Der Fluch Der Bösen Tat
Young Billy (der damals schon so gerufen wurde) und Sandra Twelvetrees. Ruth hatte wenig zu tun mit Young Billy, der ein freundlicher, unbelehrbarer Zehnjähriger war mit einem Hang, die Schule zu schwänzen. Sandra und Dilys waren schlecht ernährt und schlecht gekleidet. Dilys war noch schlechter angezogen als ihre ältere Schwester, weil sie die Sachen auftragen musste, die Sandra zu klein geworden waren, und Sandras Sachen waren schon von jemand anderem getragen worden. An einem besonders schrecklichen Tag war Dilys in einem Baumwollkleidchen in der Schule erschienen, das Ruth im Jahr zuvor getragen und das Dilys’ Mutter für ein paar Pence auf einem Flohmarkt der Kirche erstanden hatte. Es war zu eng im Bund und länger gemacht worden, doch mit einem Stoff in anderer Farbe. Ruth war furchtbar verlegen gewesen, doch Dilys hatte sie gehasst und zusammen mit anderen grüne Posterfarbe über Ruths akribisch gemaltes, eben erst beendetes Bild von der Königin in ihrer Krönungskutsche geschüttet. Im Winter trugen die Twelvetrees-Geschwister selbst gestrickte Pudelmützen. Ihre Schuhe waren niemals sauber, genauso wenig wie ihre Zähne. Was der Grund dafür ist, dachte Ruth traurig, dass ich meine eigenen Zähne noch habe und die arme Dilys mit einem Gebiss herumläuft. Mehr noch, es hatte eine Sache an Dilys und Sandra gegeben, die das Kind Ruth im Stillen zugleich faszinierte als auch erschreckte. Von Zeit zu Zeit hatten sie an den Armen und Beinen unerklärliche blaue Flecken – nicht die Sorte Schrammen, die man sich beim Hinfallen zuzog, wenn man sich auf dem Spielplatz die Knie aufschlug. Es waren kleine blaue Flecken, und es waren immer mehrere nebeneinander. Ruth wagte nie, Dilys nach der Ursache zu fragen. Wie um alles in der Welt konnte mein Vater bloß auf den Gedanken kommen, ich würde auf die Lower Stovey Primary passen?, fragte sich Ruth heute nicht zum ersten Mal. Die Lehrer waren freundlich gewesen, doch das hatte die Dinge nur verschlimmert. Die anderen Kinder hatten sie deswegen gehänselt und Spottverse über sie gedichtet. Es stimmte, dass sie sich niemals danebenbenahm. Sie konnte nicht. Sie war die Tochter des Vikars, und er hatte ihr gesagt – genau wie ihre Mutter –, dass sie ein Vorbild sein musste. Ein Vorbild in welcher Hinsicht? Mit fünf Jahren begreift man so etwas nicht. Ruth hatte es so interpretiert, dass man stets tat, was einem gesagt wurde, und niemals ohne Erlaubnis des Lehrers den Mund öffnete. Ursprünglich hatte sie auf der Lower Stovey Church Primary leiden sollen, bis sie elf war. Doch eines Tages, mit neun Jahren, war sie nach Hause gekommen und hatte unschuldig einige neue Worte nachgeplappert, die sie an jenem Morgen auf dem Schulhof gelernt hatte. Diese Worte (von denen sie damals nicht die geringste Ahnung gehabt hatte, was sie bedeuteten) waren offensichtlich so böse, dass es als erforderlich angesehen wurde, sie auf der Stelle von dieser Schule wegzuholen. Der Tag, an dem sie zum letzten Mal durch das Schultor nach draußen marschiert war, war einer der glücklichsten in ihrem Leben gewesen. Hernach war sie, trotz ihrer jungen Jahre, auf eine Privatschule geschickt worden, eine gestrenge Institution in Dartmoor, die einen großen Teil ihrer Regeln mit dem berühmten dortigen Gefängnis gemeinsam hatte. Von jenem Tag an hatte sie Lower Stovey nur noch in den Ferien besucht und später, während des Studiums, in den Semesterferien. Die Briefe ihrer Mutter erwähnten gelegentlich das eine oder andere Ereignis im Dorf und hielten Ruth auf dem Laufenden über ihre ehemaligen Schulkameradinnen. Sandra heiratete einen Soldaten und ging mit ihm ins Ausland, was Ruth schwer vorstellbar fand. Dilys heiratete ebenfalls, doch sie wurde innerhalb eines Jahres von ihrem Ehemann verlassen. Sie kehrte nach Hause zu ihren Eltern zurück, was Mrs. Twelvetrees (die ebenfalls von Zeit zu Zeit merkwürdige blaue Flecken hatte) gar nicht ungelegen kam, war sie doch durch eine Krankheit in den Beinen an das Haus gebunden. Sie starb nicht lange darauf, und Dilys blieb, um für ihren alternden Vater den Haushalt zu führen. Ihr Ehename wurde in allgemeinem Einverständnis aufgegeben, und sie war wieder zu Dilys Twelvetrees geworden, als wäre ihre Ehe nicht mehr als ein falsches Radarecho gewesen, das man getrost ignorieren konnte. Und so war es bis zu Ruths Rückkehr nach Lower Stovey vor etwas mehr als zwölf Jahren gewesen. Ihre Eltern waren zu diesem Zeitpunkt beide bereits
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