Der Fluch Der Bösen Tat
Beck, Herrgott noch mal! Und vertrau den Männern nicht! Der Parkplatz vor dem Supermarkt war so früh am Tag halb leer. Im Laden unterhielten sich die Mädchen an der Kasse, während sie auf Kundschaft warteten. Linda nahm sich einen Einkaufswagen und schob ihn zur Brottheke, wo sie ein halbes Dutzend Laibe einlud, um die Kühltruhe aufzufüllen. Kevin nahm in letzter Zeit jeden Morgen Sandwiches mit nach draußen aufs Feld. In seiner Kindheit, als der alte Martin noch die Felder bestellt hatte, hatte Lindas längst verstorbene Schwiegermutter Tag für Tag mittags eine heiße Mahlzeit gekocht, außer zur Erntezeit. Es waren nicht nur der Zeitmangel und die Mühsal, die dazu geführt hatten, dass dieser Brauch untergegangen war. Es war Ökonomie. Wie dem auch sei, es erschien sinnvoller, abends zu essen, wenn Becky aus der Schule zurück war. Linda zögerte bei den Donuts, die im Sonderangebot
»Zwei zum Preis von einem« waren. Schließlich kaufte sie zwei, eine kleine Aufmerksamkeit für Kevin und seinen alten Vater, weil es ein gutes Angebot war. Sie selbst brauchte keinen. Auf dem Rückweg zu einer der Kassen kam sie an der Fleischtheke vorbei, nicht, weil sie Fleisch kaufen wollte, sondern um die Preise zu überprüfen. Sie nahm ein folienverschweißtes Stück nach dem anderen in die Hand und legte es seufzend wieder zurück. Zu denken, dass Kevin beinahe nichts bekam für den letzten Wurf Lämmer, und dann die Preise für die Lammkoteletts hier! Sie fühlte sich deprimiert, als sie nach Hause fuhr. Als sie durch Lower Stovey kam, sah sie eine bekannte Gestalt und hupte grüßend. Die Spaziergängerin blickte kurz auf und winkte.
»Ich frage mich, wohin sie will?«, sinnierte Linda – um die Begegnung beinahe sofort wieder zu vergessen.
An jenem Donnerstag fuhr Meredith noch einmal nach Lower Stovey. Die Wege des Schicksals waren wirklich eigenartig. Sie dachte häufig darüber nach. Nachdem sie beim letzten Mal mit Alan hier gewesen war, an jenem Tag, als der Wanderer die Knochen gefunden hatte, war sie innerlich fest entschlossen gewesen, niemals wieder einen Fuß in dieses Dorf zu setzen. Und doch war sie im Handumdrehen wieder hier.
Meredith lenkte den Wagen vor der Kirche in eine Parkbucht und stieg aus. Der Lärm der zuschlagenden Wagentür hallte durch die stille Umgebung und sandte ein paar Elstern unter protestierendem Flattern in die Luft, wo sie krächzende Kreise zogen. Es war ein windiger Tag. Die Elstern wurden immer wieder von Böen erfasst, und die Bäume auf dem Friedhof rauschten im Wind.
Meredith hatte fünfunddreißig Minuten Zeit bis zu ihrer Verabredung mit Mrs. Scott um zwölf Uhr mittags. Sie gedachte die Zeit damit zu verbringen, sich das Dorf genauer anzusehen. Selbst wenn sie – beim zweiten Hinschauen – zu dem Schluss kam, dass das Haus vielleicht doch infrage kam, so spielte es keine Rolle, wenn sie nicht in dieser Ortschaft leben konnte.
Meredith rammte die Hände in die Taschen ihrer FleeceWeste und schlenderte die Straße entlang, die vermutlich die Hauptstraße darstellte. Es gab keinerlei Anzeichen von Leben. Wo waren die Bewohner? Sie erreichte das Ende der Straße und kehrte um, dann bog sie in eine schmale Gasse ab, die als Church Lane ausgeschildert war. Sie war gesäumt von Cottages, hübsch gestrichen, doch offensichtlich genauso verlassen wie die Marie Celeste. Am Ende der Gasse stand ein großes, unregelmäßiges Gebäude, das aussah, als wären zwei oder sogar drei Cottages zusammengelegt worden. Ein Schild verriet Meredith den Namen: The Old Forge. Ruth Astons Haus also. Sie erinnerte sich an die von Ruth ausgesprochene Einladung und überlegte, ob sie anklopfen sollte. Aber vielleicht war es keine so gute Idee – falls sie anfingen, sich zu unterhalten, würde sie womöglich zu spät zu ihrer Verabredung kommen. Meredith kehrte zur Hauptstraße zurück und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Ihre Wanderung durch Lower Stovey hatte lediglich fünf Minuten gedauert. Die Tür des Pubs mit Namen Fitzroy Arms stand weit offen. Bestimmt gab es dort einen Kaffee.
Meredith überquerte die Straße und betrat das Lokal. Ein Geruch nach schalem Bier, Zigarettenrauch und Toilettenreiniger schlug ihr entgegen. Trotzdem sah die Bar einigermaßen gemütlich aus. An den Wänden hingen Sportposter. Die Deckenbalken, die sich durch den gesamten Raum zogen, legten die Vermutung nahe, dass das Haus recht alt sein musste. Irgendjemand mit einer Vorliebe für Pferdegeschirre,
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