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Der Fluch der Abendröte. Roman

Der Fluch der Abendröte. Roman

Titel: Der Fluch der Abendröte. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Cohn
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Händen lag.
    Da stürzte Lukas auf mich zu, packte mich am Arm, riss mich von ihm fort. Es kam so überraschend, dass ich ihm wenige Schritte folgte, ehe ich mich zu wehren begann, mich energisch aus seinem Griff zu befreien versuchte, schließlich, als er mich nicht losließ, mit Händen und Füßen um mich trat. Es kam zu einem Gerangel. Sosehr ich mir wünschte, dass Lukas floh – ich selbst war entschlossen hierzubleiben, hier bei Nathan.
    »Nein!«, schrie ich. »Nein!«
    Der verzweifelte Ruf galt nicht Lukas, sondern Caspar. Eben hatte dieser das Schwert noch höher gehoben, durchschnitt damit – nicht weit über Nathans Kopf – die Luft. Nathan trotzte ihm mit Todesverachtung.
    »Lass nicht zu, dass er Aurora bekommt!«
    Es waren die letzten Worte aus seinem Mund, die ich verstand, dann wurde seine Stimme von anderen übertönt – von Caspars Gekicher, das in meinen Ohren schmerzte, von Saraqujals Aufforderung, Nathan endlich zu töten, und von Lukas erneuter Frage, was hier vor sich ging.
    Sein Griff wurde etwas lockerer, und endlich konnte ich mich von ihm befreien, konnte auf Caspar zustürzen, konnte versuchen, mich erneut vor Nathan zu werfen, mich an ihn zu klammern. Doch ehe ich ihn erreicht hatte, ehe das Schwert heruntersauste und ehe Lukas mich wieder zu fassen bekam, erhielt ich einen Schlag auf den Kopf. Wie in Zeitlupe fühlte ich, wie der Schmerz durch meinen Körper brandete, das Bild vor mir in viele kleine Funken zerstob und sich schließlich auflöste, ich erst auf die Knie sackte und dann auch mit dem Oberkörper auf dem Boden aufschlug.

X.
    »Wir sind im Bergwerk!«, rief Mia wieder.
    Der Gang war am Ende immer dunkler, immer niedriger geworden. Die Mädchen mussten sich erst bücken, um weiterzukommen, schließlich sogar kriechen.
    Mia hielt inne und klopfte prüfend gegen die Wände. Aurora wusste nicht, was sie damit bezweckte, und hatte auch keine Kraft mehr, die Gedanken der anderen zu erforschen. Sie schleppte schwer genug an dem Schwert und stand kurz davor, es einfach zurückzulassen. Aber das tat sie dann doch nicht. Untrüglich war das Gefühl, dass sie es noch brauchen würde, dass Caspar und Nathan in der Nähe waren und dass Gefahr in der Luft lag … Krieg … und Tod.
    »Weiter!«, rief Mia.
    Sie krochen wieder eine Weile, dann wurde der Gang etwas breiter und höher, und sie konnten sich aufrichten. Dennoch bereitete Aurora jeder Schritt Mühe. Je länger sie durch dieses Labyrinth irrten und je näher sie der Gefahr zu kommen schienen, desto schmerzhafter pochte jede einzelne Ader in ihr.
    In der kurzen Zeit hatte sie viel gelernt. Sie konnte die fremde Macht in ihr kontrollieren, sich auf ein Ziel konzentrieren und uralten Instinkten folgen – aber eines beherrschte sie noch nicht: Sie wusste nicht, wie sie den Prozess beschleunigen konnte, um neue Energie in ihrem ausgelaugten Körper aufzunehmen, und sie wusste nicht, wie Sie herausfinden konnte, woher sie neue Kräfte beziehen sollte, wenn die vorhandenen verbraucht waren.
    Sie versuchte sich daran zu erinnern, ob Cara sie auch diesbezüglich belehrt hatte, doch die Worte, die ihr in den Sinn kamen, waren wenig tröstlich: Du bist etwas Besonderes, Aurora, auch unter den Nephilim. Du verfügst über ungewöhnliche Kräfte. Aber du musst noch viel lernen, bis du sie vollkommen beherrschst. Du musst geschult werden, und das ist keine Sache von Tagen oder von Wochen, sondern von Jahren …
    Aber so viel Zeit hatte sie nicht! Nicht angesichts der drohenden Gefahr!
    Sie umklammerte den Griff des Schwertes fester, obwohl ihr die Handinnenflächen weh taten, als Mia erneut stehen blieb. Auch sie war mittlerweile ziemlich erschöpft.
    »Ich war mit meinem Vater schon öfter im Salzbergwerk«, stellte sie fest. »Nicht genau an dieser Stelle … aber in so ähnlichen Gängen.«
    Kurz überkam Aurora das Gefühl, nicht nur die Last des Schwertes, sondern das ganze Gewicht des Berges stemmen zu müssen. »Kannst du uns herausführen?«
    Mia klopfte wieder die Wände ab. »Diese Kammer, in der wir eingesperrt waren, war mit einer Stahltür verschlossen … aber hier … hier sind sämtliche Pfosten aus Holz.«
    Aurora musterte die Wände; ihre Gedanken lahmten ebenso wie ihre Beine. »Und was heißt das?«
    »Im Berg gibt es verschieden Stollensysteme – aus unterschiedlichen Zeiten. Ich glaube, wir befinden uns jetzt im prähistorischen Stollensystem, die modernen Stollen werden mit Stahl oder Beton gestützt, nicht

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