Der Flirt
Sie können bei uns eine wunderbar erfolgreiche und lukrative Karriere machen.«
»Und die erste Woche oder so wirst du beschattet«, sagte Henry. »Einer von uns ist auf Schritt und Tritt in deiner Nähe. Da kann nichts schiefgehen.«
Hughie schluckte schwer.
»Nichts«, versicherte Henry ihm und drückte seine Schulter.
Trotzdem warf das Gespenst von Freddie, dem Neuling mit dem frischen Gesicht, dem die Flucht nicht gelungen war, einen Schatten auf die Sache.
Das Telefon klingelte. Flick ging dran. »Büro von Valentine Charles … ja … selbstverständlich, Sir, einen Augenblick bitte …« Sie legte den Anruf in die Warteschleife. »Mr. Jonathan Mortimer am Apparat für dich.«
Valentine nahm den Hörer.
»Kurs abgesagt«, sagte er, während Flick sie zur Tür scheuchte. »Oh, Henry, auf ein Wort, bitte, wenn ich fertig bin.«
Henry nickte.
Die Übrigen traten hinaus auf die Straße und verabschiedeten sich.
Hughie trödelte herum.
Nach einer Weile kam Henry herunter. »Wartest du auf mich?«
»Sozusagen. Dachte, ich könnte noch ein paar Tipps aufschnappen.«
Henry legte ihm einen Arm um die Schultern. »Findest du nicht, du hattest genug für einen Tag?«
Sie gingen durch die schmale Straße.
»Ich weiß nicht. Das war lustig neulich abends im Claridge’s,
weißt du. Fandest du nicht?« Er hatte es toll gefunden, dass Henry ihm einiges gezeigt hatte und dass sie als Team zusammengearbeitet hatten.
»Du hast dich gut geschlagen.« Henry blieb mit ernstem Gesicht stehen. »Um ehrlich zu sein, Hughie, Valentine hat mich gebeten, mit dir zu reden. Du musst uns hoch und heilig versichern, dass du mit dieser jungen Frau, dieser Leticia, fertig bist.«
»Oh.« Hughie spürte die Mauern näher rücken. »Also, die Sache ist die … Ich dachte, ich sollte es ihr lieber schonend beibringen.«
Henry schüttelte den Kopf. »Nicht gut, alter Mann. Du musst es hinter dich bringen. Sonst bist du draußen. Hier geht es jetzt um alles oder nichts, verstehst du.«
»Ja. Ja.« Hughie starrte auf seine glänzenden neuen Schuhe. »Ich bin heute Abend mit ihr verabredet. Am Victoria Busbahnhof.«
»Ehrlich?«
»Sie ist … weißt du« - Hughie errötete -, »scharf auf öffentliche Orte.«
»Oh. Ja.« Henry überlegte. »Ich verstehe, dass es nicht leicht ist, sie fallenzulassen. Wann seid ihr verabredet?«
Hughie schaute auf seine Uhr. »Oh, ich komme schon zu spät!«
»Na dann.« Henry winkte ein Taxi herbei und lächelte Hughie grimmig an. »Am besten bringst du es schnell hinter dich. Wie ein Bein abhacken. Komm. Und hinterher füll ich dich ordentlich ab.«
Ein klarer Schnitt
Leticia hatte im Laufe der Jahre ein strenges Protokoll entwickelt, wie mit Trennungen umzugehen war; sie praktizierte rasche und humane Methoden, nicht unähnlich einem koscheren Metzger.
Erstens mussten Trennungen auf kühlem, neutralem Terrain inszeniert werden; idealerweise an öffentlichen Orten, wo die Chance für Wutanfälle und Tränen dramatisch sank. Autosalons waren gut (dort waren Männer immer abgelenkt), genau wie Einkaufszentren und Hotellobbys. Als Nächstes studierte sie ihre Rede darüber ein, dass sie beide in verschiedenen Welten lebten und verschiedene Dinge brauchten. Es war unbedingt erforderlich, keine Schuldzuweisungen zu betreiben. Schließlich war da noch das Kostüm. Ungewaschenes Haar, kein Make-up, schäbiger Trainingsanzug … er würde sie ansehen und sich fragen, was er überhaupt von ihr gewollt hatte. Das waren Einzelheiten, die die Männer von den Jungen unterschieden, für ein klares und schmerzloses Ende zu sorgen.
Was die meisten Frauen nur ungern zugaben: Im Grunde wollten sie gar keinen sauberen Schnitt; sie zogen es vor, begehrenswert, geheimnisvoll zu bleiben; verliebt in die Vorstellung von sich selbst, als Filmdiven aus den Vierzigern, die tragische Szenen auf Bahnhöfen spielten. Sie liebten es, sich voller Bedauern mit ihrer Entscheidung zu quälen; dies lieferte den perfekten Vorwand, den Schmerz mit Trinken,
Zigaretten und fremden Männern zu betäuben, was für Leticia alles Muttermilch war.
Drama: Das war die Krux an der Sache. Leticia war stolz, über so etwas erhaben zu sein.
Und so sah Leticia gar nicht aus wie sonst, als sie zum Victoria Busbahnhof kam und sich in ihrem ausgebleichten Trainingsanzug auf einen blauen Plastikstuhl setzte, der zusammen mit vielen anderen in einer Reihe am Boden festgeschraubt war, und wartete, bis Hughie schließlich auftauchte.
Sie
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