Der Fluch Der Bösen Tat
hier so hübsch lebendig ist«, sagte sie zu Meredith, als die beiden Frauen an einem Tisch Platz genommen hatten.
»Man kann das Leben auf der Straße durch das Fenster beobachten. Siehst du?« Sie deutete durch das Glas auf den belebten Bürgersteig.
»Doug und ich lieben es.« In den letzten Worten hatte eine Andeutung von Trotz mitgeschwungen, glaubte Meredith zu hören.
»Das wird allmählich eine ziemlich ernste Geschichte mit dir und Superintendent Minchin, habe ich Recht?« Meredith studierte Juliets Gesichtszüge.
»Du hast dich verändert. Wo ist deine Brille?«
»Ich trage jetzt Kontaktlinsen.« Juliet nahm eine der beiden Speisekarten, die ein Kellner ihnen brachte. Ihr Tonfall war verdächtig überspannt.
»Ich dachte, du würdest keine Kontaktlinsen vertragen?«
»Es gibt jetzt eine neue Sorte. Damit komme ich besser zurecht.« Juliet schob das Kinn vor und warf die einzelne Strähne langer Haare zurück.
»Es ist nicht wegen Doug, falls du das denkst. So ernst ist es nicht zwischen uns, bilde dir nichts ein. Lange nicht so ernst wie zwischen dir und Alan«, zahlte sie Meredith ihre Bosheiten heim. Meredith starrte finster auf die Speisekarte.
»Ich weiß nicht, wie ernst es mir ist. Alan ist es jedenfalls sehr ernst.«
»Hey, kriegst du etwa kalte Füße?«
»Vermutlich, ja«, räumte Meredith ein.
»Das ist nur dieses ganze Gerede von wegen Hochzeit und so«, sagte Juliet entschieden.
»Hör mal, ich kann verstehen, dass du nervös bist, selbst wenn Alan es nicht versteht. Er war schließlich schon einmal verheiratet und weiß, worauf er sich einlässt. Er ist inzwischen sicher fünfundvierzig, und das ist ein merkwürdiges Alter bei Männern. Er will sich niederlassen und zur Ruhe kommen. Du und ich, wir sind an unsere Unabhängigkeit gewöhnt. Aber das Leben bleibt nicht stehen. Du bist wie alt? Siebenunddreißig? Möchte Alan Kinder?«
»Wir haben nie darüber geredet! Außerdem denke ich nicht, dass er mich heiraten möchte, weil er sich vorstellt, am Kopfende eines langen Tisches zu sitzen und auf eine Reihe kleiner rosiger Gesichter zu blicken. Ich hoffe jedenfalls verdammt noch mal, dass es so ist. Außerdem bin ich zu alt, um jetzt noch mit einer Großfamilie anzufangen. Ein Kind, vielleicht zwei, damit käme ich vielleicht – wohl gemerkt, vielleicht! – zurecht. Aber ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen. Ich hatte noch nie im Leben was mit Babys zu tun. Ich war ein Einzelkind. Im Augenblick erscheint mir all das nur als weitere Komplikation, und eine Ehe allein ist in meinen Augen schon kompliziert genug. Ich habe noch nie mit jemandem zusammengewohnt, nicht unter einem Dach und ganz sicher nicht für längere Zeit. Ob es nun bei Alan war oder bei irgendeinem anderen Mann, ich habe immer auf meiner eigenen Wohnung bestanden. Als ich noch beim Diplomatic Service und im Aus land tätig war, hatte ich immer meine Dienstwohnung.« Sie seufzte.
»Ich war gerne im Ausland, Juliet. Ich hab eine Ewigkeit versucht, wieder einen Posten im Ausland zu bekommen, ganz egal wo. Heute weiß ich, dass es nicht mehr passieren wird, und ich hänge hinter meinem Schreibtisch im Foreign Office fest, bis ich pensioniert werde. Ich will ganz ehrlich sein, die Aussicht gefiel mir kein Stück. Ich war lange Zeit frustriert und unzufrieden, und der arme Alan hat alles abgekriegt. Es war eine schwierige Zeit für ihn, das ist mir völlig klar. Aber mir ist inzwischen auch klar, dass die Jahre im Ausland nicht das absolut Beste waren, längst nicht so gut, wie ich immer geglaubt habe. Ich hatte zwar ein sehr befriedigendes, aber auch ein entschieden absonderliches, künstliches Leben. Es hat mich zu einer absonderlichen Person gemacht.«
»Wer ist das nicht?«, fragte Juliet.
»Du weißt, wie ich das meine. Dieses Zusammenziehen, das alle anderen wie etwas ganz Natürliches empfinden, macht mich nervös. Verstehst du – Alan und ich haben versucht, in seinem Haus gemeinsam zu wohnen, während mein Haus renoviert wurde, aber es war irgendwie – ich weiß nicht. Es war irgendwie unnatürlich. Um offen zu sein, nach Jahren des Nomadenlebens macht mir allein die Vorstellung Angst, irgendwo Wurzeln zu schlagen.«
»Du würdest wunderbar zurechtkommen, wenn du erst verheiratet wärst«, sagte Juliet.
»Du musst dir nur endlich mal ein Herz nehmen. Augen zu und durch, Meredith.« Juliet strahlte sie lächelnd an.
»Es macht mir nichts aus, wenn du wie eine Briefkastentante mit mir redest«,
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