Der Fluch Der Bösen Tat
Stovey an den Straßenrand und stellte den Motor ab.
»Es wird wieder stürmisch«, beobachtete er. Meredith spähte durch die Windschutzscheibe. Die Wipfel der Bäume, die den Friedhof umgaben, bogen sich und schwankten. Das Kneipenschild des Fitzroy Arms schaukelte laut quietschend in den ungeölten Angeln. Es zeigte ein verblasstes Wappen mit einem kleinen Tier unbekannter Spezies, wahrscheinlich ein Nagetier. Irgendwie passend, dachte Meredith. Norman, der Wirt, hatte allein und bleich wie eh und je im Eingang gestanden, doch als er Markbys Wagen bemerkt hatte, war er hastig nach drinnen gehuscht.
»Sieht er nicht aus wie etwas, das man findet, wenn man einen Stein umdreht?«, fragte Meredith. Markby grinste.
»In die Mangel genommen von der Polizei und einer der Frauen aus dem Dorf, der Mutter seiner jüngsten Eroberung, hat Norman allen Grund, sich bedeckt zu halten. Ich lass dich hier raus und fahre weiter zur Farm. Sag Ruth, dass ich nachkomme, sobald ich kann.« Er sah an Meredith vorbei zur Kirche.
»Warum willst du unbedingt da rein, bevor du zu Ruth gehst?«
»Es ist nur ein Gefühl, weißt du? Ich muss hinein und mich davon überzeugen, dass alles in Ordnung ist, nur ein leeres Gebäude ohne Leichen, außer in Sarkophagen. Wenn nicht, bleibt mir das letzte Bild vom Innern dieser Kirche im Gedächtnis haften, mit Hesters zusammengesunkener Leiche auf der Bank. Und das möchte ich vermeiden, wenn ich kann.« Sie zögerte.
»Ruth hat mir erzählt, dass die Kirche quasi als Sühne für einen Mord gebaut worden ist, und es ist beinahe, als würde sich die Geschichte wiederholen. Man kann irgendwie nicht anders, man kriegt ein merkwürdiges Gefühl, wenn man dort rumläuft, gleichgültig, ob draußen oder drinnen. Drinnen starren einen all die steinernen Fitzroys an, und draußen lauert der Grüne Mann hoch oben an der Wand. Was meinst du, was haben die mittelalterlichen Steinmetze geglaubt, was sich draußen in den Wäldern herumtreibt?«
»Ich habe keine Ahnung, was sie geglaubt haben«, entgegnete Markby ein wenig missmutig.
»Soweit es mich betrifft, ist es menschlich, was auch immer sich dort herumgetrieben hat oder noch herumtreibt.« Und selbst ich habe Augenblicke, dachte er, in denen ich daran zweifle, wenn ich ehrlich bin. Aberglaube hat tiefe Wurzeln. Wir alle tun, als würden wir nicht davon beeinflusst, und doch fürchten wir uns alle ein ganz klein wenig vor dem, was wir nicht wissen. Meredith hatte die Wagentür geöffnet und schwang ihre Beine nach draußen. Als sie ausgestiegen war, ließ er den Motor wieder an und fuhr in Richtung Stovey Woods davon. Im Rückspiegel sah er sie neben dem Friedhofstor stehen, wo sie ihm hinterherblickte. Ein kurzes Stück vor dem Ende der Straße am Rand von Stovey Woods erreichte er ein Holzschild mit dem eingebrannten Namen Greenjack Farm an einer Einfahrt auf der rechten Seite. Auf der Weide hinter dem Schild lag Vieh träge auf der Wiese und käute wieder. Der Volksmund war überzeugt, dass das Regen bedeutete. Markby warf einen abschätzenden Blick hinauf zum Himmel, während er das kurze Stück Feldweg bis zum Tor der Farm zurücklegte. Zweiundzwanzig Jahre. War es wirklich schon so lange her? Was war in der Zwischenzeit geschehen? Er hatte geheiratet und war geschieden worden. Er war bis zum Superintendent befördert worden. Er war niemals Vater geworden, doch er war – dank der Anstrengungen seiner Schwester und ihres Mannes – Onkel von vier Kindern. Er hatte Meredith kennen gelernt, etwas, das ihn immer noch mit Staunen erfüllte, als ein Mann, der unerwartet – und unverdient – eine zweite Chance erhalten hatte. Warum also konnte er, wo das Leben doch so entschieden weiterging und sich ständig neue Horizonte öffneten, nicht von diesem alten Rätsel ablassen?
»Weil«, sagte er leise zu sich selbst,
»weil ich auf gewisse Weise, die ich nicht recht zu begreifen vermag, glaube, dass es etwas mit dem Tod von Hester Millar zu tun hat. Weil ich spüre, dass ich dicht davorstehe, das Rätsel zu lösen. Dass ich es im Unterbewusstsein vielleicht sogar bereits gelöst habe.« Und jener andere Tote? Simon Hastings? Ganz zu schweigen vom Gefühl des Versagens, das ihm all die Jahre zu schaffen gemacht hatte. Würde er den Tod von Hastings je aufklären oder dieses Gefühl jemals loswerden? Er stieg aus dem Wagen, stieß das Tor auf und ging hindurch, um es hinter sich sorgfältig wieder zu schließen. Ein schwarzweißer Border-Collie kam ihm
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