommen Sie bloß nicht auf die Idee, sie anzufassen, das würden Sie bitter bereuen.«
Er legte auf.
Man musste nur wissen, wie man richtig delegierte.
Er stand auf, strich sich über die Hose und machte sich auf den Weg, um Svetlana abzuholen.
Die Ehe war wichtig, überlegte er, als er sich auf den Rücksitz des großen schwarzen Range Rover setzte, der vor der Galerie auf ihn wartete. Es kränkte ihn, dass Olivia ihre Ehe als Selbstverständlichkeit betrachtete.
Er lehnte sich in dem weichen Ledersitz zurück und starrte durch die getönte Scheibe.
Gott sei Dank lag wenigstens einem von ihnen genug an ihrer Ehe, um etwas zu unternehmen.
Jonathan Mortimer saß wie betäubt auf der Kante von Felix’ Bett. (Weiter als bis ins Kinderzimmer war er nicht gekommen.)
Was meinte er damit, sie verführen?
Wie?
Und noch wichtiger: Warum?
Er war Olivia Bourgalt du Coudray erst zwei oder drei Mal begegnet, sie waren kaum miteinander bekannt. Wie sollte er denn da plötzlich ihr Geliebter werden? Er brachte kaum die
Energie auf, seine eigene Frau zu verführen, ganz zu schweigen davon, eine fremde Frau! Der Mann war doch völlig durchgeknallt!
Leider war er auch sein wichtigster Mandant.
Arnaud hatte darüber gelacht, dass er noch nie eine Affäre gehabt hatte. Hatte er recht? War Jonathan nur prüde?
Er hatte sich jedenfalls nie als Frauenheld betrachtet.
Er stand auf, zog den Bauch ein, straffte die Schultern und betrachtete sich in dem Spiegel, der an der Rückseite der Tür hing und die Form einer lachenden Giraffe hatte.
Sein Spiegelbild blinzelte ihn an.
Er war jetzt um die vierzig und hatte allmählich dieselbe Figur bekommen wie sein Vater: lange, dürre Beine, schräge, leicht entschuldigend hängende Schultern und ausgeprägt wenig Haare auf dem Kopf. Seine Züge, einst energisch und maskulin, waren weicher geworden − etwa so wie vom Wasser abgeschliffene Steine in einem Bachbett −, und er wirkte wie ein Foto, das in der Sonne verblichen war; vage und
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